Frage an Lena Strothmann von Thomas K. bezüglich Innere Sicherheit
Guten Tag, sehr geehrte Frau Strohtmann.
Bei der Durchsicht Ihres Abstimmungsverhalten fiel mir auf, dass Sie regelmäßig für Bundeswehreinsätze plädieren. Wie sieht Ihre Meinung zum geplanten Bundeswehreinsatz im Syrienkonflikt aus?
Ihrer Lebens- und Geschichterfahrung vertrauend kann ich nur appelieren hier dem militärischen Wahn, den Konflikt mit weiterer Gewalt lösen zu wollen, nicht nach zugeben.
Solidarität mit Frankreich heißt nicht wie ein Lemming gedankenlos in den Abgrund zu laufen.
Ich freue mich auf ein Abstimmungsverhalten im Sinne des Friedens.
MfG
Thomas Kohlmeier
Sehr geehrter Herr Kohlmeier,
vielen Dank für Ihre Anfrage zur geplanten Unterstützung des französischen Militärs und der Anti-IS-Koalition beim Kampf gegen den IS in Syrien durch die Bundeswehr. Der Terror der IS bedroht nicht nur die Menschen in Paris, Tunis, Beirut oder in Syrien, der Terror gilt allen Menschen, die in Freiheit und Frieden und nicht nach den Vorstellungen des IS leben wollen. Für meine Kollegen und mich von der CDU/CSU-Bundestagsfraktion steht daher fest: wir stehen mit Frankreich geschlossen und unbeirrt für unsere offene europäische Gesellschaft ein. Wir tun dies auf drei Ebenen: zuerst durch die politischen Verhandlungen zur Konfliktlösung, zweitens durch regionale Stabilisierung und drittens auch durch militärische Unterstützung.
Chaos und Anarchie zwischen Libyen und Afghanistan haben die Ausbreitung des IS erst möglich gemacht. Daher arbeiten wir mit unseren Partnern auf internationaler Ebene intensiv für eine politische Lösung des syrischen Bürgerkrieges und für die politische Stabilisierung der gesamten Region zusammen. Dementsprechend setzen wir die in Wien begonnenen diplomatischen Anstrengungen für ein Ende des Bürgerkriegs in Syrien fort und uns mit unserer europäischen Partnern dafür ein, dass die wichtigen internationalen Partner Russland und die USA sowie die regionalen Akteure Türkei, Iran und Saudi-Arabien weiter an einem Tisch verhandeln. Wir sind davon überzeugt, dass nur politische Verhandlungen nachhaltig Stabilität in der Region schaffen können. Bis wir eine politische Lösung erzielen, können wir die Menschen in Syrien jedoch nicht ihrem Schicksal und dem Terror des IS schutzlos überlassen und einfach dabei zusehen, wie sich diese grausame Terrorbewegung weiter ausbreitet und stärker wird.
Im Kampf gegen den IS ist für uns ist bereits seit langem klar, dass die Unterbindung des Nachschubs an Geld, Waffen und Kämpfern ein zentraler Aspekt ist. Die Bundesregierung hat durch unzählige Verhandlungen auf internationaler Ebene hier bereits wichtige Fortschritte erzielt. Der UN-Sicherheitsrat hat im Februar 2015 beschlossen, dass alle Staaten Geldtransfers an den IS unterbinden müssen. Dies hat er nach den Anschlägen in Paris nochmals bekräftigt. Politisch werden wir weiter darauf hinarbeiten, dass alle Staaten sich an diesen Beschluss halten, insbesondere diejenigen in der arabischen Welt.
Dies allein wird jedoch nicht ausreichen, um die Menschen in Syrien und im Irak vom Terror des IS zu befreien. Bevor wir den Menschen durch entwicklungspolitische Maßnahmen jedoch helfen und ihnen in der Region wieder echte Lebensperspektive geben können, muss die Region vom Terror und der Gewalt des IS befreit werden. Im Kampf gegen den IS unterstützen wir daher gezielt verbündete Akteure in der Region. Nur sie können das Terrornetzwerk am Boden zurückdrängen und mittelfristig für Sicherheit und Stabilität sorgen. Unsere Verbündete konnten bereits erste Erfolge verzeichnen, wie bspw. die Rückeroberung der Stadt Sindschar durch die kurdischen Peschmerga-Kämpfer. Deshalb bauen wir unsere Unterstützung regionaler Partner vor Ort weiter aus. Unter anderem haben wir für nächstes Jahr zusätzlich 100 Millionen Euro für die Ausbildung weiterer kurdische Peschmerga-Kämpfer durch Bundeswehrsoldaten bereitgestellt.
Es muss jedoch klar gesagt werden, dass die Erfolge unserer Verbündeten ohne die Luftunterstützung der Anti-IS-Koalition nicht möglich gewesen wären. Nach den Pariser Terroranschlägen hat uns die französische Regierung gebeten, das französische Militär bzw. die Anti-IS-Koalition bei den Luftangriffen auf den IS zu unterstützen. Dabei verweist die französische Regierung auf die Beistandsklausel des Artikels 42 Absatz 7 des EU-Vertrages. Darin ist festgelegt, dass im Falle eines bewaffneten Angriffs auf das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats ihm die anderen Mitgliedstaaten alle in ihrer Macht stehende Hilfe und Unterstützung schulden. Das schließt auch militärische Mittel ein. Die Bundeswehr wird sich jedoch nicht direkt an Kampfhandlungen beteiligen, sondern ausschließlich Unterstützungskräfte entsenden. Der Kabinettsbeschluss, den wir in dieser Woche noch im Bundestag behandeln werden, sieht neben Tornado-Aufklärungsjets vor allem die logistische Unterstützung der Anti-IS-Koalition durch die Bundeswehr vor.
Laut Völkerrechtsexperten ist dieser Einsatz der Bundeswehr mit internationalen Recht vereinbar. Die Charta der Vereinten Nationen ermächtigt die Mitgliedstaaten in Art. 51 zur kollektiven Selbstverteidigung. Zudem hat der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen nach den Pariser Terroranschlägen Resolution 2249 verabschiedet. Diese stellt klar, dass der IS weltweit eine Bedrohung für Frieden und Sicherheit ist. Der Sicherheitsrat ruft die Staatengemeinschaft dazu auf, alle notwendigen Maßnahmen gegen diese Bedrohung zu ergreifen. Auch das deutsche Grundgesetz erlaubt in Art. 24 Abs. 2 den Einsatz von Streitkräften im Rahmen und nach den Regeln eines Systems kollektiver Sicherheit.
Für mich steht letztlich fest, dass wir trotz einer ganzheitlichen Strategie beim Kampf gegen den IS, die vor allem darauf abzielt, durch eine politische Lösung im Syrienkonflikt wieder Stabilität und Sicherheit in der Region herzustellen und trotz unserer intensiven politischen Bemühungen auf internationaler Ebene, nicht um den Einsatz von militärischen Mitteln herumkommen. Der geplante Einsatz der Bundeswehr zur Unterstützung der Anti-IS-Koalition setzt dementsprechend unsere Strategie fort und ergänzt sie. Angesichts der aktuellen Lage darf Deutschland als größter Staat in der Europäischen Union nicht untätig bleiben. Gerade auch vor Ort müssen wir unsere Freunde und Verbündeten weiter unterstützen. Auch wenn mir die Entscheidung sehr schwer gefallen ist, werde ich dem Unterstützungseinsatz der Bundeswehr zur Verhütung und Unterbindung terroristischer Handlungen durch die Terrororganisation IS am kommenden Freitag daher zustimmen. Wichtige Voraussetzung für meine Entscheidung war, dass der Einsatz auf dem Boden des Völkerrechts und des deutschen Grundgesetzes basiert.
Mit freundlichen Grüßen