Frage an Krista Sager von Andre K. bezüglich Arbeit und Beschäftigung
Sehr geehrter Frau Sager,
wenn Sie einmal wirklich ehrlich sind und nicht als Parteimitglied überlegen, müssen Sie mir doch zustimmen, dass keine Politik (abgesehen von einer Diktatur) Arbeitsplätze schaffen kann. Dies können nur die Unternehmer selbst. Sogenannte Rahmenbedingungen, die zu mehr Arbeitsplätzen führen sollen, gibt es nicht wirklich, weil sie nicht finanzierbar sind oder nur Arbeitnehmerrechte untergraben und in ihrer Wirkung sehr zweifelhaft sind (Im Osten ist die Lohnstruktur teilweise schon bei 4 -5 Euro und trotzdem stellt keiner diese Leute ein). Das Grundproblem, meiner Meinung nach, ist die Verabschiedung der Unternehmen aus ihrer gesellschaftspolitischen Verantwortung. Für einen Unternehmer heute zählt nur der Profit (Großunternehmer, DAX notierte Unternehmen fahren zur Zeit Gewinne ein wie noch nie, indem sie Arbeitsplätze vernichten ), und der Mittelstand und die Kleinunternehmer könne keine neuen Arbeitsplätze schafffen, weil ihnen die Aufträge fehlen, eine direkte Folge der schwachen Binnennachfrage, dies wiederum ein Folge der seit ca 6 Jahren sinkenden Reallöhne. Seit bestimmt 10 -15 Jahren wird den Arbeitgebern erzählt, wenn ihr nur lange genung auf Lohnerhöhung verzichtet, werden neue Arbeitsplätze geschaffen: Die Folge ca. 2 Millionen Arbeitslose mehr. Wie wollen die Grünen es schafffen, die Großunternehmen dazu zu bringen mehr Leute einzustellen und die Binnennachfrage wieder steigern?
Mit freundlichen Grüßen
Andre Keßler
Sehr geehrter Herr Keßler,
vielen Dank für Ihre e-mail. Sie haben vollkommen recht, dass in erster Linie nur Unternehmer Arbeitsplätze schaffen können. Richtig ist, dass wir eine schwache Binnennachfrage haben, die negative Auswirkungen auf die Konjunktur hat. Wahrscheinlich trifft es auch zu, dass durch Veränderungen in den Unternehmen die gesellschaftliche Verantwortung und die Verantwortung gegenüber den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern vor allem in großen Unternehmen eher in den Hintergrund getreten ist zugunsten der Interessen der share-holder. Nach wie vor ist aber die deutsche Wirtschaft stark mittelständisch geprägt und es gibt viele im In- wie Ausland erfolgreiche Mittelständler.
Sicher kann die Politik nicht versprechen, die Arbeitslosigkeit zu beseitigen. Trotzem bin ich durchaus der Meinung, dass die Politik die Entstehung und Sicherung von Arbeitsplätzen in gewissem Umfang beeinflussen kann. Das beweist auch ein Blick in unsere Nachbarländer. Im personalintensiven Dienstleistungssektor, bei Teilzeitarbeit und im unteren Lohnbereich sind vor allem die hohen Lohnnebenkosten ein zentrales Problem, das die Beschäftigungsschwelle höher ist als in anderen europäischen Ländern. Die Schere zwischen Brutto- und Nettoeinkommen wirkt hier besonders beschäftigungshemmend und führt zu unzureichenden Löhnen, wenig regulärer Beschäftigung und einem Abgleiten in die Schwarzarbeit. Andere Länder haben in diesen Bereichen wesentlich mehr Arbeitsplätze. Dieses Potenzial für neue Jobs wollen wir auch für unser Land vergrößern.
Deshalb wollen wir Beschäftigungsverhältnisse im unteren Einkommensbereich spürbar von Lohnnebenkosten entlasten. Statt die Lohnnebenkosten abrupt mit dem vollen Satz einsetzen zu lassen, wollen wir sie durch Zuschüsse ähnlich wie die Steuersätze mit zunehmendem Gehalt langsam ansteigen lassen. Viele Jobs werden erst so für Arbeitgeber und Arbeitnehmer überhaupt attraktiv, Schwarzarbeit lohnt sich nicht und die Beschäftigten sind trotz niedrigerer Sozialabgaben voll sozial abgesichert.
Außerdem kann die Politik durch eine Prioritätensetzung zugunsten von Bildung, Wissenschaft und Forschung, positiv auf die wirtschaftliche Dynamik und auf mehr Beschäftigung einwirken.
Mit freundlichen Grüßen
Krista Sager