Kinder haben bei den Corona-Maßnahmen große Opfer gebracht, die Sie mitgetragen haben. Was hat den größeren Schaden bei Kindern verursacht, die von Ihnen mitgetragenen Maßnahmen oder das Virus?
Sehr verehrte Frau Heitmann:
Kinder hatten in Deutschland die schärfsten Corona-Restriktionen im Zuge der Virusbekämpfung zu tragen.
Dazu zählten ohne Anspruch auf Vollständigkeit zum Beispiel: europaweit die längsten Schulschließungen, über viele Monate hinweg das stundenlange, teilweise im Freien, Tragen der Maske, regelmäßige, grundlose Testung, Spielplatzsperrungen, Kontaktverbote, Angstmacherei und ein sozialer Impfzwang.
Durch die ungeschwärzten RKI-Files ist nun öffentlich, daß viele Maßnahmen zwar politisch gewollt, aber keinen wissenschaftlichen Hintergrund hatten.
Warum verweigern Sie sich, einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss einzurichten, gemachte Fehler in der Corona-Politik zu identifizieren und Konsequenzen zu ziehen?
MfG N.R. +++
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Sehr geehrte*r N. R.,
Es ist schade, dass es in dieser Wahlperiode nicht mehr zu Einberufung eines Bürgerrates oder einer Enquetekommission gekommen ist, um Lehren für die Zukunft aus der Covid19-Pandemie zu ziehen. Wir waren offen für verschiedene Formate. Leider hat das nicht mehr geklappt.
Einen Untersuchungsausschuss halten wir hingegen für das falsche Instrument. Es geht uns darum, für die Zukunft zu lernen, und nicht darum, damalige Entscheidungsträger*innen an den Pranger zu stellen. Zum Beispiel: Wie kann sich Deutschland besser auf künftige Pandemien vorbereiten? Sollten Arzneimittel oder Medizinprodukte vorab beschafft werden und wenn ja, welche und durch wen? Welche Eindämmungsmaßnahmen haben sich als wirksam erwiesen und welche nicht? Wie können Daten für die Arzneimittel- und Impfstoffforschung schneller genutzt werden? Wie wird die Versorgung von Patienten besser und wie können sie schneller verlegt werden? Welche Behandlungskapazitäten sind im Falle einer Pandemie notwendig und wie können sie schnell aufgebaut werden?
Die Aussage, die Maßnahmen hätten keinen wissenschaftlichen Hintergrund gehabt, ist falsch. Richtig ist, dass Maßnahmen durch politische Entscheidungsträger*innen verantwortet wurden und dabei stets auch wissenschaftliche Expertise mit einbezogen wurde. Aber auch in der Wissenschaft gibt es nicht „die eine Wahrheit“, sondern Virolog*innen und Mediziner*innen gucken sich beispielsweise andere Aspekte an als Soziolog*innen und Psycholog*innen. Politische Abwägungen und Entscheidungen auch zwischen den verschiedenen wissenschaftlichen Disziplinen werden dann letztlich politisch getroffen. Das muss in einer Demokratie auch so sein, dass politische Letztentscheidungen durch gewählte Vertreter*innen getroffen werden. Sie treffen ihre Entscheidungen auf Grundlage des verfügbaren Wissens, gewichten und treffen Abwägungsentscheidungen. Mit dem Wissen von heute hätten manche Entscheidungen ggf. anders ausfallen können - gerade mit Blick auf Schulen und Kindertageseinrichtungen und die langfristigen psychologischen Auswirkungen sowie Aspekte wie Gewaltschutz. Das ist aus meiner Sicht eine der Hauptlehren, die wir aus der Pandemie ziehen müssen und ich möchte sagen, dass ich persönlich zu dem Zeitpunkt, an dem Schul- und Kita-Schließungen beschlossen und über einen längeren Zeitraum aufrechterhalten wurden, nicht in politischer Verantwortung war. Im Gegenteil: diese haben mich noch ein Stück weit stärker politisiert und mit dazu motiviert, 2021 für den Bundestag zu kandidieren.
Insbesondere in der Anfangsphase der Pandemie und auch beim Auftreten neuer Virus-Varianten gab es jedoch ein geringes Wissen über das Virus insgesamt, seine Verbreitungswege und krankmachenden Wirkungen. Dies gilt es einzubeziehen. Genauso wenig gab es Erfahrung mit dem Management großer Pandemien insgesamt. Für alle in der Gesellschaft, auch die politischen Entscheidungsträger*innen, gab es das Szenario in dieser Form während Corona erstmalig, weshalb man sich auch nicht am politischen Vorgehen irgendwelcher Vorgängerregierungen orientieren konnte.
Mit freundlichen Grüßen
Linda Heitmann, MdB