Frage an Lisa Paus von Siegfried S. bezüglich Verbraucherschutz
Sehr geehrte Frau Paus !
Bundesregierung, Bundestag und Bundesrat haben kurz vor dem Ende der laufenden Legislaturperiode das "Zugangserschwernisgesetz" beschlossen, um damit angeblich die Herstellung von Kinderpornographie einzuschränken.
Dieses Gesetz nach Ansicht vieler Experten in Teilen verfassungswidrig. Schon das Zustandekommen des Gesetzes scheint nicht korrekt zu sein, da das Gesetz in der beschlossenen Form keine Erste Lesung im Bundestag hatte. Auch wird bezweifelt, daß der Bund hier Gesetzgebungskompetenz hatte, da es sich offensichtlich um ein Gesetz handelt, welches sich nicht - wie die Bundesregierung behauptet - um Wirtschaftsangelegenheiten, sondern um die innere Sicherheit kümmert, für die die Gesetzgebungskompetenz bei den Bundesländern liegt. Auch die Tatsache, daß das Gesetz keinen Richtervorbehalt für die durch es möglichen Maßnahmen vorsieht, wird kritisiert. Auch daß das BKA hier Polizei und Richter ist, wird kritisiert.
Die Bundesregierung behauptet unermüdlich, daß dieses Gesetz keine Infrastruktur für eine Filterung des Internets in Deutschland aufbaue und daher keine Zensur des Internets durch dieses Gesetz ermöglicht wird. Das LG Hamburg hat in einem Urteil vom 12.11.2008 - Az.: 308 O 548/08 - ausgeführt, daß einem Provider eine Sperre einer bestimmten Seite nicht zuzumuten sei, weil der Aufwand für die Einrichtung der Sperre nicht zumutbar sei. Nun müssen die Provider nach dem beschlossenen Gesetz eine Voraussetzung für eben solche Sperren schaffen. Es wird nicht lange dauern, bis die Gerichte Sperrwünsche von Dritten - also ohne staatlichen Auftrag - stattgeben, da ja die Infrastruktur dafür vorhanden ist.
Sind Sie bereit, sich im Falle Ihrer Wahl in den Bundestag dafür einzusetzen, daß das Gesetz sofort ausgesetzt wird?
Sind Sie weiter bereit, die zwischen dem BKA und mehreren Providern abgeschlossenen Verträge als verfassungswidrig anzusehen und für deren sofortige Stornierung zu sorgen ?
Mit freundlichen Grüßen
S. Schlosser
Sehr geehrter Herr Schlosser,
ich teile Ihre Bedenken - in der Tat stammt ein Gutteil der kritischen Stimmen, die Sie zitieren, aus grünen Mündern. Die entstehende Infrastruktur, besonders in Kombination mit den geheimen, ohne Richter zustande gekommenen Sperrlisten, ist wirklich ein Problem, denn damit ließen sich auch Inhalte blockieren, die legal sind. Das war auch der Grund, warum kein Fraktionsmitglied diesem Gesetz zugestimmt hat.
Die Frage, ob der Bundestag überhaupt zuständig ist, wurde auch von meinen Parteifreunden und -freundinnen im Wirtschaftsausschuss aufgeworfen, der von uns bestellte Gutachter Matthias Bäcker hat da sehr deutliche Worte gefunden, ebenso zur Rolle des BKA. Meines Wissens hat die Bundestagsfraktion geprüft, ob eine Klage in Karlsruhe deshalb möglich ist. Es scheint nicht ganz einfach zu sein, aber ich werde mich, wenn ich gewählt werde, dafür einsetzen. Die Frage, ob der Wechsel des Titels und einiger Gesetzesinhalte Anlass zur Klage ist, bewerte ich etwas anders: Dass nach einer Anhörung im Ausschuss Änderungen vorgenommen werden, ist Sinn der Sache. Nun wurde auch der Titel geändert - aber es gab drei Lesungen zum sachlichen Inhalt des verabschiedeten Gesetzes. Knackpunkt ist die Zuständigkeit: Es war von Anfang an ein Gesetz zur Indienstnahme Privater für die polizeiliche Prävention - hätte man zugegeben, dass es in den Innenausschuss gehört, hätte man auch gesagt, dass der Bund gar nicht zuständig ist.
Das Gesetz darf auf keinen Fall so bleiben. Deshalb unterstütze ich Ihre Forderung nach einem Aussetzen dieses Gesetzes - und dem Beschreiten eines rechtsstaatlichen und zudem wirksameren Weges, Kinderpornographie im Internet zu bekämpfen. Auch Ihre Kritik an den Verträgen teile ich. Die Verträge sind keine Alternative, da gelten die gleichen Zuständigkeitsprobleme - und seit wann wird Kriminalprävention per zivilrechtlichem Vertrag geregelt?
Mit freundlichen Grüßen
Lisa Paus