Frage an Lisa Paus von Siegfried S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrte Frau Paus !
Der Bundesrat hat am 4. Juni 2010 einen Entwurf für eine Verordnung beschlossen, mit der die sogenannte "Hooligan-Datei", die seit Jahren ohne rechtliche Grundlage vom BKA geführt wurde, nunmehr - nachträglich - auf eine wenn auch wackelige rechtliche Grundlage gestellt werden soll. Siehe Artikel bei Heise: http://www.heise.de/newsticker/meldung/Bundesrat-segnet-Rechtsgrundlage-fuer-Hooligan-Datei-ab-1015946.html
Eine Beratung der neuen Rechtsverordnung auch im Bundestag hielt das Innenministerium nicht für nötig. Der Bundesrat wurde gebeten, die Verordnung im Eilverfahren zu behandeln, da wohl plötzlich und unerwartet eine Fußball-Weltmeisterschaft ansteht, von der man nicht seit Jahren wußte.
Haben Sie als Bundestagsabgeordnete von diesem Vorgang Kenntnis gehabt ?
Können Sie die Kritik, die u.A. Udo Vetter daran übt ( http://www.lawblog.de/index.php/archives/2010/06/06/eine-schublade-fur-jeden-von-uns/ ) , nachvollziehen ?
Finden Sie nicht auch, daß das, was das Innenministerium da ausgespuckt hat, weit über das Ziel hinausschießt und somit - wieder einmal - zeigt, daß das BKA zu einer Staatspolizei ausgebaut werden soll (was es m.M.n. weder sein soll noch sein darf) ?
Sehr geehrter Herr Schlosser,
die sogenannte Hooligan-Datei ist ein trauriges Zeugnis des mangelnden Bewußtseins für die Grundprinzipien des Rechtsstaats dieser und der vergangenen Bundesregierung. Statt die von vielen Gerichten als rechtswidrig angesehene Datei kritisch zu überprüfen, hat Innenminister de Mazière im Eilverfahren eine fragwürdige Rechtsgrundlage für die Datei geschaffen. Die am 4.6.2010 verabschiedete und am 9.6.2010 in Kraft gesetzte Verordnung über die Verarbeitung personenbezogener Daten beim BKA kritisiere ich heftig, u.a. weil darin nur die bisherige Praxis des BKA nachgezeichnet und lediglich formal auf eine Rechtsgrundlage gestellt wird. Auch die Einwände weiterer KritikerInnen, die Sie erwähnen, kann ich vielfach nachvollziehen.
Im Bundestag ist dieses Rechtssetzungsverfahren leider nicht behandelt worden, da eine Beteiligung des Bundestages nach Art. 80 GG, § 7 Abs. 6 BKAG nicht vorgesehen ist. Wir werden die Datenverarbeitungspraxis des BKA weiterhin kritisch verfolgen und uns dagegen zur Wehr setzen, dass dem BKA mit haltlosen Sicherheitsbegründungen immer mehr Kompetenzen eingeräumt und fragwürdige Praktiken legitimiert werden sollen.
Mit freundlichen Grüßen
Lisa Paus