Frage an Laurenz Meyer von Hugo H. bezüglich Soziale Sicherung
Ein wichtiger Grundsatz der Demokratie ist : - Die Gleichheit vor dem Gesetz.-
Warum gibt es 17 Jahre nach der " Einheit "immer noch zwei unterschiedliche Rentenwerte in Deutschland ?
West : 26.27 €
Ost : 23.09 € - 3.18 €
Sehr geehrter Herr Hoenigk,
vielen Dank für Ihre Email, mit der Sie sich über abgeordnetenwatch an mich wenden.
Die Union unterstützt im Grundsatz die Forderung nach einer Angleichung der Renten in Ostdeutschland an die Renten in Westdeutschland. Allerdings hängt die Angleichung der Renten ganz wesentlich von der Einkommenssituation der Beschäftigten ab. Die Erhöhung der unterschiedlichen aktuellen Rentenwerte in Ost und West ist an die Einkommensentwicklung der Beschäftigten gekoppelt. Wenn die Einkommen der Beschäftigten im Osten stärker steigen als im Westen, dann steigen auch die Renten im Osten stärker als im Westen. In dem Maße, wie sich die Einkommen angleichen, gleichen sich auch die aktuellen Rentenwerte an. Dieser Prozess hat 1992 begonnen und sich unter der unionsgeführten Bundesregierung bis Ende 1998 deutlich beschleunigt (Anstieg des aktuellen Rentenwerts (Ost) von 1992 von 23,57 DM auf 40,87 DM im Jahr 1998).
Durch die Abschwächung der konjunkturellen Entwicklung in den letzten Jahren hat sich der Aufholprozess seit 1998 zunächst stark verlangsamt und stagniert seit 2003 (Verhältnis des aktuellen Rentenwerts in den neuen Ländern zu dem Wert in den alten Bundesländern seitdem: 87,9%). Ich habe großes Verständnis für Ihre Enttäuschung über diese Entwicklung.
Gegen eine vorzeitige Angleichung der Ost- an die Westrenten spricht aber, dass dann im Gegenzug auch die Hochwertung der im Osten erzielten Arbeitsverdienste auf das Westniveau aufgegeben werden müsste. Damit würde den gegenwärtigen Beitragszahlern und künftigen Rentnern im Osten die Aussicht genommen, bei vergleichbarer Erwerbsbiographie jemals gleich hohe Renten wie im Westen zu erhalten. Der gegenwärtige Lohnabstand würde in den zukünftigen Renten im Osten verfestigt. Die gegenwärtige Rentnergeneration würde auf Kosten der künftigen Rentnergeneration besser gestellt und damit die Generationengerechtigkeit beeinträchtigt.
Zur Verdeutlichung: Im Westen muss ein Arbeitnehmer im Jahr 2006 29.304 EUR (vorläufiges durchschnittliches Bruttojahresarbeitsentgelt) verdienen, um einen Entgeltpunkt in der Rentenversicherung gutgeschrieben zu bekommen. Im Osten muss ein Arbeitnehmer lediglich 24.880 EUR verdienen, um ebenfalls einen Entgeltpunkt gutgeschrieben zu bekommen. Sein Einkommen wird nämlich für die Rentenberechnung mit dem Wert 1,1911 (vorläufiger Wert für 2006) hochgewertet. Ein Entgeltpunkt erhöht die monatliche Rente derzeit um 26,13 EUR (aktueller Rentenwert) im Westen und 22,97 EUR im Osten (aktueller Rentenwert Ost). Würde die Hochwertung des Einkommens entfallen, so bekäme der Arbeitnehmer im Osten nur noch 0,8396 Entgeltpunkte gutgeschrieben.
Eine sofortige oder stufenweise Angleichung der Ost- an die Westrenten, abgekoppelt von der Lohnentwicklung, scheidet auch aus finanziellen Gründen aus. Eine Rentenangleichung würde die Rentenkasse zusätzlich mit rd. 6,2 Milliarden Euro belasten. Dies entspräche einer Beitragssatzsteigerung um rund 0,6 Prozentpunkte. Damit würden die bisherigen Erfolge bei der Stabilisierung der Lohnnebenkosten weitgehend zunichte gemacht. Die Entlastung des Faktors Arbeit ist aber Voraussetzung für mehr Wachstum und Beschäftigung.
In diesem Zusammenhang muss auch dem Umstand Rechnung getragen werden, dass die Beitragseinnahmen in den neuen Bundesländern schon derzeit nicht ausreichen, um die Rentenausgaben im Osten zu finanzieren. Der Finanztransfer von West nach Ost liegt 2006 bei rd. 13 Milliarden EUR. Das entspricht rd. 1,3 Beitragssatzprozentpunkte.
Deshalb gilt: Nur mit einer Politik für mehr Wachstum und Beschäftigung lässt sich der Rentenangleichungsprozess wieder in Gang zu bringen. Nicht zuletzt vor diesem Hintergrund steht die Bekämpfung der Massenarbeitslosigkeit ganz oben auf der Reformagenda der großen Koalition.
Mit freundlichen Grüßen
Laurenz Meyer