Frage an Lisa Paus von Gerd Dr. B. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Wie werden Sie bei der nächsten Griechenlanddebatte abstimmen und - warum?
Newsletter von MdB Lisa Paus
Meine Stimme gegen den Grexit
Mit unserer mehrheitlichen Enthaltung bei der Abstimmung des ESM-Verhandlungsmandats haben wir Grüne heute einen eigenen proeuropäischen Akzent im Bundestag gesetzt. Ich habe mit meiner Stimme klar gegen einen Austritt Griechenlands aus dem Euro und für ein drittes Hilfspaket votiert.
Gleichzeitig sind ich und meine Fraktionskollegen sauer über die eskalierende Verhandlungsführung der Bundesregierung. Es bleiben auch massive Zweifel, ob der fortgesetzte Austeritätskurs bei ausbleibender Umschuldung die Probleme Griechenlands nicht eher noch verschlimmern wird. Unter den jetzigen Bedingungen ist davon auszugehen, dass Griechenlands Staatsschuldenquote weiter steigen wird und ein Grexit somit in der Substanz des Mandats angelegt ist. Selbst Wolfgang Schäuble erklärte heute im Bundestag, dass er ökonomisch betrachtet nicht an den Erfolg des Programms glaubt.
Unsere Kritik und Lösungsvorschläge, die einen Grexit dauerhaft verhindern, haben wir als grüne Bundestagsfraktion in unseren eigenständigen Anträgen festgelegt:
Die Bundesregierung hat die Axt an die Grundwerte der EU gelegt
– Der Vorschlag der Bundesregierung eines temporären Austritts Griechenlands aus der Eurozone war ein historischer Fehler, der den Zusammenhalt in Europa leichtfertig aufs Spiel gesetzt hat. Erstmals seit Jahrzehnten hat sich Deutschland gegen das Grundprinzip der Vertiefung der Europäischen Union gestellt.
– Der Bundestag wurde dabei durch den Bundesfinanzminister getäuscht, indem er die Existenz seines Grexit-Vorschlags noch zwei Tage vor der Sitzung der Eurogruppe am Samstag verleugnet hat. Taktik und Desinformationsstrategie Schäubles waren europarechts- und grundgesetzwidrig.
Grundprinzipien einer langfristig tragfähigen Lösung
– Griechenland muss Finanzhilfen aus dem ESM bekommen. In der entsprechenden Vereinbarung müssen auch die Empfehlungen des IWF zur Schuldentragfähigkeit berücksichtigt werden. Eine Restrukturierung der Schulden umfasst dabei mindestens verlängerte Stundungs- und Rückzahlungszeiträume für bestehende und neue Kredite.
Zudem sollte der Zinsdienst gegenüber öffentlichen Gläubigern an die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit angepasst werden.
– Ein Green New Deal, finanziert u.a. mit Mitteln des EU-Investitionsfonds, würde die Wettbewerbsfähigkeit der griechischen Wirtschaft steigern und den Arbeitsmarkt beleben.
– Mit der Aufnahme von Verhandlungen über ein drittes Hilfspaket muss Sicherheit über den Verbleib Griechenlands in der Eurozone herrschen. Die ständigen Zweifel sind Gift für die wirtschaftliche Erholung.
– Der Reformprozess muss so ausgerichtet sein, dass Griechenland seine Schulden auf Basis einer wachsenden Wirtschaft zurückzahlen kann. Die jetzt vorgesehenen quasi-automatischen Ausgabenkürzungen drohen die Abwärtsspirale aus Kürzungen und schrumpfender Wirtschaft aufrecht zu erhalten.
– Aus der Gewährung von Hilfsgeldern darf nicht folgen, dass die Selbstbestimmung der griechischen Regierung und ihres Parlaments eingeschränkt wird. Die Pflicht zur Abstimmung aller Gesetze mit der Troika ist ein unverhältnismäßiger Eingriff in die griechische Souveränität.