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Lars Klingbeil
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Frage von Harald B. •

Frage an Lars Klingbeil von Harald B. bezüglich Verkehr

Sehr geehrter Herr Klingbeil,
mit Entsetzten und großem Unverständnis habe ich die Diskussion um die Minderung des Motorradlärms verfolgt.

Ich bin selbst seit über 20 Jahren leidenschaftlicher Motorradfahrer. Aber ich bin auch des öfteren im Schwarzwald zu Wanderungen unterwegs. Daher kann ich Anwohner an beliebten Ausflugsstrecken verstehen, die sich gegen Lärmbelastung wehren.

Die jetzt vorgeschlagenen generellen Fahrverbote ausschließlich für Motorräder an Sonn- und Feiertagen kann ich jedoch nur mit einem Kopfschütteln kommentieren. Generell unterstütze ich die Forderung nach leiseren Motorrädern in jedem Fahrzustand. Hier sehe ich aber großes Versagen bei der Erstellung der Zulassungsvorschriften.
https://www.spiegel.de/auto/motorraeder-laermbelaestigung-in-der-kritik-a-6f35be7c-b411-4fb1-bbef-d944d1260cd9

Auch ist eine Engstirnige Betrachtung ausschließlich auf Motorräder in meinen Augen nicht vollständig. Da auch die Automobilhersteller in ihren „sportlichen“ Modellreihen in Sachen Sounddesign und Klappenauspuffanlagen der Motorradindustrie in nichts nachstehen. Des weiteren sehe ich auch den Kontroll und Strafdruck in Deutschland als nicht hoch genug an. Daher kann ich hier den Bundesverband der Motorradfahrer in seiner Argumentation vollständig unterstützen.
https://bvdm.de/politik-und-leistungen/fema-umwelt-verkehrspolitik-gesetzgebung/artikel/2020_Gesetzentwurf_Bundesrat.php

Ein Blick in die Berichterstattung jenseits der Grenzen zeigt auch welches kümmerliche Bild diese Diskussionen und unsere Gesellschaft nach außen abgibt. Ist es wirklich das was sie als Volksvertreter nach außen tragen wollen? Anstatt durch gute Behördliche Arbeit bei Zulassungsvorschriften und Bereitstellen der nötigen Ressourcen der Exekutive (Polizei) unsere Gesellschaft zusammen zu halten, Spaltung durch undurchdachte und diskriminierende Gesetztes vorhaben?
https://www.moto.ch/deutschland-fahrverbote-fuer-motorraeder-an-sonn-und-feiertagen/

Ich frage mich auch ob sich die Personen die diese Initiative ins Leben gerufen haben mit den möglichen Folgen beschäftigt haben. Das Motorrad ist in Deutschland weitestgehend ein Freizeitverkehrsmittel für Ausflüge und Urlaube. Sollte ein Sonn- und Feiertagsfahrverbot kommen wird dies verheerende Folgen für die Motorradhersteller, Motorradhändler, Zubehörhändler usw. haben.

Da kann ich nur aufrufen der Petition zu folgen.
https://www.openpetition.de/petition/online/keine-fahrverbote-fuer-motorraeder-an-sonn-und-feiertagen-2

Ich würde mich sehr über eine Stellungsnahme und ihre persönliche Meinung und den Standpunkt ihrer Partei zu diesem Thema freuen.

Vielen Dank im Voraus
H. B.

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Sehr geehrter Herr Burger,

vielen Dank für Ihre Nachricht. Vorweg: Für mich persönlich kann ich sagen, dass ich sehr skeptisch bin gegenüber Fahrverboten und das nicht unterstützte. Ich bin da sehr klar.

Zur Einordnung der Debatte will ich Ihnen gerne ein paar Hintergründe darstellen.

Die Diskussion zu den Fahrverboten für Motorräder geht auf eine Initiative einzelner Bundesländer zur wirksamen Minderung und Kontrolle von Motorradlärm zurück. Mit Beschluss des Bundesrates vom 15. Mai 2020 fordern die Bundesländer die Bundesregierung auf, sich stärker für eine Reduzierung der Lärmbelastung durch Motorräder einzusetzen. Die Bundesregierung muss jetzt entscheiden, ob sie die Anregungen zur Lärmreduktion umsetzen will.
Der Beschluss des Bundesrates umfasst verschiedene Punkte. So gibt es unter anderem Vorschläge des Bundesrates für weiche Maßnahmen wie eine bundesweite Kampagne, damit die Motorradfahrerinnen und Motorradfahrer für eine angemessene Fahrweise sensibilisiert werden. Darüber hinaus wird vorgeschlagen, die Strafen für Manipulationen am Auspuff deutlich zu verschärfen. Auch Motorsteuerungen an Motorrädern, die individuelles „Sound Design“ und damit störende und belästigende Geräusche erzeugen können, sollen verboten werden.

Der Bundesrat sieht außerdem dringenden Handlungsbedarf, Geschwindigkeitsbeschränkungen und zeitlich beschränkte Verkehrsverbote an Sonn- und Feiertagen für Motorräder aus Gründen des Lärmschutzes zu ermöglichen. Hierbei handelt es sich um eine Bitte des Bundesrates an die Bundesregierung, die aktuellen Regelungen anzupassen. Das ist also derzeit ein Vorschlag der Bundesländer, kein Vorschlag der Bundespolitik. Den Vorschlag Verkehrsverbote an Sonn- und Feiertagen für Motorräder einzuführen, lehne ich ab.
Für mich ist vollkommen klar, dass die Mehrzahl der Motorradfahrerinnen und Motorradfahrer einen verantwortungsbewussten Umgang mit ihrem Hobby pflegt. Diese dürfen nicht für das Fehlverhalten von einigen wenigen bestraft werden. Fahrverboten sind daher keine sinnvolle Lösung für das Problem.
Der gute Klang einer Maschine ist vielen Motorradfahrerinnen und Motorradfahrer wichtig. Aktuell sind aber einige Motorräder bereits ab Werk „laut“. Nach einem EU-Beschluss müssen Motorräder, die seit 1.1.2016 neu zugelassen wurden, den Grenzwert von 77 dB(A) einhalten. Bis zum Jahr 2024 soll dieser auf 68 dB(A) abgesenkt werden. Viele Hersteller nutzen die aktuellen Zulassungs- und Messverfahren aus und erhöhen den Lärmpegel der Maschinen außerhalb des Messbereichs. Diese Maßnahmen sind legal und können von den Zulassungsbehörden bei der Typprüfung nicht beanstandet werden. Die SPD-Bundestagsfraktion und ich sehen hier auch die Hersteller in der Pflicht zu zeigen, was technisch in Sachen geringerer Lautstärke machbar ist oder leisere Nachrüstlösungen anzubieten. Den in dem Beschluss des Bundesrates geforderten Grenzwert von maximal 80 db(A) über alle Betriebszustände für neue Motorräder werden wir daher genau prüfen.
Beim Lärm halte ich den Fokus auf einzelne Verkehrsteilnehmende jedoch nicht für zielführend. Rücksichtlose Fahrerinnen und Fahrer gibt es nicht nur auf dem Motorrad, sondern auch im Auto. Um Verkehrssünder generell besser zur Verantwortung zu ziehen, muss mit wirksamen Polizeikontrollen gezielt angesetzt werden. Das dafür notwendige Personal muss entsprechend bereitgestellt werden.

Wenn sich die Bundesregierung mit gesetzlichen Maßnahmen zur Lärmreduktion befasst, wird sich auch der Bundestag im parlamentarischen Verfahren damit beschäftigen. Erst dann wird sich zeigen, welche Vorschläge zur Minderung von Motorradlärm tatsächlich auf dem Tisch liegen.
Mit freundlichen Grüßen
Lars Klingbeil

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