Frage an Klaus Wowereit von Anja K. bezüglich Bildung und Erziehung
Sehr geehrter Herr Wowereit!
Als Mutter von zwei Kindern und Lehrerin betrachte ich die Schulreform insgesamt eher mit kritischem Blick. In Teilen erachte ich sie als gelungen, die Güte leidet aber meines Erachtens nach sehr unter der dadurch entstandenen Überlastung der Lehrkräfte und auch der Schulkinder, gekoppelt mit fehlenden durchdachten Konzepten.
Da Sie als Kandidat meines Wahlkreises zur Verfügung stehen möchte ich Sie bitten folgende Frage selbst zu beantworten oder an Herrn Böger weiter zu leiten.
Neben vielerlei Details interessiert mich nämlich ein Aspekt besonders, da ich eine Tochter im letzten Durchgang mit 13 Jahren schulischer Ausbildung habe. Ich möchte wissen, wie Sie sich die Organisation und Durchführung des Abiturjahrganges vorstellen, in dem zwei Jahrgänge geprüft werden. Mich wundert in diesen Zusammenhang sehr, dass hier keine Übergangslösung thematisiert wird, zumal man abgesehen von der doppelten Belastung der Lehrkräfte zwei Jahrgänge zugleich auf den Arbeits- und Studienmarkt schickt.
Mit freundlichem Gruß
Anja Kubicki
Sehr geehrte Frau Kubicki,
Wir haben in den vergangenen Jahren tatsächlich zahlreiche Reformen für das Berliner Schulwesen durchgesetzt. Von den Lehrerinnen und Lehrern wurde dabei großer Einsatz gefordert, die vielfältigen Neuerungen in der täglichen Praxis umzusetzen. Diese Bereitschaft, sich für notwendige Änderungen an unseren Schulen zu engagieren, weiß ich zu schätzen. Nach Pisa konnte unsere Devise nicht einfach "Weiter so!" lauten. Berliner Schüler müssen so früh wie möglich von den Erkenntnissen profitieren, die uns die Bildungsforschung in den letzten Jahren lieferte. Jedes Jahr, das wir ohne entsprechende Reaktionen verstreichen lassen, wäre sicher auch im Sinne der betroffenen Eltern ein Jahr zuviel.
Erstmalig werden im Schuljahr 2011/2012 Abiturienten nach 12 Jahren die Schule verlassen. Für die Durchführung der Prüfungen erwarte ich keine besonderen Schwierigkeiten. Zum einen sind die Schülerzahlen seit Jahren rückläufig, so dass wir es schon in den kommenden Jahren mit kleineren Jahrgängen zu tun haben. Außerdem sieht das Schulgesetz eine Straffung und Zentralisierung der Abiturprüfungen vor. Die schriftlichen wie mündlichen Prüfungen werden so als kompakte Blöcke vor den Osterferien bzw. zu Beginn des Monats Juni organisiert. Darüber hinaus gilt die 12-jährige Schulzeit zwar als Regelfall, an Gesamtschulen wird es jedoch weiterhin möglich sein, das Abitur nach 12 oder 13 Jahren abzulegen. Auch berufliche Gymnasien behalten eine 13-jährige Schullaufbahn bei. Es wird also zu keinem Zeitpunkt eine derart große Abiturientenzahl geben, dass die entsprechenden Prüfungen zum organisatorischen Härtefall werden.
Mit freundlichen Grüßen
Klaus Wowereit