Frage an Lisa Paus von Götz D. D. bezüglich Wirtschaft
Auch wenn 90% der Bürger für einen Austritt Griechenlands aus der Euro-Zone plädieren, gäbe es sicherlich mehr Verständnis für eine Rettung maroder Länder, wenn diese geldwerte Sicherheiten (Grund und Boden , Gold etc) bieten würden, so wie das jeder Bürger leisten muß, der bei einer Bank einen Kredit in Anspruch nehmen will.
Warum besteht die Politik nicht darauf, was für jeden Bürger in Europa gilt?
Sehr geehrter Herr Dittrich,
in der von Ihnen mit aufgeworfenen Gerechtigkeitsfrage kann ich Ihre Forderung unterstützen. Für die Ausgaben des griechischen Haushalts sollten griechische Millionäre stärker in Haftung genommen werden als deutsche Millionäre. Erst im aktuellen Moratorium of Understanding (MoU), dem mit den Überbrückungskrediten für den griechischen Haushalt verbundenen Forderungskatalog, hat der Aufbau und die Qualitätssicherung der Steuerverwaltung die nötige Intensität bekommen. Den von uns für Deutschland vorgelegten Gesetzentwurf einer Vermögensabgabe fordern wir auch europaweit entsprechend umzusetzen. Gerade ein kleines Land wie Griechenland bräuchte allerdings die aktive Unterstützung seiner europäischen Partner, um Steuerflüchtlinge und ihr Kapital aufzufinden und dafür, soweit möglich auch rückwirkend, Steuern zu erheben. Die USA haben gegenüber der UBS Bank in der Schweiz einen automatischen rückwirkenden Informationsaustausch zu diesem Zweck durchsetzen können. Es ist aktuell vor allem der Sonderweg des deutsch-schweizerischen Steuerabkommens, mit dem die Bundesregierung ein starkes europäisches Verhandeln unmöglich macht.
Ihren Vorschlag, dass Griechenland geldwerte Sicherheiten gegen die Überbrückungskredite verpfänden sollte, halte ich deshalb für unangemessen, weil er unterschlägt, wie sehr diese Kredite im Interesse mindestens von Bankgläubigern aus Deutschland, Frankreich und anderen europäischen Ländern sind. Im Interesse von GriechInnen sollten die in griechische Staatsanleihen investierten Banken eigentlich per Schuldenschnitt für ihre Fehlentscheidung bestraft werden, dass sie trotz der kontinuierlich ansteigenden Überschuldung des Landes weiter dessen Anleihen zu erstaunlich niedrigen Zinsen gekauft hatten. Zum einen war dies allerdings auch ein Fehler der Basel II-Vorschriften, die Staatsanleihen europäischer Staaten fälschlich als risikofrei definierten. Vor allem führte die damit ebenfalls erleichterte Deregulierung bei Banken zu einer derartigen Vernetzung von europäischen Banken untereinander, dass selbst die Pleite des sehr kleinen Griechenland (gut 2 Prozent des BIP der gesamten EU-27) einen massiven Zweifel an der Zahlungsfähigkeit von Banken auch in Frankreich und deshalb wiederum auch in Deutschland hätte auslösen können. Die Überbrückungskredite für einige Jahre sollten nicht zuletzt die Zeit kaufen, um Banken zur Erhöhung ihres Eigenkapitals zu zwingen und um Möglichkeiten zu einer geordneten Abwicklung zu schaffen. Nach 4 Jahren wird dies als "Bankenunion" jetzt zwar diskutiert. Aber der vermeintliche Durchbruch des EU-Dezembergipfels ist auch nur Schein. Für systemrelevante Banken soll es eine europäische Aufsicht ab März 2014 geben. Aber auch ExpertInnen von Bundesbank und der Bundesanstalt für
Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) sagen uns: es wären eigentlich auch Instrumente nötig, um zum Beispiel einen Beschluss, eine Pleite-Bank zu schließen, dann auch durchführen zu können. Alle Probleme und Kosten verschiebt die Bundesregierung mit den aktuellen Gipfelbeschlüssen vor allem auf nach der Bundestagswahl im September 2013.
Für Griechenland gilt also nicht das gleiche wie für europäische Bürger, weil die europäischen Finanzmarktstrukturen nicht so stark sind, wie sie sein müssten, um die gleichen und durchaus angemessenen Haftungslogiken zur Anwendung zu bringen. Nur eine gestärkte europäische Aufsicht und eine gemeinsame europäische Abwicklungsinstanz stärken die öffentliche Hand gegenüber den Banken wieder so, dass die Erpressung durch "zu groß und zu vernetzt um zu scheitern" (too big and interconnected to fail) der Banken zu beenden. Unsere grüne Politik ist die Wiederherstellung des normalen und gerechten Verhältnis von Vorteil und Haftung bei Bankbilanzrisiken. Ob wir das gegen die unerträgliche Verschleppungspolitik der schwarz-gelben Bundesregierung durchsetzen können, darüber entscheiden auch Sie bei der nächsten Bundestagswahl.
Mit freundlichen Grüßen
Lisa Paus