Frage an Klaus Wowereit von Thomas Z. bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie
Sehr geehrter Herr Wowereit,
Sind Sie nicht auch der Meinung, dass sich Berliner Touristen vor Antritt ihrer Urlaubsreise eingehend über die natürlichen und gesellschaftlichen Bedingungen und Gepflogenheiten an ihrem Reiseziel informieren sollten.
Sind Sie nicht auch der Meinung, dass die Belegschaft erfolgreicher Berliner Unternehmen über die Standortbedingungen der internationalen Konkurrenz informiert sein sollte, um im globalen Wettbewerb zu bestehen.
Sind Sie nicht auch der Meinung, dass die Berliner ihre Partner in der 27er EU eingehend kennen sollten.
Wenn Sie all diese Fragen mit „Ja“ beantworten können, dann ist das ein klares Bekenntnis zu einem anspruchsvollen Geografieunterricht in Berlin.
Aber dieser Anspruch ist nach den Stundenkürzungen in Geografie nicht zu realisieren.
Vor fast 200 Jahren wurde in unserer Stadt die erste Professur für Geografie eingerichtet und in diesem Frühjahr der Unterricht in diesem Fach für alle Schüler der Jahrgänge 1994 und jünger um 96 Unterrichtsstunden gekürzt.
Sie sind Bürgermeister der Stadt der Gebrüder Humboldt, des Wirtschaftsgeografen Alfred Rühl und des Eiszeitforschers Albrecht Penck, aber auch mitverantwortlich für diese Entscheidung die geografischen Fachkompetenzen der Berliner Schüler und Schülerinnen einzuschränken.
Wie können Sie diesem Widerspruch erklären?
Mit freundlichen Grüßen Thomas Zehrer
Sehr geehrter Herr Zehrer,
zu Ihren Fragen in Bezug auf den Erdkundeunterricht finden sich hier bereits mehrere Antworten von mir. Deshalb möchte ich hier zusammenfassend nur noch einmal darauf verweisen, dass eben nicht jeder Schüler, jede Schülerin in Berlin künftig weniger Wochenstunden im Fach Erdkunde besuchen wird. Die jeweilige Profilbildung der Schule ist hier entscheidend - sie wird innerhalb der zuständigen Schulkonferenz beschlossen. Will die Schule einen gesellschaftswissenschaftlichen Schwerpunkt setzen, so kann sie das Fach Erdkunde weiterhin mit zwei Wochenstunden erteilen lassen. Im Übrigens zeigt sich nach den ersten Erfahrungen in diesem Jahr, dass Geografie häufig für die Präsentationsprüfung im Mittleren Schulabschluss gewählt wurde.
Zudem ist Geographie nicht das einzige Fach, das die von Ihnen genannten Wissensbereiche vermitteln soll. Wirtschaftsgeographie oder Europäisierung sind beispielsweise als Themenfelder innerhalb des Politikunterrichtes der Oberstufe vorgesehen. Interkulturelle Kompetenz wird durch den neu eingeführten Werteunterricht gestärkt.
Mit freundlichen Grüßen
Klaus Wowereit