Frage an Klaus Wowereit von Joachim K. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Wowereit,
Ihre Antwort zum Thema GEZ-Gebühren auf PCs (und andere internetfähige Geräte) an einen der Vorposter hinterließ noch Klärungsbedarf, den ich durch einige rhetorische Fragen einführen möchte:
Angenommen, ich persönlich beschließe morgen, ein Fernseh- oder Radioprogramm ins Internet einzuspeisen, denken Sie, ich habe Aussichten, für dessen Finanzierung von sämtlichen Bewohnern Deutschlands zwangsweise Gebühren einzuziehen, während die restliche Weltbevölkerung, so sie geneigt ist, mein Programm kostenlos empfangen kann, so sie das Internet nutzt?
Wenn mein Programminhalt durch belanglose Talk- und Kochshows, Seifenopern, fröhliche Musikantentreffs, Richter-, Krankenschwester-, Ärzte- und Traumschiffsendungen, pseudodiskursive regierungsnahe Politforen geprägt ist, und ich zum `Ausgleich` Informationssendungen erst spät am Abend oder nach Mitternacht ausstrahlen lasse, und diese zeitlich kürze, meinen Sie, ich könnte dies als Auftrag und Verpflichtung bezeichnen und so meine Chancen auf Einzug eines Zwangsobolus erhöhen?
Wie aber, und hier beginnt der Ernst meiner Frage, wäre es, wenn ich diverse Programmgremien einrichte, in die Politiker aufgenommen werden, dazu noch einige Pfaffen, Frauenaktivistinnen und GewerkschaftlerInnen, und diese Gremienmitglieder fürstlich entlohne, und Ihnen zudem die Möglichkeit einräume, ihrem (größtenteil kleinkarierten) Sendungsbewußtsein durch die Gestaltung meines Programms frönen zu können? Wie lange, würde es dauern, bis meine Gremien auf die Idee kommen, ihrem lustigen Treiben durch die politische Verordnung einer Zwangsabgabe für ihr Programm auf die Sprünge zu helfen?
Mit ihm verbandelte und Debile mögen den öffentlich-rechtlichen Rundfunk qualitativ hochwertig nennen, was aber, Herr Wowereit, ist mit jenen, die auf dies miserabel hohle Programm verzichten wollen, und gleichwohl moderne Technik schätzen? Heißt Freihet: trotzdem zahlen? Weshalb stimmen Sie dieser entwürdigenden Geldmacherei zu?
Sehr geehrter Herr Koch,
die Notwendigkeit eines öffentlich-rechtlichen Rundfunks sowie der Anspruch an die Politik, diesen in seiner Existenz - auch finanziell - zu sichern, beruhen auf zahlreichen Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts. Diese wiederum leiten sich ab aus dem Artikel 5 des Grundgesetzes, der die verschiedenen Kommunikationsfreiheiten, darunter die Rundfunkfreiheit, schützt und ihren Bestand garantiert.
Ich bin, trotz Ihrer Programmkritik, der Meinung, dass die öffentlich-rechtlichen Sender ihren Grundversorgungsauftrag nach wie vor erfüllen. Die Finanzierungsgrundlage, die die Anstalten dafür benötigen, geht ebenfalls auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichtes zurück. Auch wer lediglich eines der verschiedenen Empfangsgeräte bereithält muss nach geltenden Regelungen die Rundfunkgebühr entrichten. Eine Kontrolle der tatsächlich genutzten Sender wäre in Anbetracht der Masse an Zuschauern weder realisierbar noch wünschenswert. Daher wurde die vorliegende Rechtsgestaltung gefunden, die eben alle potentiellen Zuschauer miteinbezieht - auch wenn diese den Angeboten der öffentlich-rechtlichen Sender ablehnend gegenüberstehen. Zudem ist im Zuge zunehmender Medienkonvergenz zu beachten, dass nicht mehr nur Fernseher als "Empfangsgeräte" genutzt werden. Die Medienpolitik muss angesichts dieser Entwicklung umsetzbare Finanzierungskonzepte finden. Die Intendanten der ARD haben nun einen Vorschlag erarbeitet, der eine Gebühr von 5,52 Euro für internetfähige PCs und Handys vorsieht. Auch dieses Modell muss aber erst eine Prüfung durch die Bundesländer durchlaufen. Das wird in den kommenden Wochen geschehen.
Mit freundlichen Grüßen
Klaus Wowereit