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Kordula Schulz-Asche
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Frage von Peter K. •

Frage an Kordula Schulz-Asche von Peter K. bezüglich Wirtschaft

Sehr geehrte Frau Schulz-Asche,

ich bin Betroffener der Lehman-Pleite und arbeite in einer Selbsthilfeinitiative mit vielen anderen Betroffenen. Eine politische Initiative für die Betroffenen der Lehman-Pleite (Zertifikate) ist mir jedoch bislang nicht bekannt. Grund genug Sie um eine Stellungnahme zu bitten wie Sie den vielen Betroffenen mit politischen Mitteln helfen wollen. Nochmals zum Hintergrund die uns bekannten Fakten:
- ca. 40.000 Geschädigte (bundesweit), Schaden 700 Mio
- FRASPA 5000 Geschädigte 75 Mio Schaden
- Durchschnittsalter der Geschädigten 64 Jahre
- keine Absicherung durch Gesetz oder die „Einlagengarantie“ der Kanzlerin
- alle wollten eine einlagensichere Geldanlage und sind keine „Zocker“
Die Verursacher der Wirtschaftskrise bekommen aus unseren Steuergeldern Milliardenbeträge (aktuelle 80 Milliarden Soforthilfe als Banken HARZ IV). Wir bleiben auf unserem Schaden sitzen. Kein Geschädigter erwartet Wunder von der Politik. Aber 40.000 Menschen haben 700 Mio. Euro verloren und erwarten natürlich Unterstützung. 40.000 Menschen haben keinen aktiven Lobbyisten, der in regelmäßigen Abständen die Anliegen seines Klientels (ganz bestimmt ist auch das Finanzwesen dabei) vorträgt. Diese 40.000 Menschen haben aber alle ein Gesicht, zahlen Steuern und sind Wähler. Sie können aus diesem Grund der Politik weder als Menschen noch als wahlberechtigte Bürger egal sein. Daher folgende Fragen: Werden Sie daran arbeiten das Bankensystem politisch zu verändern. Setzen Sie sich aktiv für eine Umkehrung der Beweislast bei Beratungsstreitigkeiten ein? Was werden Sie tun um die Position der geprellten Anleger gegenüber den Banken zu stärken und einen Betrug der hier vorliegenden Größenordnung künftig zu vermeiden? Immerhin sind FRASPA und HELABA nicht völlig lösgelöst vom Land Hessen agierende Privatbanken. In den Trägerversammlungen und den Verwaltungsräten sitzen auch hessische Politiker. In diesem Sinne würde ich mich über eine wirkliche Antwort freuen.

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Kyritz,

Die GRÜNEN im Bundestag setzen sich schon seit langem für mehr Anlegerschutz ein, während die Große Koalition bisher die Interessen der Finanzbranche und insbesondere der Zertifikate-Anbieter als vorrangig ansah.

Durch Finanzmarktkrise und Lehman-Pleite treten nun die mit Zertifikaten verbundenen Risiken besonders hervor: So spiegelt die Bezeichnung "Garantiezertifikat" vor, dass am Ende der Laufzeit die investierte Summe "garantiert" zurückgezahlt wird. Bei der massenhaften Vermarktung von "Garantiezertifikaten" haben die Bankberater es allerdings häufig versäumt, ausreichend auf das Emittentenrisiko hinzuweisen: Wird der Emittent eines Zertifikats zahlungsunfähig, bleibt die Rückzahlung aus. Einen wesentlich besseren Schutz als Zertifikate bieten Fonds und Bankguthaben: Fonds bleiben als Sondervermögen auch nach der Insolvenz des Fondsanbieters erhalten; für Bankguthaben gilt die Einlagensicherung.

In Deutschland müssen nun umgehend klare Standards gesetzt werden, die auch in Europa als Maßstab dienen können. Nicht erst durch die Lehman-Pleite wurde deutlich, dass die Anlegerinnen und Anleger sich nach geltendem Recht nicht wirkungsvoll gegen falsche Beratung wehren können. Die GRÜNE Bundestagsfraktion fordert deshalb:
- Längere Verjährungsfristen, weil bei Finanzanlagen der Schaden oft erst nach vielen Jahren auftritt oder sichtbar wird.
- Eine umgekehrte Beweislast und präzise Dokumentationspflichten, damit die Finanzdienstleister zu einer seriösen Beratung gezwungen werden.

Speziell für Zertifikate fordert Gerhard Schick, der finanzpolitische Sprecher der GRÜNEN Bundestagsfraktion:
- Mindestanforderungen an die Kapitalausstattung bzw. die Bonität der Anbieter von Zertifikaten.
- Pflicht der Banken im Beratungsgespräch sowie in einem vereinfachten, rechtsverbindlichen Verkaufsprospekt deutlich auf das Emittentenausfallrisiko und daraus resultierende Folgen hinzuweisen.
- Ein verbessertes Frühwarnsystem bei Solvenzschwierigkeiten von Zertifikate-Anbietern, weil Bonitätsratings nicht aktuell genug informieren.
- Zumindest bei "Garantiezertifikaten" eine Eigenkapitalunterlegung in bestimmter Höhe, damit die so genannte Auszahlungsgarantie des investierten Anlagekapitals besser abgesichert wird.
- Eine pragmatische Kulanzlösung für die gegenwärtig betroffenen AnlegerInnen von Lehman-Zertifikaten.

In Hessen war die GRÜNE Landtagsfraktion im September 2008 federführend daran beteiligt, das Sparkassengesetz zu novellieren. Im Zuge dieser Gesetzesänderung haben wir die Aufsichtsrechte der Sparkassenverwaltungsräte in zahlreichen Punkten gestärkt. Unter anderem haben Verwaltungsräte jetzt das Recht, externe Sachverständige hinzuziehen, um die Geschäftspolitik der Sparkasse zu beurteilen. Natürlich müssen die in Sparkassenverwaltungsräte entsandten Politikerinnen und Politiker ihre Verantwortung ernst nehmen. Dazu gehört aber auch, dass sie die Voraussetzungen und Instrumente für eine effektive Überwachung der Bankgeschäfte vorfinden.

Generell gilt: Wie bei Lebensmitteln müssen die Kunden auch bei Finanzprodukten darüber informiert werden, aus welchen Elementen sie bestehen und welche Risiken sie mit sich bringen - eigentlich eine pure Selbstverständlichkeit für das Bankgeschäft.

Mit freundlichen Grüßen, Kordula Schulz-Asche

Kordula Schulz-Asche

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