Welche Strategien gegen Sekten verfolgen die Grünen und wie wird auch in der Ampel-Koalition gegen Sekten vorgegangen werden?
Sehr geehrter Herr L.,
vielen Dank für Ihre Anfrage und das damit verbundene Interesse an meiner Arbeit. Über beides freue ich mich sehr.
Der Begriff der "Sekte" wird nicht einheitlich verwendet. Die Religionswissenschaft bezeichnet als eine Sekte eine religiöse oder weltanschauliche Gruppe, die sich inhaltlich und strukturell von einer größeren Religions- oder Weltanschauungsgemeinschaft abgespalten hat. Umgangssprachlich werden als Sekten hingegen bestimmte Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften bezeichnet, die als gefährlich wahrgenommen werden – beispielsweise wegen kultischen Ritualen oder Praktiken.
Wir leben in einer pluralistischen Gesellschaft – auch in religiöser und weltanschaulicher Hinsicht. Das bedeutet, dass neben den Gemeinschaften der großer Weltreligionen auch zahlreiche kleinere Gruppen unterschiedlichster Glaubensausrichtungen existieren. Die religiös- und weltanschauliche Neutralitätspflicht des Staates verbietet es, sich ohne sachlichen Grund gegen diese Vielfalt zu richten. Der Staat hat im Grunde die Entscheidung über den eigenen Glauben, das Bekenntnis zu dem gewählten Glauben und die Ausübung des Glaubens zu respektieren. Es gilt die in unserer Verfassung verbürgte Religions- und Weltanschauungsfreiheit zu schützen. Ein Eingriff in dieses Grundrecht bedarf einer unmittelbaren verfassungsrechtlichen Legitimation. Diese Legitimation kann sich wiederum daraus ergeben, dass der Staat seiner Pflicht zum Schutz der Menschenwürde oder der Gesundheit der Bürgerinnen und Bürger nachkommen muss (vgl. BVerwG, Beschluss vom 13. März 1991 – 7 B 99/90 – “Jugendreligionen/Jugendsekten”). Ob und inwiefern ein staatliches Einschreiten zulässig und geboten ist, kann nur für den konkreten Einzelfall beantwortet werden.
Beste Grüße nach München!
Konstantin v. Notz