Frage an Klaus Wowereit von Karsten S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Wowereit,
vielen Dank für Ihre Antwort.
Natürlich gebe ich Ihnen Recht, dass man mit dieser Wochenzeitung kritisch umgehen sollte. Aber einen Punkt meiner Frage haben Sie offen gelassen: Bei aller Kritikwürdigkeit dieser Zeitung und einiger Artikel in diesem Blatt sehe ich durchaus darin eine Chance unterschwellig an die Leser heranzukommen.
Ich muss Ihnen ganz ehrlich sagen, dass ich sehr zweifle, dass irgendeine "Aktion gegen rechts" Leute aus gewissen Kreisen herauslösen kann. Es gibt da Einzelfälle, das ist unbestritten. Aber im Großen Maße könnte dies doch durchaus durch die Nutzung dieses Mediums versucht werden. Es ist durch interessant, dass immer wieder Politiker unterschiedlicher Richtung - sogar aus dem Ausland, wie z.B. Alexander van der Bellen (Grüne) oder Helmut Zilk (SPÖ)! -, Vertreter unterschiedlicher Religionsgemeinschaften und auch Vertreter aus dem Kulturbereich sich dazu bereit finden, dieser Zeitung für ein Interview zur Verfügung zu stehen. Ich denke, dass viele davon gewiß nicht irgendwelchen Tricks der Redaktion zum Opfer gefallen ist, wie Sie in Ihrer Antwort angedeutet haben, sondern durchaus Absichten gehabt haben dürften. Genauso erinnere ich mich aber auch, wie die Redaktion Udo Voigt ziemlich angegangen hat im Interview.
Glauben Sie, dass man diese Chance vergeben und noch eine Tür zuschlagen soll, durch die man Leute wieder auf die demokratische Seite locken könnte?
Viele Grüße,
Karsten Schulze
Sehr geehrter Herr Schulze,
Kooperationen mit solchen Zeitungen wie der "Jungen Freiheit" erscheinen mir nicht als der richtige Weg, um Rechtsradikalismus in Deutschland zu bekämpfen. Es muss uns vor allem darum gehen, Menschen dank präventiver Arbeit und umfassender Aufklärung davon zu abzuhalten, überhaupt erst in rechten Kreisen aktiv zu werden und sich gegen die Demokratie zu stellen.
Allen Anhängern rechter Parteien und Gruppierungen sollten wir vereint zeigen, dass sie eben nicht die Unterstützung der Mehrheit in unserer Gesellschaft haben. Dabei halte ich es für wenig wirkungsvoll, sich auf das "Spiel" der Rechten und ihrer Medien einzulassen. Wer solchen Blättern ein Interview gibt, weiß nicht, in welchen Kontext die Aussagen gestellt werden - beispielsweise durch redaktionelle Kommentare, Aufmachung, andere Interviews oder Seitengestaltung.
Vertreter der Politik sind allerdings nicht die einzige gesellschaftliche Gruppe, von der ich fordere, Gesicht zu zeigen gegen Rechts. Auch die Wählerinnen und Wähler können mit ihrer Stimme deutlich machen, dass solche Positionen, wie sie die extreme Rechte vertritt, keine Chance in unserer Demokratie haben. Deshalb ist es wichtig, bei den Berliner Wahlen vom eigenen Stimmrecht Gebrauch zu machen und den Einzug rechter Parteien in das Abgeordnetenhaus oder die Bezirksverordnetenversammlungen zu verhindern.
Mit freundlichen Grüßen
Klaus Wowereit
Sehr geehrter Herr Schulze,
Ihre Anfrage ist leider nicht per Mail weitergeleitet worden. Zwar werden nach den Beschlüssen der Föderalismusreform die jeweiligen Länder für die Beamtenbesoldung zuständig sein, jedoch ist schon jetzt abzusehen, dass sowohl länderübergreifend als auch in Bezug auf die Bundesbeamten über einige dringende Neuerungen Einigkeit besteht: So soll etwa die Besoldung stärker leistungsorientiert erfolgen.
Die Reform der Beamtenbesoldung ist für mich schon seit Jahren ein relevantes Thema. Das können Sie auch anhand meines Engagements im Bundesrat nachvollziehen. Alle Länder stehen meines Erachtens vor ähnlichen Problemen: Wir wollen die Beschäftigung in den öffentlichen Bereichen sichern, aber wir müssen auch mit den Personalkosten umgehen. Wer betriebsbedingte Kündigungen oder härtere Maßnahmen vermeiden will, braucht Flexibilität. Diese erhalten die Länder, wenn man ihnen die Möglichkeit gibt, die Besoldung abweichend zu regeln.
Während einer Übergangsfrist gelten weiterhin die Bestimmungen nach dem Bundesbesoldungsgesetz. Die Länder arbeiten jetzt an der Umsetzung der Reformbeschlüsse. Dazu müssen ein Landesbesoldungs- und ein Landesversorgungsgesetze sowie eine Vielzahl weiterer Nebengesetz vorbereitet werden. Wir befinden uns hier am Anfang eines Prozesses. Klar ist für mich allerdings, dass die Beschäftigten des Landes Berlin mit dem Solidarpakt gezeigt haben, dass sie das in ihren Kräften stehende zu leisten bereit sind und dass die Schmerzgrenzen in einigen Bereichen erreicht sind. Mein Ziel ist es nicht, nach 2009 die Beamtenbesoldung zu reduzieren und die Arbeitszeit von Beamten heraufzusetzen. Bei der momentanen Prognose der finanziellen Lage des Landes Berlin wird dazu auch im Jahr 2009 keine Notwendigkeit bestehen. Allerdings gebietet es die Fairness, an dieser Stelle keine Versprechen abzugeben, die man nicht halten kann. Daher behalte ich mir vor, wenn es die Situation erfordert die Besoldung von Beamten zu verändern, d.h. ggf. zu erhöhen oder zu reduzieren.
Einige Detailfragen lassen sich beim derzeitigen Stand nicht beantworten. Ich bin aber auch nach dem Wahlkampf erreichbar. Dazu gibt es auf meiner persönlichen Internetseite www.klaus-wowereit.de ein Kontaktformular.
Mit freundlichen Grüßen
Klaus Wowereit