Frage an Kristin Linde von Michael P. bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie
1. Welche Maßnahmen ergreifen Sie, um die Chancengleichheit im Bildungswesen für Kinder und Jugendliche aus benachteiligten sozialen Schichten nachhaltig zu fördern?
2. Sind die Bemühungen zur Förderung und Integration von Jugendlichen und Erwachsenen mit Migrationshintergrund und Fluchterfahrung Ihrer Meinung nach ausreichend?
3. Was werden Sie tun, um einer Ausweitung von Einzelhandelszeiten und anderen gewerblichen Arbeiten an Sonntagen Einhalt zu gebieten?
4. Wie kann ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Schienen- und Individualverkehr hergestellt werden, damit die Verkehrsbelastung und die damit verbundenen negativen gesundheitlichen Auswirkungen wie z.B. die Feinstaubbelastung auf den Straßen, reduziert werden?
Hat Ihre Partei Konzepte dafür, wie eine verbesserte und an den Bedürfnissen der Bewohner des ländlichen Raumes angepasste zeitliche Taktung des öffentlichen Personennahverkehrs erreicht werden kann?
Ist für Sie die Wiederinbetriebnahme der Ohratalbahn für den Personenverkehr denkbar und werden Sie sich dafür einsetzen?
Sehr geehrter Herr P.,
herzlichen Dank für Ihre Frage(n). Ich will versuchen, diese kurz und bündig zu beantworten.
Zu 1.
Wesentliche Elemente für gelingende Chancengleichheit im Bildungswesen sind der Zugang zu frühkindlicher Bildung und längeres gemeinsames Lernen.
Mit zwei beschlossenen beitragsfreien Kindergartenjahren und den ebenfalls umgesetzten Verbesserungen beim Betreuungsschlüssel haben wir schon Einiges im Bereich frühkindliche Bildung erreicht. Ziel bleibt es für DIE LINKE, dass alle Bildungsarten komplett gebührenfrei sein sollen, damit kein Mensch aufgrund finanzieller Vorbehalte ausgeschlossen wird. Als nächsten Schritt wollen wir auch drittes beitragsfreies Jahr schaffen und weitere Verbesserungen bei der Kita-Qualität durchsetzen.
Längeres gemeinsames Lernen in z.B. Gemeinschaftsschulen scheitert leider noch immer zu oft an einem Teil der Kreistage, die dem Wunsch von Schulkonferenzen widersprechen sich zu einer Thüringer Gemeinschaftsschule weiterzuentwickeln. Viele Thüringerinnen und Thüringer wollen nicht, dass bereits nach der vierten Klasse entschieden wird, welche Zukunftschancen ihre Kinder haben. Ich werde mich zusammen mit meiner Partei dafür einsetzen, dass diesem Elternwunsch verstärkt Rechnung getragen wird und der Schulträger dies nicht blockieren kann. Da ich im Themenfeld Inklusion promoviere, weiß ich, dass Inklusion nicht nur ein Recht aller Schülerinnen und Schüler ist, sondern dass ein gemeinsames und nicht separiertes Lernen aller Kinder (egal welcher Heterogenitätsdimension) die Chancengleichheit verbessern kann. Unbestreitbar gehört auch die weitere Bekämpfung des Unterrichtsausfalls zu einer zentralen Voraussetzung für gelingende Schule.
Zu 2.
Thüringen hat eine Vielzahl von Maßnahmen und Förderprogrammen – in Ergänzung zu den Bundesprogrammen – auf den Weg gebracht, um jungen Menschen eine gelingende Integration zu ermöglichen, beispielsweise das START Deutsch-Programm. Ein wesentliches Problem aus meiner Sicht bleibt die Bürokratie, die erfolgreiche Integration an vielen Punkten behindert. Am anschaulichsten wird das aus meiner Sicht bei der Ausbildungsduldung, an der viel zu viele junge Menschen scheitern. Auch wenn an den meisten dieser Themen Thüringen wegen der Zuständigkeit des Bundes nur wenig direkt bewirken kann, müssen wir weiter darauf hinarbeiten, dass Unterstützung und Ermöglichung im Mittelpunkt stehen.
Zu 3.
DIE LINKE tritt klar gegen die Ausweitung der Ladenöffnungszeiten und die zunehmenden Sonntagsöffnungen auf. Ich bin sehr froh, dass unsere LINKE-Arbeitsministerin Heike Werner in den vergangenen fünf Jahren alle Versuche diesbezüglich abwehren konnte. Diese Position wird von uns zum Schutz der Beschäftigten auch weiter vertreten werden.
Zu 4.
Um eine solche Taktung des Öffentlichen und Schienenpersonennahverkehrs hinzubekommen, brauchen wir zuallererst einen Verkehrsverbund für ganz Thüringen. In der kommunalen Praxis können wir es immer wieder erleben, dass die Vielzahl der Verbünde wesentlich dazu beiträgt, dass es keine funktionierenden Absprachen gibt. Ein weiterer wesentlicher Schritt ist natürlich die Erhöhung der Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur. Hier hat Rot-Rot-Grün wieder Landesmittel für den ÖPNV zur Verfügung gestellt, diese waren 2011 dem CDU-Spardiktat zum Opfer gefallen. In diesem Sinne muss es weitergehen, auch bei der Reaktivierung von Bahnstrecken. Zur Ohratalbahn direkt: Grundsätzlich befürworte ich einen vertakteten Linienfahrplan, um die Anbindung der Orte an das Gewerbegebiet und die Stadt Gotha wieder herzustellen. Ferner sollte man prüfen, ob eine Nutzung des Güterverkehrs möglich ist, z.B. für Holztransporte. Es ist zu betonen, dass der ÖPNV dort auch für die tourisitische Anbindung der Region sinnvoll wäre. Es sind aber auch Alternativen diskutierbar, wie eine Draisinenstrecke oder ein historisches Schienenfahrzeug zwischen Gotha und Crawinkel.
Sehr geehrter Herr P., nun ist es doch etwas länger geworden und dennoch sind es nur Schlaglichter auf die einzelnen Themengebiete.
Ich wünsche Ihnen eine gute Wahl!
Herzliche Grüße
Kristin Linde