Frage an Lars Klingbeil von Jürgen W. bezüglich Soziale Sicherung
Der Staat zahlt jedes Jahr an die gesetzlichen Krankenkassen (GKV) einen sogenannten Bundeszuschuss, der aus Steuermitteln finanziert wird. Und das aus gutem Grund. Die GKV geben jährlich über 20 Milliarden Euro für Maßnahmen aus, die nichts oder nur wenig mit der Kernaufgabe einer Krankenversicherung zu tun haben (z.B. familienpolitische Aufgaben wie die beitragsfreie Familienversicherung von Kindern oder Leistungen für Mutterschaft und Schwangerschaft). Der Staat ist hier also weder besonders großzügig noch mildtätig gegenüber den GKV, denn hierbei handelt es sich um gesamtgesellschaftliche Aufgaben, die nicht nur von den Beitragszahlern der GKV, sondern von allen Steuerzahlern zu bezahlen sind. Bundesfinanzminister Schäuble kürzt nun den gesetzlich festgelegten Bundeszuschuss. Die dahintersteckende Absicht, erstmals nach vielen Jahren wieder einen ausgeglichenen Bundeshaushalt vorzulegen, ist sicher lobenswert. Bedenklich ist allerdings, wenn das auf Kosten der Beitragszahler der GKV geschieht. Beamte und Privatversicherte sind hiervon nicht betroffen (Bundestagsabgeordnete u.ä. wahrscheinlich auch nicht?!). Der Zugriff auf die Sozialkassen fällt durch die aktuell gute Finanzsituation des Bundes offensichtlich sehr leicht und es wird dabei schlicht verdrängt, dass die Schere zwischen Einnahmen und Ausgaben der GKV spätestens 2015 wieder auseinandergeht, was eine Erhöhung der Beiträge erforderlich machen wird. Als GKV-Versicherte zahlen wir also doppelt: Zunächst werden geleistete Beiträge zur Sanierung des Staatshaushalts zweckentfremdet, anstatt die Beiträge zu senken. Und die später dadurch entstehende Finanzierungslücke muss dann durch GKV-Beitragserhöhungen auch wieder aufgefangen werden. Mir kommt es so vor, dass hier ähnlich wie bei den nicht nachvollziehbaren Entgelterhöhungen für Bundestagsabgeordnete, keinesfalls an die einfachen Bürger gedacht wird, die zum Teil schon mehrere Jobs verrichten müssen, um über die Runden zu kommen. Ist das gerecht?
Sehr geehrter Herr Weinert,
vielen Dank für Ihre Frage auf abgeordnetenwatch.de zur Situation der gesetzlichen Krankenversicherungen.
Wir haben aktuell ein Plus von 13,6 Milliarden Euro im Gesundheitsfonds. Wir können es uns deshalb leisten, aus dieser Reserve vorübergehend Mittel zur Haushaltskonsolidierung zur Verfügung zu stellen. Die gute wirtschaftliche Entwicklung sorgt auch dafür, dass Geld ins Gesundheitssystem kommt. Darüber hinaus ist geplant, dass die Mittel, die wir jetzt aus der Reserve zur Entlastung des Bundeshaushalts zur Verfügung stellen, wieder in den Gesundheitsfonds zurückfließen. Der Gesundheitsfonds wird daher von 2017 an auf 14,5 Milliarden Euro erhöht.
Auch werden die Beiträge nicht aufgrund des Bundeszuschusses steigen. Kürzungen bei den Zuweisungen wird es weder im Jahr 2014 noch 2015 geben. Es macht deshalb keinen Sinn, neue Schulden aufzunehmen und Zinsen zu bezahlen, wenn im Gesundheitsfonds gleichzeitig Milliarden in der Reserve liegen.
Darüber hinaus arbeitet die Große Koalition gerade an einem Gesetzentwurf zur Weiterentwicklung der Finanzstruktur und der Qualität in der gesetzlichen Krankenversicherung. Dieser Entwurf beinhaltet u.a. Erleichterungen für die Mitglieder der Krankenkassen.
Zum 1. Januar 2015 wird der allgemeine Beitragssatz in der gesetzlichen Krankenversicherung von heute 15,5 Prozent auf künftig 14,6 Prozent gesenkt. Die Hälfte, also 7,3 Prozent, trägt der Arbeitgeber und die andere Hälfte die Arbeitnehmer. Der bisherige Sonderbeitrag von 0,9 Prozent, den die Krankenkassenmitglieder alleine zahlen müssen, entfällt. Genauso entfällt der pauschale Zusatzbeitrag, den eine Krankenkasse bisher erheben kann. Das erspart den Mitgliedern, den bürokratischen Aufwand bei der Zahlung der Zusatzbeiträge. Zudem entfällt das bürokratische Verfahren bei der Durchführung eines steuerlichen Sozialausgleichs.
Künftig kann jede Kasse einen einkommenabhängigen Zusatzbeitrag erheben. Wie hoch der Zusatzbeitrag ausfallen wird, hängt davon ab, wie wirtschaftlich eine Kasse arbeitet. Einige Kassen werden mit ihrem Zusatzbeitrag weiterhin bei 0,9 Prozent liegen, so dass sich für die Versicherten nichts ändert. Andere Kassen stehen finanziell so gut da, dass sie ihre Versicherten durch einen niedrigeren Zusatzbeitragssatz entlasten können. Wieder andere werden ihren Zusatzbeitrag erhöhen. Die Krankenkassenmitglieder haben dann das Recht unkompliziert in eine günstigere Krankenkasse zu wechseln. Dafür erhalten sie ein Sonderkündigungsrecht. Das erhöht den Anreiz der Krankenkassen, im Wettbewerb um Versicherte eine qualitativ gute Versorgung anzubieten und ihre Zusatzbeiträge möglichst gering zu halten, indem sie gut und effizient wirtschaften. Außerdem werden die Krankenkassen dazu gebracht, den Versicherten ihre teilweise nicht unerheblichen finanziellen Reserven zugute kommen zu lassen. Rund 20 Millionen Versicherte sind Mitglied einer Krankenkasse, die zurzeit mit einem niedrigeren Beitrag auskommen und ihre Mitglieder entlasten könnte.
Bei weiteren Fragen können Sie sich gerne jederzeit melden.
Mit freundlichen Grüßen
Lars Klingbeil, MdB