Frage an Krista Sager von Kurt P. bezüglich Innere Sicherheit
Sehr geehrte Frau Sager,
im Hinblick auf die beiden hier aufgelisteten Abstimmungsentscheidungen Ihrerseits zu den Anti-Terror-Einsätzen (ich unterstütze Ihre getroffenen Entscheidungen vorbehaltlos), wünsche ich mir eine Antwort auf folgende Fragen:
Werden Sie zu dem derzeit stattfindenden Flottenaufmarsch der NATO vor der Ostküste Afrikas und der damit (gewollten?) Eskalation durch die damit, MEINER Meinung nach, kommende Blockade des Iran Stellung beziehen?
Wann und in welcher Form?
Ich möchte vorausschicken, dass ich an hanebüchenen „Piratengeschichten“ und „Übungen“ nicht wirklich interessiert bin, da ich mich noch im Vollbesitz meiner geistigen Kräfte befinde.
Hochachtungsvoll
Kurt Peters, Hamburg
Sehr geehrter Herr Peters,
vielen Dank für Ihre Frage. Ich kann derzeit nicht erkennen, dass sich vor der Ostküste Afrikas ein Flottenaufmarsch der NATO vollzieht, der einer künftigen Blockade des Iran dient. Hier gehen unsere Einschätzungen auseinander.
Auch halte ich die Piraterie in dieser Region keineswegs nur für "hanebüchene Geschichten", sondern für ein ernsthaftes Problem, das insbesondere in den vergangenen Monaten besorgniserregende Dimensionen erreicht hat. Im Oktober 2008 hat der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen die Staaten, die über die entsprechenden Kapazitäten verfügen, aufgefordert, mit der somalischen Übergangsregierung im Kampf gegen die Seeräuberei zusammenzuarbeiten und auch weiterhin Maßnahmen zum Schutz der Schiffskonvois des Welternährungsprogramms zu ergreifen, was für die Bereitstellung humanitärer Hilfe an die betroffene Bevölkerung in Somalia unerlässlich ist.
Ich halte die EU-Mission Atalanta für einen geeigneten Rahmen, der Bitte der Vereinten Nationen zur Piratenbekämpfung nachzukommen. Mit Atalanta werden die maritimen Kräfte und Fähigkeiten der NATO- und EU-Partner am Horn von Afrika unter dem Dach der EU gebündelt und einheitlichen Einsatzregeln und einem zentralen Kommando unterstellt. Die Alternative zu einer international koordinierten Herangehensweise wäre die unilaterale Absicherung von Handelswegen durch einzelne Staaten oder der Rückgriff auf private Sicherheitsunternehmen. Es gibt für Atalanta ein Mandat der Vereinten Nationen, bei der Mission es handelt sich um eine gemeinsame Aktion der EU und der Einsatz ist über Art. 24, Abs. 2 mit dem Grundgesetz vereinbar. Damit sind die rechtlichen und sicherheitspolitischen Voraussetzungen für eine deutsche Beteiligung weitestgehend erfüllt. Ich werde daher im Bundestag der deutschen Beteiligung zustimmen.
Kritisch zu beurteilen ist allerdings das Neben-, Durch-, und Gegeneinander der Missionen und der Bündnispartner. Neben der EU-Mission "Atalanta" und dem Einsatz im Rahmen der "Standing Maritime Group II" der NATO "zur Vertiefung der militärischen Zusammenarbeit mit den Anrainerstaaten" am Persischen Golf (FAZ 25.10.2008; Taz v. 28.10.2008) beteiligt sich die Bundeswehr am Horn von Afrika weiterhin mit Marineaufklärungsflugzeugen bzw. einer Fregatte und einem Versorgungsschiff am US-geführten Anti-Terrorkampf Operation Enduring Freedom, obwohl seit sieben Jahren am Horn von Afrika von den eingesetzten Marinekräften kein einziger terroristischer Zwischenfall registriert wurde. Wir halten es für sinnvoll, die Kräfte zu bündeln, indem wie vorgesehen der Einsatz der NATO zum Jahresende beendet wird und die deutschen OEF-Kräfte und die der maritimen Partner dauerhaft der EU-Mission Atalanta unterstellt werden.
Darüber hinaus ist es dringend geboten, sich stärker für die Beseitigung der Ursachen der Piraterie einzusetzen. Die Ursachen der Piraterie liegen an Land und die Übergangsregierung ist offenbar Teil des Problems. Zum Teil liegen die Ursachen aber auch in einer internationalen Fischereipolitik - nicht zuletzt der EU-Staaten-, die somalischen Fischern eine wichtige Lebensgrundlage entzieht. Dies darf keine Rechtfertigung für die kriminellen Taten sein. Aber das muss bei einer Beseitigung der Ursachen mit berücksichtigt werden. Wir können allerdings keine Initiativen erkennen, wie die Situation in Somalia mit Hilfe der internationalen Staatengemeinschaft zum Besseren gewendet werden soll. Die interfraktionelle Beschlussempfehlung, die aufgrund des grünen Antrags "Politische Lösungen sind die Voraussetzung für Frieden in Somalia" (Drs. 16/4759) im vergangenen Jahr verabschiedet wurde, hat die Bundesregierung bis heute nicht umgesetzt. Am morgigen Freitag werden wir den Antrag erneut in den Bundestag einbringen.
Mit freundlichen Grüßen
Krista Sager