Frage an Lisa Kern von Helena P. bezüglich Wirtschaft
Sehr geehrte Frau Kern,
Sie kündigen an, nachhaltige Politik machen zu wollen - mit echter Beteiligung und konkreten Lösungen für konkrete Probleme. Das ist in der Tat wichtiger denn je zuvor. Ganz vorn steht der Klimaschutz.
Das zwischen der EU und Kanada abgeschlossene Handelsabkommen CETA ist nun seit über 2 Jahren vorläufig in Kraft. Während der nächsten Legislaturperiode steht die Ratifizierung des Abkommens gewiss auch im Bundesrat bevor. Bereits während dieser zwei Jahre hat sich genau das ergeben, wovor die Zivilgesellschaft gewarnt hatte: Die Erdölimporte aus Kanada haben sich in dieser Zeit mehr als verdoppelt! D.h. bereits die vorläufige Anwendung torpediert das Nachhaltigkeitsziel zum Klimaschutz ganz massiv und ganz besonders das Pariser Klimaabkommen. Hamburg will ihre Verantwortung zur Begrenzung der Erderwärmung wahrnehmen. Dies schließt globale Verantwortung mit ein.
Ich möchte Sie gern fragen, welche Position Sie zur Ratifizierung des Abkommens einnehmen.
Mit freundlichen Grüßen
H. P.
Liebe Frau P.,
Grundsätzlich gilt, dass Handelsabkommen nicht dazu führen dürfen, dass Schutzstandards inden Bereichen wie etwa Umwelt, Gesundheit, Verbraucher- und Datenschutz oder Rechte von Arbeitnehmeri*nnen geschwächt werden. Das Recht, diese Bereiche zu regulieren und somitauch das Recht, Standards anzuheben, muss bei den zuständigen Institutionen auf europäischerund nationaler Ebene erhalten bleiben. Wir treten dafür ein, dass soziale und ökologische Standards weiterhin Bestandteil öffentlicher Ausschreibungen sein können. Auch das Recht zur Regelung der kommunalen Daseinsvorsorge darf nicht in Frage gestellt werden. Gleichzeitig ist der faire und freie Handel - insbesondere in Zeiten ökonomischer Nationalismen - ein wichtiger Anker einer multilateralen Wirtschaftsordnug.Die breit getragene und massive zivilgesellschaftliche Kritik an CETA hat in 2016 zu Verbesserungen am Abkommen geführt. So wurden etwa das in der EU geltende Vorsorgeprinzip explizitbekräftigt, unklare Rechtsbegriffe korrigiert und die Schiedsgerichtsbarkeit transparenter gestaltet. Das gemeinsame Auslegungsinstrument sieht jetzt zudem vor, dass das bilaterale Schiedsgerichtssystem nur so lange zuständig ist, bis ein angestrebter multilateraler Investitionsgerichtshof geschaffen ist.Die Ratifizierung von CETA in Bundestag und Bundesrat steht aktuell noch nicht an.Derzeit wird vom Bundesverfassungsgericht geprüft, ob insbesondere die Investitionsschutzregelungen mit deutschem Recht vereinbar sind. Die Bundesregierung hat vor diesem Hintergrund angekündigt, das Ratifizierungsgesetz erst nach der Entscheidungdes Bundesverfassungsgerichtes vorlegen zu wollen. Wir GRÜNE haben beschlossen,dass wir CETA mit dem derzeitigen Vertragstext ablehnen. Die bisherigen Entwicklungen führen nicht dazu, dass wir eine Notwendigkeit sehen diesen Beschluss zu ändern.
Mit freundlichen Grüßen
Lisa Kern