Frage an Krista Sager von Tom K. bezüglich Arbeit und Beschäftigung
Sehr geehrte Frau Sager,
in Hamburg tobt ein erbitterter Bewerbungskampf um Arbeitsplätze. Wieso werden Schwerbehinderte in Hamburg so katastrophal schlecht unterstützt und berücksichtigt und somit noch weiter benachteiligt?
Das Gleichsetzungsgesetz ist doch eine Farce und wird von Unternehmen und Betrieben in Hamburg völlig ignoriert. Das Arbeitsamt für Schwerbehinderte in Hamburg liefert fahrigen Dienst nach Vorschrift und verwaltet, statt gestaltet.
Ich freue mich auf Ihre konkrete Antwort.
Sehr geehrter Herr König,
keine Frage, Schwerbehinderte haben es auf dem Arbeitsmarkt wesentlich schwerer, nicht nur in Hamburg, sondern bundesweit.
Eine der Ursachen für die Arbeitsmarktsituation von Menschen mit Behinderung betrifft, wie sie zu Recht anmerken, die Einstellung der Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber und der Personalverantwortlichen. Sind sie nur unzureichend über die Fähigkeiten Schwerbehinderter und die vielfältigen Fördermöglichkeiten nach dem SGB IX informiert, können Vorurteile Bestand haben und dazu führen, auf die Anstellung eines schwerbehinderten Menschen zu verzichten. Um diesen Vorurteilen zu begegnen, bedarf es zukünftig mehr Kampagnen, wie die unter Rot-Grün durchgeführte, inzwischen aber längst abgelaufene Öffentlichkeitskampagne "50 000 Jobs für Schwerbehinderte" aus dem Jahr 2001. Solche Informationsoffensiven müssen langfristig gesichert und als gesamtgesellschaftliche Aufgabe angesehen werden.
Genauso wichtig sind aber barrierefreie und diskriminierungfreie Arbeitsplätze. Um die Benachteiligungen abzubauen und echte Teilhabe zu ermöglichen, bedarf es deshalb auch gesetzlicher Regelungen, die dann vor Ort umgesetzt werden müssen. Es ist beschämend, dass die Impulse für mehr Gleichstellung eher von den Vereinten Nationen und der Europäischen Union kommen als von der deutschen Regierung.
Wir Grünen wollen das Behindertengleichstellungsgesetz mit dem Ziel weiterentwickeln, dass künftig deutlich mehr barrierefreie Arbeitsplätze entstehen. Hierfür müssen die beiden zentralen Instrumente des Behindertengleichstellungsgesetzes - die Zielvereinbarung und die Verbandsklage - gestärkt werden. Auch die europarechtlichen Antidiskriminierungsrichtlinien müssen endlich vollständig umgesetzt, indem das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz entsprechend geändert wird. Unsere detaillierten Vorschläge zur besseren Teilhabe am Arbeitsmarkt können Sie in unserem Antrag "Gesamtkonzept zur beruflichen Teilhabe behinderter Menschen" nachlesen (Drs. 16/11207), den wir jüngst in den Deutschen Bundestag eingebracht haben, aber von der Großen Koalition und der FDP abgelehnt wurde.
In Hamburg kümmert sich um arbeitslose Schwerbehinderte neben der Agentur für Arbeit, für die ausschließlich der Bund zuständig ist, auch die team.arbeit Hamburg, also die lokale Arbeitsgemeinschaft aus der Arbeitsagentur und dem kommunalen Sozialamt.
Die team.arbeit Hamburg betreibt einen eigens auf die Zielgruppe Schwerbehinderte spezialisierten Jobcenter, deren MitarbeiterInnen speziell auf die Belange der Schwerbehinderten geschult, sowohl was die oft komplizierteren Leistungen zum Lebensunterhalt angeht als auch die schwierige Vermittlung in den Job. Die Spezialisierung haben wir Grünen unterstützt, auch wenn das zentrale Jobcenter für viele Schwerbehinderte längere Wege bedeutet. Zwischen Januar 2007 und Juli 2009 hat sich die Zahl der dort betreuten Schwerbehinderten (mehr als 50% schwerbehindert) von 2791 auf 2073 verringert. Nach Aussage der team.arbeit ist es gelungen, gerade in den letzten Jahren die Betreuung und Integration in Arbeit von Schwerbehinderten zu verbessern.
Auch die Agentur für Arbeit in Hamburg hat eigene Ansprechpartner für Schwerbehinderte mit dem Team Rehabilition/schwerbehinderte Menschen. Daneben gibt es für Schwerbehinderte mit akademischen Abschluss die Möglichkeit, sich direkt an die ZAV in der Zentrale der Agentur für Arbeit in Nürnberg zu wenden.
Das alles schließt natürlich nicht aus, dass die Betreuung durch die team.arbeit Hamburg oder die Agentur für Arbeit fehlerhaft oder unzureichend sein kann. Leider geht aus Ihrer Frage nicht hervor, welche Einrichtung sie kritisieren und in welchen Angelegenheit. Um Ihnen konstruktiv weiterhelfen zu können, würde ich Sie daher bitten, Ihre Kritik zu präzisieren. Kompetent weiterhelfen kann Ihnen sicherlich auch die Senatskoordinatorin für die Gleichstellung behinderter Menschen in Hamburg, Frau Antje Blumenthal sowie die "Arbeitsstelle Vielfalt", die gemäß der Vereinbarungen im schwarz-grünen Koalitionsvertrag jüngst ihre Arbeit aufgenommen hat. Die "Arbeitsstelle Vielfalt" wird die Umsetzung des Allgemeinen Gleichstellungsgesetzes in Hamburg begleiten, den Senat beim Abbau struktureller Diskriminierung beraten und an der Entwicklung von Gesetzen und Verwaltungsleitlinien mitwirken. Darüber hinaus bietet sie allen Hamburgerinnen und Hamburgern Informationen und Beratung zur Chancengleichheit an.
Mit freundlichen Grüßen
Krista Sager