Frage an Krista Sager von Johannes N. bezüglich Finanzen
Sehr geehrte Frau Sager,
was spricht eigentlich dagegen, das Steuersystem so zu vereinfachen wie es Herr Kirchhoff 2005 vorgeschlagen hat? Es kann doch kaum jemand bestreiten, dass unser deutscher Hang zum Versuch zur Fairness bei jeder auch noch so besonderen Spezialsituation in Summe letztlich zu einer großen Unfairness führt. Auch bei vielem Grübeln komme ich nur auf einen Grund weshalb es vermutlich so wirklich vereinfacht werden wird: Dass der Gesetzgeber ein solch mächtiges Instrument zur Einnahmensteuerung als klassisches Herrschaftsinstrument nicht aus der Hand geben möchte.
Es würde mich sehr interessieren, wie Sie das sehen
Beste Grüße,
J. Natterer
Sehr geehrter Herr Natterer,
ein einfaches Steuersystem ist nicht unbedingt auch ein gerechtes Steuersystem, ein kompliziertes – da haben sie ganz recht – aber auch nicht.
Wie die meisten Parteien streben auch wir Grünen eine Vereinfachung des Steuersystem an. Wichtig ist uns Grünen dabei aber, dass es echte Vereinfachung bringt, kleine und mittlere Einkommen entlastet, aber höhere Einkommen stärker heranzieht und alle Einkunftsarten gleich behandelt. Ein Modell wie das von Kirchhoff, durch das die höchsten Einkommen am stärksten entlastet worden wären, während Krankenschwestern, Briefverteiler oder Wachleute höhere Steuern gezahlt hätten, lehne ich ab.
Wir Grünen wollen den Grundfreibetrag auf 8.500 Euro und den Spitzensatz auf 45 Prozent (durch lineare Verlängerung des Tarifs) anheben. Alle Einkommen unterhalb des heutigen Spitzensteuersatzes werden daher nicht zusätzlich belastet. Wir wollen deutlich vereinfachen, dafür eine einheitliche Werbungskosten- und Betriebsausgabenpauschale von 2.000 Euro einführen (bisheriger Werbungskostenpauschbetrag für Arbeitnehmer 920 Euro) und das Ehegattensplitting zu einer Individualbesteuerung weiterentwickeln, die das Leben mit Kindern fördert. Damit werden die Steuerklassen III, IV und V überflüssig. Und wir wollen alle Einkunftsarten gleich besteuern, indem wir die sieben Einkunftsarten soweit wie möglich zusammenfassen. Das ist sozial gerecht, weil keine Einkunftsart besser gestellt werden soll.
Dass es jeder Regierung, egal welcher Couleur so schwer fällt, Steuern zu vereinfachen, liegt aber auch daran, dass hinter jedem Sondertatbestand eine eigne Interessengruppe steht, die meist sehr schlüssig begründen kann, warum ausgerechnet ihre Ausnahmeregel auf gar keinen Fall abgeschafft werden darf. Gerade diejenigen, die am meisten nach einfachen Steuern rufen, schreien zugleich am lautesten, wenn es darum geht, ihre eigenen Steuervorteile zu verteidigen. Denken sie etwa an das Ehegattensplitting oder die Besteuerung von Dienstwägen. Hinter dem, was sie als „noch so besondere Spezialsituation“ beschreiben, stehen manchmal mehrere Hunderttausend Haushalte, die negativ betroffen wären.
Die Gründe für steuerliche Ausnahmetatbestände sind allerdings beileibe nicht nur darin zu suchen, stets fair und gerecht sein zu wollen. Häufig geht es schlicht und ergreifend um Privilegien. Wussten Sie etwa, dass es die Seilbahnbetreiber geschafft haben, für Seilbahnfahrten nur noch den ermäßigten Mehrwertsteuersatz zahlen zu müssen? Zufälligerweise gilt diese Reduzierung seit dem 1. Januar 2008, also gerade rechtzeitig zur bayerischen Landtagswahl.
Mit freundlichen Grüßen
Krista Sager