Frage an Krista Sager von Dirk K. bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie
Sehr geehrte Frau Sager,
ich studiere an der Universität Hamburg und habe leider (wie wohl viele Studierende in anderen deutschen Städten auch) täglich mit überfüllten Hörsälen, knappen Seminarplätzen und demotivierten Lehrenden zu kämpfen. Die Ressourcen meiner Hochschule sind so knapp, dass sich manche Lehrende sogar dazu hinreißen lassen, Dinge wie z.B. "Eigentlich sind Sie viel zu viele, sie werden schon sehen, am Ende des Vordiploms werden wir mindestens 50% von ihnen rausgeprüft haben" offen in ihren Vorlesungen kundzutun. Ich frage mich nun folgendes:
Warum ist die Politik nicht dazu bereit, die Hochschulen finanziell besser zu unterstützen? Auf dem Arbeitsmarkt gibt es doch offensichtlich einen sehr großen Bedarf an Hochschulabsolventen. Warum wird von Seiten der Politik so wenig dafür getan, dass dieser Bedarf gedeckt werden kann?
Sehr geehrter Herr Kaminski,
Ihre Erfahrungen mit überfüllten Hörsälen, knappen Seminarplätze und demotivierten Lehrenden sind leider kein Einzelfall. Seit Jahren wird in Deutschland zu wenig in die Hochschulen investiert. 2008 lagen hierzulande die Ausgaben pro StudentIn bei 9.164 Euro und damit gut 16 Prozent unter dem OECD-Durchschnitt. Die Folgen beschränken sich nicht nur auf die von Ihnen beschriebene Ausstattung. Zugleich kommt der nötige Ausbau der Hochschulen nicht voran, damit mehr junge Leute als bisher studieren können.
Wir Grünen wollen stärker in die Hochschulen investieren. Jedem und jeder, der oder die studieren kann und will, soll ein adäquat ausgestatteter Studienplatz zur Verfügung stehen. Neben der Raum- und Sachausstattung gilt es vor allem, die Betreuungsrelation zu verbessern, damit bis 2015 auf 50 Studierende ein Professor bzw. eine Professorin kommt. Nach unserer Rechnung sind für den nötigen Ausbau der Hochschulen bis 2015 jährlich Mehraufwendungen von bis zu 10 Mrd. € nötig.
Wenn jetzt im Rahmen des Konjunkturprogramms II 8,66 Mrd. € für den Ausbau der Bildungsinfrastruktur bereitgestellt werden, so ist zu bedenken, dass dieser Betrag sich über zwei Jahre streckt und nur ein Bruchteil bei den Hochschulen ankommen wird, weil an ihm auch Schulen, Kindertagesstätten und die Forschung partizipieren sollen. Zudem dürfen die Mittel nur für bauliche und Sachinvestitionen eingesetzt werden, nicht jedoch für das ebenfalls erforderliche zusätzliche Personal.
Auf dem Bildungsgipfel im Herbst hätte die Möglichkeit bestanden, die gesamtstaatliche Finanzierung des nötigen Bildungsaufbruchs sicherzustellen. Doch leider hat sich der Gipfel mit der Absichtserklärung begnügt, bis 2015 sieben Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Bildung aufwenden zu wollen. Statt konkrete Bildungsziele und Finanzierungsanteile von Bund und Ländern zu vereinbaren, hat sich der Gipfel um Jahresfrist vertagt.
Wir Grünen halten den Bildungsaufbruch – nicht nur an den Hochschulen, sondern in allen Bildungsbereichen von der frühkindlichen Bildung bis zum Ausbau der Ganztagsschulen – für eine gesamtstaatliche Aufgabe. Wir wollen deshalb den Solidarzuschlag in einen Bildungssoli umwandeln. In den nächsten Jahren übersteigen die Einnahmen aus dem Soli die vereinbarten Verpflichtungen für den Aufbau Ost. Ein Teil dieser überschüssigen Mittel soll an besonders verschuldete Bundesländer gehen, damit sie ihrer Verantwortung im Bildungsbereich auch nachkommen können. Der andere Teil soll direkt in die Bildung fließen.
Darüber hinaus wollen wir den Investitionsbegriff ändern, damit Ausgaben für Bildung endlich auch haushaltsrechtlich als das verstanden werden, was sie sind: als Investitionen. Damit setzen wir dauerhafte Anreize, die Ausgaben für Bildung zu erhöhen.
Mit freundlichen Grüßen
Krista Sager