Frage an Kurt Segner von Roland W. bezüglich Innere Sicherheit
Sehr geehrter Herr Segner,
am 15.11. 2007 sollen Sie nach bestem Wissen und GEWISSEN Ihr Votum zur Verlängerung des Bundeswehreinsatzes in Afghanistan abgeben.
Nach den mir vorliegenden Informationen über die Folgen des bisherigen Misserfolgs der OEF und den Opfern bei Zivilbevölkerung und Einsatzkräften (Infos z. B. aus dem Spiegel und von der IPPNW) appelliere ich dringend an Sie, die Verlängerung des Mandats abzulehnen und mit NEIN zu stimmen.
Von der IPPNW gibt es einen offenen Brief an die Frankfurter Bundestagsabgeordneten.
Kennen Sie diese Informationen?
Wie werden Sie abstimmen?
Falls Sie mit JA stimmen sollten, wie können Sie dies rechtfertigen?
Gruß aus dem relativ friedlichen Taubertal
R. Wöppel
Sehr geehrter Herr Wöppel,
vielen Dank für Ihre Anfrage zur Beteiligung der Bundeswehr an der Operation Enduring Freedom (OEF) in Afghanistan. Ich bitte um Entschuldigung, dass ich Ihre Anfrage erst jetzt beantworte.
Die OEF ist eine von den USA geführte Militäroperation zur Bekämpfung des internationalen Terrorismus. Der Deutsche Bundestag hat am 15. November 2007 beschlossen, die Beteiligung der Bundeswehr an der OEF für weitere 12 Monate zu verlängern. Es können bis zu 1.400 Soldatinnen und Soldaten eingesetzt werden. Das Einsatzgebiet der Bundeswehr im Rahmen der OEF ist nicht auf Afghanistan beschränkt, sondern umfasst auch die arabische Halbinsel, Mittel- und Zentralasien und Nord-Ost-Afrika sowie die angrenzenden Seegebiete. Der deutsche Beitrag zur OEF besteht im Wesentlichen aus einem Einsatz der Marine am Horn von Afrika und vor der arabischen Halbinsel. Hauptauftrag ist die Seeraumüberwachung und der Schutz von Seeverbindungslinien. Seit längerem sind keine Soldaten der Bundeswehr im Rahmen der OEF in Afghanistan eingesetzt worden.
Ich habe der weiteren Teilnahme der Bundeswehr an der OEF zugestimmt. Da der internationale Terrorismus eine Bedrohung für die Menschen in Deutschland ist, halte ich es grundsätzlich für richtig, dass sich Deutschland an der Bekämpfung des internationalen Terrorismus beteiligt. So trägt die deutsche Marine am Horn von Afrika dazu bei, Transport- und Nachschubwege von Terroristen abzuschneiden. Eine positive Folge des dortigen Bundeswehr-Einsatzes ist auch, dass die Piraterie in dieser Region zurückgedrängt werden konnte.
Der Schwerpunkt der deutschen Beteiligung an der OEF liegt -- wie oben dargestellt - nicht in Afghanistan. Die Bekämpfung des Terrorismus im Rahmen der OEF wird in Afghanistan von den Streitkräften anderer Staaten geleistet. Ich halte es für unverzichtbar, gegen den Terrorismus in Afghanistan vorzugehen: Zum einen ist nur so der Wiederaufbau nach der Taliban-Herrschaft zu ermöglichen, zum anderen darf Afghanistan nicht weiter Rückzugsraum und Trainingsgebiet für Terroristen sein.
Die Durchführung der OEF ist in Afghanistan auch deshalb notwendig, um die International Security Assistance Force (ISAF) zu unterstützen und abzusichern. Die ISAF ist eine NATO-Mission in Afghanistan, bei der die Bundeswehr bis zu 3.500 Soldaten und damit das drittgrößte Kontingent stellt. Ziel der Mission ist, die afghanische Regierung dabei zu unterstützen, ein sicheres Umfeld und leistungsfähige Sicherheitsorgane für den Wiederaufbau Afghanistans zu schaffen.
Vor kurzem habe ich bei einem Truppenbesuch bei der Bundeswehr im nordafghanischen Mazar-e Sharif den Eindruck gewonnen, dass die Soldaten sehr motiviert und professionell ihre Aufgaben erfüllen, der Wiederaufbau Afghanistans aber noch erhebliche Anstrengungen erforderlich machen wird. Gleichwohl ist eine positive Entwicklung in Afghanistan bereits jetzt erkennbar: Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit wurden durch die Verabschiedung der Verfassung und verschiedener Gesetze auf ein in Afghanistan bisher unbekanntes Niveau gehoben. So werden beispielsweise in der Verfassung Frauen und Männer gleichgestellt. Nicht zuletzt durch die deutsche Entwicklungszusammenarbeit sind viele Straßen, Schulen, Gesundheitseinrichtungen sowie die Wasser- und Stromversorgung wieder errichtet worden. Seit 2001 entstanden mehr als 3.500 Schulen, die Alphabetisierungsrate -- auch unter Mädchen -- steigt kontinuierlich an.
Um die Fortschritte bei der Bekämpfung des internationalen Terrorismus und beim Wiederaufbau Afghanistans nicht zunichte zu machen, halte ich die deutsche Beteiligung an OEF und ISAF für richtig.
Mit freundlichen Grüßen
Kurt Segner