In Ihrer Abstimmung sprechen Sie sich für die Lieferung schwerer Waffen an die Ukraine aus. Widerspricht das nicht der gesetzlich festgelegten Verpflichtung keine Waffen in Krisengebiete zu senden?
Sehr geehrte Frau Heitmann,
als friedliebender Mensch bin ich davon über zeugt, daß Waffen niemals einen positiven Beitrag zum Frieden geben können. Die Auswirkungen sehe ich u.a. auch in meiner Arbeit im Libanon mit syrischen Flüchtlingen.
Warum stimmen Sie und andere Grüne, die ich immer als eine Friedenspartei geschätzt habe, für eine Lieferung schwerer Waffen an die Ukraine?
Das wird das Leid der Zivilbevölkerung der Soldaten, und von allen Beteiligen doch nur noch verlängern. Außerdem haben wir doch in Deutschland die Festlegung, keine Waffen in Konfliktgebiete zu liefern!
Freundliche Grüße sendet Ihnen
Axel R.
Sehr geehrter Herr R.,
vielen Dank für Ihre Zuschrift.
Der brutale Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine hat inzwischen viele unschuldige Menschen das Leben, Hab und Gut gekostet. Auch in ganz Deutschland und Europa sind sehr viele Menschen von der Situation erschüttert und fühlen mit den Menschen in der Ukraine.
Wir Grüne setzen uns schon von Anfang an für schnelle und umfassende Hilfen für die Ukraine ein, um sie in ihrem Widerstandskampf bestmöglich zu unterstützen. Aus diesem Grund haben wir Grüne uns mit Nachdruck im Rahmen der Verhandlungen der interfraktionellen Beschlüsse mit Drs. 20/846 und Drs. 20/1150 für eine umfassende Unterstützung an die Ukraine u.a. durch Waffenlieferungen, einschließlich schwere Waffen, eingesetzt.
Die Bereitstellung von Waffen, deren Zweck einzig darin besteht, Menschen zu töten, ist gewiss nie eine einfache Entscheidung, die auch mir sehr schwerfällt. Und auch meiner gesamten Fraktion. Angesichts dieses Krieges musste wir wohl alle vieles neu durchdenken und teilweise auch neu bewerten. Denn angesichts der grausamen Kriegsverbrechen, die Russland mit seinem brutalen Angriffskrieg begeht, und der verheerenden Menschenrechtsverletzungen, die damit einhergehen, wäre die Kapitulation der Ukraine aus unserer Sicht keine Lösung. Im Gegenteil: Gerade jetzt müssen wir als Deutschland, als EU und als NATO der Ukraine jegliche Unterstützung bieten, die sie in ihrem Wiederstand braucht. Dazu gehören wohl leider auch Waffenlieferungen.
Gleichzeitig sind Waffenlieferungen alleine keinesfalls ausreichend. Gemeinsam mit unseren EU- und NATO-Partner*innen müssen wir auch alle Soft-Power-Mechanismen, wie etwa umfangreiche Sanktionen und diplomatische Bestrebungen, ausschöpfen, um auch eine politische Lösung anzustreben, die den nachhaltigen Frieden sowie die territoriale und politische Unabhängigkeit der Ukraine sicherstellt.
Jedoch ist die militärische Unterstützung der Ukraine eine notwendige Bedingung für eine politische Lösung. Je überzeugter Russland von seiner militärischen Kapazität ist, den Krieg für sich zu entscheiden, umso geringer wird die Bereitschaft sein, eine politische Lösung anzustreben. Daher müssen wir die Verhandlungsposition der Ukraine stärken, nicht zuletzt durch Waffenlieferungen. Daher werden Soft-Power-Mechanismen sowie humanitäre Hilfen alleine nicht ausreichen, sodass wir nicht drum herum kommen werden, auch militärische Unterstützung zu bieten.
Außerdem würden die Verweigerung der Unterstützung an die Ukraine und ein militärischer Sieg Russlands die Sicherheitslage in der Welt erheblich verschlechtern. Denn dadurch würde die Botschaft an anderen Autokrat*innen ausgesendet, dass ein solches Handeln ungeahndet bleibt. Vor diesem Hintergrund ist die Sicherheit der Ukraine gleichzeitig auch die Sicherheit anderer Staaten – vor allem solcher, deren Staatlichkeit von einzelnen Ländern nicht anerkannt wird.
Angesichts all dessen hoffe ich, dass Sie meine Entscheidungen bzgl. der Waffenlieferungen an die Ukraine nachvollziehen können.
Mit freundlichen Grüßen
Linda Heitmann