Frage an Lars Klingbeil von Hendrik W. bezüglich Arbeit und Beschäftigung
Sehr geehrter Herr Klingbeil,
welche Position beziehen Sie zum Thema "Bedingungsloses Grundeinkommen"?
Vielen Dank.
Mit Freundlichen grüßen,
Hendrik Wiese
Sehr geehrter Herr Wiese,
seit einigen Jahren hat die Diskussion um ein bedingungsloses Grundeinkommen (BGE) eine neue Dynamik bekommen.
Die einzelnen Modelle für ein BGE sind auf unterschiedliche Begründungszusammenhänge aufgebaut. Alle Modelle für ein BGE haben jedoch die gemeinsame Annahme zur Grundlage, dass es in unserer Gesellschaft nicht mehr genügend Arbeit gibt, sodass die soziale Grundsicherung neu ausgerichtet werden muss. Wesentliches Element der meisten Ansätze ist die Bedingungslosigkeit der Grundleistung.
Die SPD lehnt ein BGE ab. Arbeit bleibt für uns die Grundlage von Wohlstand und sozialer Sicherheit. Arbeit gibt es in der Gesellschaft genug, z.B. im sozialen Bereich. Sie muss organisiert und gerecht verteilt werden. Deswegen halten wir an der Forderung der Vollbeschäftigung fest. Wer sagt, es gäbe nicht mehr genug Arbeit, schiebt Menschen in die Perspektivlosigkeit ab und nimmt ihnen damit auch ihre Würde. Das Grundeinkommen wäre somit eine Stillhalteprämie.
Denn Arbeit ist mehr als die Sicherung des eigenen Lebensunterhalts. Bei der Erwerbsarbeit nutzt man seine Fähigkeiten und entwickelt sich weiter. Man tut etwas Sinnvolles und bringt sich ein. Außerdem bedeutet Arbeit für viele Menschen auch, befreundete Arbeitskollegen zu treffen und sich mit den anderen Mitarbeitern auszutauschen. All das fällt für viele Menschen weg, wenn wir das Ziel der Erwerbsarbeit für jeden aufgeben.
Ein BGE entwertet die Leistung der arbeitenden Menschen und damit auch ihre Lebensleistung, weil – gerade im Bereich der Alterssicherung – die soziale Sicherung nicht mehr Ergebnis des eigenen Arbeitens ist. Ein BGE ist darüber hinaus nicht finanzierbar. Je nach Berechnung und Modell wird im krassesten Fall das gesamte BIP umverteilt.
Wir wollen Mindestlöhne statt staatliche Lohnsubvention. Menschen die Arbeit und ein existenzsichernde Löhne haben, brauchen kein Grundeinkommen.
Außerdem sind soziale Problemlagen heute vielschichtiger - Armut ist nicht nur auf materielle Armut reduzierbar und deshalb nicht ausschließlich über soziale Transfers zu bekämpfen. Der Sozialstaat besteht nicht nur aus sozialen Transferleistungen. Der Sozialstaat stellt soziale Dienstleistungen wie z.B. Beratungen, Familienhilfen und Jugendeinrichtungen zur Verfügung. Fehlende Bildungschancen werden z.B. durch ein bedingungsloses Grundeinkommen nicht bekämpft. Die Teilhabe am Erwerbsleben wird sogar erschwert – das Bedingungslose Grundeinkommen wirkt ausgrenzend.
Die SPD tritt stattdessen dafür ein, die bestehende Grundsicherung weiter zu entwickeln, damit die Bürgerinnen und Bürger abgesichert sind, die existenzsichernde Unterstützung brauchen. Darüber hinaus entwickeln wir den Sozialstaat in seiner ganzen Breite weiter, damit er die Bürgerinnen und Bürger unterstützen kann, ihre Perspektiven und Chancen zu verwirklichen.
Mit freundlichen Grüßen
Lars Klingbeil