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Lars Dietrich
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Frage von Tjordis F. •

Frage an Lars Dietrich von Tjordis F. bezüglich Staat und Verwaltung

Sehr geehrte(r) Abgeordnete(r),

seit einiger Zeit gibt es die vor allem von der CDU vorangetriebenen Diskussion um einen Nordstaat, also die Verschmelzung von Hamburg mit Schleswig-Holstein, Mecklenburg, Niedersachsen und Bremen oder als kleine Lösung dann nur Hamburg und Schleswig Holstein.

Meine Fragen an Sie persönlich:

Sind Sie für oder gegen einen Nordstaat und warum? Wo sollte die Landeshauptstadt sein?
Wann wurde in der Bürgerschaft schon mal über das Thema Nordstaat diskutiert (ich konnte keine Drucksachen dazu finden)?

Herzlichen Dank für eine Antwort!
Tjordis Frings

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Antwort von
CDU

Sehr geehrte Frau Frings,

herzlichen Dank für Ihre Frage zum "Nordstaat". Leider konnte ich Ihnen nicht früher antworten, da Ihre Frage seinerzeit sprichwörtlich "im PC untergegangen ist". Das Themenfeld Länderfusion sehe ich als sehr wichtig und insbesondere für Hamburg richtungsweisend an.

Wie aus dieser Einleitung bereits deutlich wird, bin ich ein Befürworter derjenigen Stimmen, die für die Bildung eines sog. "Nordstaates" sind. Diese Meinung begründet sich auf mehreren Überlegungen:

Zu allererst sehe ich das Vorhandensein von Stadtstaaten in der Bundesrepublik Deutschland, so schmerzlich diese Einschätzung für uns als Hamburger auch sein mag, als überholt an. Nach dem Grundgesetz bilden die Länder die Bundesrepublik Deutschland. Jedoch ist in den vergangenen Jahrzehnten der Einfluss der Länder auf die Bundespolitik stetig gesunken. Diese Entwicklung trifft dabei in erster Linie die Kleinen, nämlich die Stadtstaaten. Ich bin überzeugt davon, dass wir mit der Bildung eines Nordstaates eine stärkere Stimme in der Bundespolitik erheben und norddeutsche Positionen stärker vertreten könnten. Weniger Bundesländer stärken den Föderalismus!

Die Bildung eines Nordstaates würde auch erhebliche Synergieeffekte in der Verwaltung und in der gesamten Zukunftsplanung bringen. Hamburg ist als Metropole des Nordens bereits heute der Mittelpunkt der gesamten Infrastruktur in der Region. Dabei bietet Hamburg auch viele Leistungen im kulturellen, sozialen, sportlichen und wirtschaftlichen Bereich an, die von den Bewohnern des sog. "Speckgürtels" im Umland gern genützt werden. Dabei muss ich nicht besonders darauf hinweisen, dass viele Steuern trotzdem in den angrenzenden Flächenländern gezahlt werden. Und Steuermittel ermöglichen erst die vielen Leistungen, die Hamburg allen bietet. Auch die Verkehrsströme sind auf die Metropole Hamburg ausgerichtet.
Wie Sie an diesen wenigen Punkten bereits erkennen können, ist die strukturelle Verzahnung mit dem Umland immens. Die Grenzen zwischen der Stadt und dem Umland verlaufen dabei oft willkürlich, was unvermeidlich zu Reibungsverlusten führt und eine integrierte Strukturplanung verhindert. Ein Zusammenschluss vermeidet kostspielige Doppelungen in Politik, Verwaltung und öffentlichen Einrichtungen. Er ermöglicht die gemeinsame Planung der Verkehrsinfrastruktur, der Wasser- und Energieversorgung und der gewerblich genützten Flächen. Er erlaubt in Forschung, Lehre und Ausbildung Schwerpunkte zu setzen, sich auf bestimmten Gebieten zu spezialisieren und gegenseitig auszuhelfen. Die innere Sicherheit und Umweltfragen machen nicht mehr an der Landesgrenze halt. Allein durch Zusammenlegung von Parlament, Regierung und Behörden könnten Kosten eingespart werden. Für den letztendlich gescheiterten Zusammenschluss von Berlin und Brandenburg wurden die Einsparungen vom Deutschen Institut der Wirtschaft in Köln pro Jahr auf circa 0,5 Milliarden Euro geschätzt. Bereits heute kann man entsprechende Vorteile für den Bereich von Hamburg und Schleswig-Holstein nach der Zusammenlegung von Landesbank, Statistikamt, Datenzentrale und Eichamt erkennen.

Der flächenmäßige Umfang eines Nordstaates muss genau austariert werden. Die Kooperation mit Schleswig-Holstein hat sich bewährt. Ein Nordstaat muss von den Menschen gewollt sein, denn diese müssen richtigerweise über eine Neuordnung der Länder entscheiden. Daher tendiere ich zu einer Lösung, die meiner Ansicht nach den Kern Norddeutschlands ausmacht. Und zwar einen Zusammenschluss von Hamburg mit Schleswig-Holstein und (vielleicht auch erst in einem zweiten Schritt) Mecklenburg-Vorpommern sowie das nördliche Niedersachsen und Bremen. Denn diese Länder haben nicht nur eine ähnlich gelagerte strukturelle Ausrichtung, sondern auch eine gemeinsame Geschichte und tief verwurzelte norddeutsche Traditionen. Und dies allein kann (neben den rationalen finanziellen Gründen) die Menschen überzeugen, sich zu einem neuen Staat zusammenzuschließen. In diesem Zusammenhang befürworte ich auch sehr das Vorgehen der Regierungen, gemeinsame Behörden und Einrichtungen zu schaffen. Immer mehr Gemeinsamkeit durch immer mehr Kooperation sind der Weg, auf dem die norddeutschen Länder zusammenwachsen. Identität läßt sich nicht durch Gesetze verordnen, sie muss stetig wachsen.

Die Frage nach einer Hauptstadt wird sich erst am Ende dieses Prozesses stellen. Dann müssen die Menschen entscheiden, an welchem Ort sie den politischen Kern Nord- deutschlands sehen. Dabei kann die Wahl mit guten Argumenten auf die regionale Metropole Hamburg fallen oder mit nicht minder guten Argumenten auf Städte in den Flächenländern wie Schwerin (mit Hamburg meine persönliche Favoritin) oder Lübeck. Aber bis dahin ist es noch ein weiter Weg.

Ich hoffe, Sie ein wenig von der Idee "Nordstaat" überzeugt zu haben und verbleibe

mit freundlichen Grüßen

Lars Dietrich MdHB