Portrait von Konstantin von Notz
Konstantin von Notz
Bündnis 90/Die Grünen
93 %
140 / 151 Fragen beantwortet
Frage von Jörg R. •

Frage an Konstantin von Notz von Jörg R. bezüglich Recht

Sehr geehrter Herr von Notz,
auf ihrem Bundesparteitag 2020 haben die Grünen mehrheitlich als Ziel ein komplettes Sportwaffenverbot beschlossen. Dieses Verbot ("tödliche Waffen") wird alles erfassen, was ein Geschoss aus dem Lauf treibt - vom Luftgewehr (auch das kann ggf. töten) über (noch) frei erhältliche Replikas historischer Waffen bis hin zum Klein- und Großkaliber-Gewehr.
Frage: Wie sieht es mit einer Entschädigung des zur Einziehung und Vernichtung vorgesehenen Eigentums aus? Sehen Sie hier Regelsätze, Zeitwert, Wiederbeschaffungswert oder gar keine Entschädigung vor ("Pech gehabt")? Einen alternativen Verkauf von Schützenwaffen an Jäger wird es so nicht geben können.
Rechtsstaatliche Demokratien (Neuseeland, Australien) hatten hier "Rückkaufprämien" vorgesehen.
Im voraus vielen Dank für die Beantwortung dieser fundamentalen Frage!

Portrait von Konstantin von Notz
Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Reisenweber,

herzlichen Dank für Ihre Frage und Ihr Interesse an meiner Arbeit. Über beides habe ich mich sehr gefreut. Als grüne Bundestagsfraktion haben wir uns in den vergangenen Jahren intensiv mit dem Thema beschäftigt und mehrfach umfassende parlamentarische Initiativen hierzu vorgelegt. Federführend bearbeitet wird das Thema „Waffenrecht“ von meiner Kollegin, der innenpolitischen Sprecherin der Fraktion, Irene Mihalic. Auf gruene-bundestag.de finden Sie unter diesem Stichwort alle unsere Initiativen und umfassende Begleittexte.

In Deutschland gibt es rund 5,4 Millionen legale (Stand 2019) und schätzungsweise 20 Millionen illegale Waffen. Diese illegalen Waffen stellen weiterhin ein hohes Risiko dar und müssen mit aller Konsequenz aufgespürt werden, um mehr Sicherheit zu gewährleisten. Hierfür braucht es endlich auch intensivere und effektivere Kontrollen. Die Bundesregierung darf sich hier nicht länger wegducken, sondern muss endlich entschlossener gegen sämtlichen illegalen Waffenbesitz vorgehen.

Doch nicht nur durch illegale Waffen sterben jedes Jahr Menschen, sondern etwa auch beim Hantieren mit legalen Waffen oder durch schreckliche Taten, wie zum Beispiel dem Amoklauf von Winnenden oder den Terroranschlag von Hanau, bei dem 10 Menschen ermordet wurden. Es gilt, die richtigen Konsequenzen aus diesen Taten zu ziehen und beispielsweise zu verhindern, dass Waffen legal in die Hände von Menschen kommen, die zum Führend nicht geeignet sind.

Die Gefahren sind durchaus vielschichtig. Weiterhin geht beispielsweise eine sehr große Gefahr für unsere Sicherheit von einer hohen Zahl gewaltbereiter Rechtsextremisten unter Waffen aus. In der jüngsten Vergangenheit wurden bei Durchsuchungen und Festnahmen Hunderte scharfe Waffen, Schnellfeuergewehre und Zehntausende Schuss Munition gefunden. Waffen in den Händen Rechtsextremer sind eine erhebliche Gefahr für Leib und Leben und unsere freiheitliche Demokratie. Die Entwaffnung dieser verfassungsfeindlichen Szene muss mit aller Entschlossenheit durchgesetzt und vorangetrieben werden. Auch braucht es etwa unter anderem eine klare Haltung was ein Verbot von Schusswaffen, die leicht in automatische Waffen umgebaut werden können, anbelangt. Und wir müssen etwa auch steigende Gefahren, die es mit Blick auf die Herstellung funktionsfähiger Waffen aus 3D-Druckern und Bauplänen aus dem Netz gibt, im Blick behalten.

Das Waffenrecht hat die wichtige Aufgabe, Gefahren, die den Menschen und unserem Gemeinwesen durch die Verfügbarkeit bestimmter gefährlicher Waffen drohen, möglichst im Vorfeld zu begegnen.
Lassen Sie mich unmissverständlich klarstellen: Natürlich gibt es durchaus auch Bereiche, in denen der private Besitz von Schusswaffen weiterhin notwendig und sinnvoll ist und daher erlaubt sein muss. Solche Ausnahmen sind zum Beispiel etwa für Jägerinnen und Jägern angezeigt. Bei den notwendigen Tätigkeiten im Jagdwesen kommt man schlicht nicht um den gezielten Waffeneinsatz gegen Tiere umhin, etwa, um den Wildbestand zu dezimieren und so die Natur zu schützen.

In ihrem Grundsatzprogramm haben wir Grüne gerade unsere grundsätzliche Haltung zu tödlichen Schusswaffen formuliert. Die Passage, auf die Sie sich beziehen, ist mehr als Antwort auf die Frage, ob der Schließsport in den kommenden Jahrzehnten noch uneingeschränkt mit Waffentechnik des letztens Jahrhundert betrieben werden sollte, zu verstehen. Bitte beachten Sie dabei: Das grün Grundsatzprogramm beschreibt langfristige Ziele und entwickelt entsprechende Leitbilder. Mit welchen konkreten Schritten das im Grundsatzprogramm festgeschriebene Ziel verfolgt wird, wird die Partei in ihrem Programm zur Bundestagswahl 2021 formulieren.

Ich hoffe, dass ich Ihnen mit dieser Antwort weiterhelfen und unser grundlegendes Verständnis und Verhältnis zu Waffen näher darlegen konnte.

Mit den besten Grüßen nach München!
Konstantin v. Notz

Was möchten Sie wissen von:
Portrait von Konstantin von Notz
Konstantin von Notz
Bündnis 90/Die Grünen