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Lars Klingbeil
SPD
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Frage von Birgit D. •

Frage an Lars Klingbeil von Birgit D. bezüglich Landwirtschaft und Ernährung

Sehr geehrter Herr Klingbeil,

mit Fassungslosigkeit habe ich gerade gelesen, dass Sie auch für die Verlängerung der betäubungslosen Ferkelkastration gestimmt haben. Das ist ein Skandal. Mir drängt sich der Verdacht auf, dass auch die SPD eine Tierquäler-Partei ist. Das ging schon mit dem Koalitionsvertrag los, indem sich die SPD gemeinsam mit CDU/CSU darauf geeinigt hat, Tierschützer, die in Ställe „einbrechen“ (um Missstände aufzudecken!), härter bestrafen zu wollen. Im September hat die SPD zusammen mit CDU/CSU zwei verschiedene Anträge von FDP und Grünen zu Verschärfungen bei Tiertransporten abgelehnt. Und nun diese unselige Fristverlängerung!

Genau dieses "Weiter-So-für-die-Wirtschaft-koste-es-was-es-wolle" ist der Grund dafür, dass der SPD die Wähler in Scharen weglaufen.

Bitte erläutern Sie mir Ihre ganz persönlichen Beweggründe, warum Sie dafür gestimmt haben, dieses qualvolle Prozedere beibehalten zu wollen.

Und kommen Sie mir nicht mit einer vorformulierten Textwüste von Ihrem SPD-Kollegen Rainer Spiering. Und auch nicht mit dem Totschlagargument Arbeitsplätze (ich weiß, eine makabre Wortwahl in Zusammenhang mit dem sensiblen Thema Tierschutz). Wenn Geschäftsgrundlagen ethisch nicht vertretbar sind und zu gesundheitlichen Gefahren von Mensch, Tier und Umwelt führen, dürfen Arbeitsplätze kein Argument mehr sein.

Mich interessiert wirklich, ob Sie als Politiker noch Empathiefähigkeit für andere Lebewesen haben, und wie Sie persönlich zum Thema Tierschutz stehen.

Mit freundlichen Grüßen,
B. D.

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Antwort von
SPD

Sehr geehrte Frau D.,

vielen Dank für Ihre Frage vom 21.12.2018. Ich danke Ihnen für Ihre offenen Worte und Ihre ehrliche Kritik.

2013 wurde in einer Änderung des Tierschutzgesetz die betäubungslose Kastration verboten und gleichzeitig eine Übergangsfrist bis 31. Dezember 2018 geschaffen. Das zuständige Ministerium, BMEL, hat seitdem nichts unternommen, um Betäubungsmethoden, die einfach durchführbar sind und gleichzeitig effektiv betäuben, anwendungsreif zu machen.

Wir standen im Oktober 2018 vor der Entscheidung: Entweder gefährden wir durch das Auslaufen der Übergangsfristen vor allem kleine und mittlere Ferkelzuchtbetriebe in ihrer Existenz, denn dann wären im Ausland gezüchtete Ferkel nach Deutschland importiert worden, die mit Methoden kastriert worden sind, die dem deutschen Tierschutzgesetz nicht entsprechen. Oder wir stimmen einer Fristverlängerung zu, die die Existenz der Ferkelzüchtenden in Deutschland sichert und holen bei den Verhandlungen wichtige Punkte für den Tierschutz heraus. Und legen rechtssicher fest, dass spätestens zum 31. Dezember 2020 Schluss ist mit betäubungloser Kastration.
Wir haben uns für letztere Möglichkeit entschieden und dabei erreicht:

- dass das Bundeslandwirtschaftsministerium mit einer zum 30. Mai 2019
vorzulegenden Rechtsverordnung endlich zum Handeln verpflichtet wird, nachdem es über Jahre hinweg durch Nichtstun eine unsichere Situation für die Ferkelzüchtenden herbeigeführt hat;
- dass der hohe Tierschutz-Standard von NEULAND (Betäubung mittels Masken) zukünftig bundesweit als praxistaugliche Alternative zur Verfügung steht;
- dass eine Informationskampagne durchgeführt wird, damit auch andere Alternativen wie die Ebermast oder Impfung (Immunokastration) eine realistische Chance am Markt bekommen;
- dass es Unterstützung für die Ferkelzüchtenden bei der Einführung der neuen Betäubungsmethoden geben wird;
- dass wir eine Informationskampagne und ein Förderprogramm zur Unterstützung bei der Anschaffung der Narkosegeräte auflegen, um vor allem kleine und mittlere Betriebe zu unterstützen; dass wir in einem Entschließungsantrag festhalten, dass wir nun endlich auch beim Kupieren von Schwänzen und Enthornen von Tieren den Ausstieg einläuten.

Vor diesem Hintergrund und nach Abwägung der Interessen der Ferkelzüchtenden und des Tierschutzes, konnten wir der Verlängerung der Übergangsfrist bis spätestens zum 31. Dezember 2020 letztmalig zustimmen.

Da aus unserer Sicht nicht sichergestellt ist, dass das BMEL die ausreichende Zeit bis Ende 2020 für eine Klärung auch tatsächlich nutzt, enthält der Gesetzentwurf detaillierte und verbindliche Vorgaben an das BMEL. So stellen wir sicher, dass Ferkelzüchtende nicht erneut im Stich gelassen werden.

Die Narkosemethode, die NEULAND anwendet, wird als praxistaugliche Alternative zur Verfügung stehen (Inhalationsnarkose mit Isofluran). Durch entsprechende Verpflichtungen wird es in der Übergangszeit notwendige arzneimittelrechtliche Zulassungen für Narkosemittel und die Konzeption entsprechender Schulungen für Landwirtinnen und Landwirte geben.

Erfreulicherweise haben einige Einzelhandelsketten bereits öffentlich bekannt gegeben, dass sie in ihrer Einkaufspolitik auch Fleisch aus der Ebermast und der Immunokastration (Impfung) akzeptieren werden.

In manchen Veröffentlichungen wird behauptet, dass es heute schon Alternativen zur betäubungslosen Kastration geben würde. Dabei wird auf die Ebermast und die Impfung gegen Ebergeruch verwiesen. Richtig ist, dass einzelne wenige Ferkelzüchtende diese Alternativen heute schon anwenden. Diese Alternativen sind heute aber nicht flächendeckend praxistauglich. Die Impfung gegen Ebergeruch verabreichen Mästerinnen und Mäster, nicht Ferkelzüchtende. Diese müssen jedoch erst flächendeckend für die Impfung geschult werden. Der Lebensmitteleinzelhandel sieht Vertriebsschwierigkeiten von „geimpftem Fleisch“, da Verbrauchende das geimpfte Fleisch zurzeit ablehnen könnten. Hierzu bedarf es erst einer Schulungs- und Aufklärungskampagne, die in unserem Gesetzentwurf enthalten ist. Ein großes Problem bei der Impfung gegen Ebergeruch sind vor allem die fehlenden klaren und einheitlichen Aussagen zur Abnahme von geimpftem Schweinefleisch. Der Bundesverband Praktizierender Tierärzte weist darauf hin, dass die Impfung gegen Ebergeruch zurzeit nicht möglich ist, da die notwendigen Arzneimittel gerade nicht geliefert werden können. Bei der Ebermast gibt es für die Landwirtinnen und Landwirte zu wenige Abnahmegarantien durch den Lebensmitteleinzelhandel, da das Fleisch zurzeit schwerer vermarktbar ist. Auch hier bedarf es einer Informationskampagne.

Ich hoffe, ich konnte Ihnen mit diesen Informationen weiterhelfen.

Mit freundlichen Grüßen
Lars Klingbeil

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