Frage an Laurenz Meyer von Dieter Ö. bezüglich Verbraucherschutz
Sehr geehrter Herr Meyer,
sind es nicht Krokodilstränen, die Sie über den hohen Strompreis und den nicht funktionierenden Wettbewerb vergießen?
Denn Sie hatten doch einen gut dotierten Beratervertrag mit einem bekannten Energieriesen, den Sie in Sachen "Strommarktliberalisierung" beraten haben.
Sieht man sich das Ergebnis Ihrer Bemühungen (und anderer Abgeordneter mit entsprechenden Beraterverträgen) an, kann man feststellen, dass die Energiekonzerne ihr Geld gut angelegt haben.
Über einen Mangel an Wettbewerb muss man sich nicht wundern, wenn unsere Abgeordneten von den Energiekonzernen bezahlt werden.
Sollte man deshalb nicht solche Nebeneinkünfte künftig grundsätzlich untersagen?
Mit freundlichen Grüßen
D. Öppling
Sehr geehrter Herr Öppling,
vielen Dank für Ihre Email, mit der Sie sich über abgeordnetenwatch an mich wenden.
Mehrere Energieversorger haben zum Jahreswechsel deutliche Preiserhöhungen vorgenommen. Diese Preiserhöhungen sind nicht nachvollziehbar. Das Argument des gestiegenen Terminmarktpreises an der Leipziger Strombörse ist schon wegen des beschränkten Handelsvolumens von lediglich 15% nicht stichhaltig. Auch die Argumentation der angeblich gestiegenen Beschaffungskosten entpuppt sich bei näherer Betrachtung als nicht tragfähig. Die Beschaffungskosten machen lediglich ca. 25- 30 Prozent des vom Haushaltskunden zu zahlenden Strom-Endpreises aus. Um eine Erhöhung dieses Preises um 10 Prozent zu rechtfertigen, hätten die Beschaffungskosten um 20 ? 25 Prozent steigen müssen. Das ist weder bei Gas noch bei Steinkohle der Fall. In Kernkraftwerken spielen die Brennstoffkosten ohnehin nur eine Nebenrolle.
Auch die geplante teilweise Versteigerung der Emissionszertifikate ab dem 1. Januar 2008 kann nicht als Begründung herhalten, da 90% der Zertifikate weiterhin kostenlos abgegeben werden.
Die Preis treibende oligopolistische Struktur auf dem deutschen Strommarkt wird sich nur ändern, wenn es gelingt, mehr Wettbewerb in den Markt zu bringen. Dies ist das erklärte Ziel der Bundesregierung. Das unionsgeführte Bundeswirtschaftsministerium hat mit Unterstützung der Regierungskoalition bereits wesentliche Schritte eingeleitet. So ist es jetzt möglich, leichter den Stromanbieter zu wechseln. Durch die Regulierung der Netzentgelte sind die Netzkosten in erheblichem Umfang gesunken. Der Strompreisanstieg für Privatkunden wäre sonst noch höher ausgefallen. Die im November in Kraft getretene Anreizregulierungs-Verordnung wird noch mehr Effizienz und damit sinkende Kosten in den Netzen schaffen.
Mindestens ebenso so wichtig wie staatliche Regulierungsmaßnahmen ist die Schaffung neuer Angebotskapazitäten. Nur so lässt sich die Liquidität auf den Strommärkten nachhaltig erhöhen. Die im Juni des vergangenen Jahres in Kraft getretene Kraftwerks-Netzanschluss-Verordnung sorgt dafür, dass wesentliche Investitionshindernisse beseitigt werden und der Anschluss neuer Kraftwerke ans Netz garantiert wird.
Solange der Wettbewerb noch nicht vollständig funktioniert, müssen die genannten Maßnahmen durch eine Verschärfung des Kartellrechts ergänzt werden. Auf Initiative der Regierungskoalition hat der Bundestag deshalb eine Kartellrechtsnovelle verabschiedet, mit der dem Bundeskartellamt die Missbrauchsaufsicht über die Preispolitik der Stromkonzerne wesentlich erleichtert wird.
Das umfangreiche Maßnahmenpaket zeigt, dass die Bundesregierung gemeinsam mit der sie tragenden Regierungskoalition große Anstrengungen unternimmt, um die Missstände in der Stromwirtschaft abzustellen. Aber auch die Verbraucher sind gefordert. Preise vergleichen und gegebenenfalls zu wechseln bedeutet den Wettbewerb zu stärken.
Zu Ihrer polemischen Frage bezüglich Beratervertrag kann ich Ihnen mitteilen, dass ich nie einen Beratervertrag bei einem "Energieriesen" gehabt habe. Ich habe aber nach dem Ende meines Studiums viele Jahre bei einem Energieunternehmen gearbeitet und traue mir deshalb zu, manche Vorgänge und Notwendigkeiten recht gut beurteilen zu können.
Mit freundlichen Grüßen
Laurenz Meyer