Frage an Krista Sager von Michael J. bezüglich Arbeit und Beschäftigung
Warum ist aus Ihrer Sicht die Schere zwischen Arm und Reich in sieben Jahren rot-grüner Regierung noch grösser geworden?
Sehr geehrter Herr Jendrian,
vielen Dank für Ihre Frage. Der letzte Armuts- und Reichtumsbericht der Regierung hat in der Tat gezeigt, dass die Zahl derjenigen, die in Armut leben oder von Armut bedroht sind, gestiegen ist. Die Aussage "die Reichen werden immer reicher und die armen immer ärmer" greift aber dennoch zu kurz. Es stimmt, dass 2003 mehr Bürgerinnen und Bürger unter die Armutsgrenze fielen als 1998. Es trifft aber nicht zu, dass die Armen ärmer geworden wären. Die Bürgerinnen und Bürger, die von Armut betroffen sind, stehen sich heute besser als 1998. Das Einkommen des so genannten typischen Armen stieg zwischen 1998 und 2003 inflationsbereinigt um 6 Prozent. Die Armutsschwelle stieg von 825 Euro auf 938 Euro. Unter diese höhere Armutsgrenze fallen nun mehr Bürgerinnen und Bürger, deren Einkommen nicht so stark gestiegen sind wie die Einkommen der übrigen Bevölkerung. Dieses kleine Beispiel zeigt, wie differenziert man das Thema Armut betrachten muss.
Dennoch kann uns dieser Bericht nicht kalt lassen. Die Grünen haben bereits im Oktober 2004 auf ihrem Parteitag beschlossen, dass die Regelsätze von Sozialhilfe, Grundsicherung und ALG II noch 2005 überprüft und der Kostenentwicklung weiter angepasst werden müssen. Das ist aber "nur" die finanzielle Seite der Medaille. Armut geht über materielle Entbehrungen hinaus. Viel zu lange haben wir uns in diesem Land darauf beschränkt, darüber zu streiten, wie viel Geld und Güter arme Menschen brauchen und vor anderen Problemen die Augen verschlossen.Es geht uns auch darum, den Weg aus der Armut zu ebnen. Die Reformfrage lautet nicht nur, wie man das Sozialprodukt gerechter verteilen kann, sondern wie man möglichst für alle Bürgerinnen und Bürger, die in irgendeiner Weise aktiv sein können, die Möglichkeiten der Teilnahme am wirtschaftlich-sozialen, kulturellen und politischen Leben so verbessert, dass sie damit zugleich besser gegen Armut geschützt sind.
Mit freundlichen Grüßen
Krista Sager