Sollte man nicht das persönliche Risikomanagement der Pflegefachkräfte und ihr im Grundgesetz verbrieftes Recht auf körperliche Unversehrtheit auch gerade im Hinblick auf Ihre Leistung respektieren?
Sehr geehrter Herr Kuhle,
in der der Sendung "Viertel nach acht" sprechen sie von der Bekämpfung des Pflegenotstandes durch die einrichtungsbezogene Impfpflicht, da ja diese auch auf Grund einer schweren Corona Erkrankung ausfallen würden. Bedingt durch den kleinen Pik's sind inzwischen im Sicherheitsbericht des PEI 29.786 schwere Verdachtsfälle sowie 2.255 Verdachtsfallmeldungen mit tödlichem Ausgang eingegangen ! Wir haben am Tag Ansteckungsraten von bis zu 240000 Personen in Deutschland und 500000 Personen in Frankreich. Wo ist den hier bitte der Schutz vor Ansteckung durch die verringerte Infektiosität gerade auch in Bezug auf den Booster ? Man müsste ja immer wieder nachimpfen um überhaupt noch eine Wirkung zu erzielen so zu sagen in der Dauerimpfschleife mit einem Impfstoff von 2020 Langzeitfolgen unbekannt. Omikron hat die Lage doch völlig verändert, überwiegend leichte Verläufe. Als Bürger hoffe ich immer noch auf eine sachbezogene Politik und
nicht am festhalten von Dogmen.
Sehr geehrter Herr. B.,
vielen Dank für Ihre Anfrage zum Thema der einrichtungsbezogenen Impfpflicht. Gerne möchte ich Ihnen darauf antworten.
Insbesondere zu Beginn der Corona-Pandemie mussten wir beobachten, dass besonders Alten- und Pflegeheime häufig von weitreichenden Corona-Ausbrüchen betroffen waren. Viele der dort lebenden Menschen hatten keinerlei Möglichkeit, sich gegen das Virus zu schützen. Die Todeszahlen in diesen Einrichtungen waren dementsprechend hoch.
Diese Erfahrung bringt die Politik in die Pflicht, effektive und verhältnismäßige Maßnahmen zum Schutz insbesondere von vulnerablen Gruppen zu ergreifen.
Sie stellen zurecht fest, dass jede und jeder Einzelne das verfassungsrechtlich garantierte Recht auf körperliche Unversehrtheit hat. Dieses Grundrecht gilt jedoch wie auch alle anderen Grundrechte nicht schrankenlos, sondern konkurriert in bestimmten Konstellationen mit den Grundrechten anderer Personen. Dies wird am Beispiel der einrichtungsbezogenen Impfpflicht besonders deutlich.
Die dort arbeitenden Menschen tragen eine besondere Verantwortung dafür, zum Schutz vulnerabler Gruppen und deren körperlicher Unversehrtheit beizutragen.
Die bisherigen wissenschaftlichen Erkenntnisse zur Impfkampagne zeigen, dass die in Deutschland verwendeten Impfstoffe nicht nur gut gegen einen schweren Verlauf einer COVID-19-Erkrankung schützen, sondern auch das Risiko einer Weiterverbreitung des Virus deutlich reduzieren.
Selbstverständlich hat bei der Entscheidung über die Einführung einer einrichtungsbezogenen Impfpflicht auch die Frage eine Rolle gespielt, ob mit der Impfung auffällig häufige Nebenwirkungen einhergehen.
Das Paul-Ehrlich-Institut analysiert gemeldete Verdachtsfälle fortlaufend und kommt aufgrund der dadurch ermittelten Zahlen zu dem Ergebnis, dass „für keinen der vier bisher in Deutschland eingesetzten COVID-19-Impfstoffe ein Risikosignal“ begründet ist (Paul-Ehrlich Institut: Sicherheitsbericht. Verdachtsfälle von Nebenwirkungen und Impfkomplikationen nach Impfung zum Schutz vor COVID-19 seit Beginn der Impfkampagne am 27.12.2020 bis zum 30.11.2021, S. 10). Die betroffenen Berufsgruppen werden also keinem unzumutbaren Risiko durch die Impfung ausgesetzt.
Das Bundesverfassungsgericht hat mit Beschluss vom 10. Februar 2022 den Antrag auf Außervollzugsetzung der einrichtungsbezogenen Impfpflicht abgelehnt und damit zum Ausdruck gebracht, dass diese einer verfassungsrechtlichen Überprüfung standhält und keinen ungerechtfertigten Eingriff in die Grundrechte der Betroffenen darstellt.
Ich hoffe, Ihnen eine zufriedenstellende Antwort gegeben zu haben. Für weitere Rückfragen stehe ich Ihnen gerne unter konstantin.kuhle@bundestag.de zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen,
Konstantin Kuhle