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Frage von Martina K. •

Frage an Klaus Wowereit von Martina K. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Lieber Herr Wowereit.
Zur Antwort auf Herrn Königs Email: Leider wurden erst nachdem „das Kind in den Brunnen gefallen war“, klare Regeln für Demonstrationen aufgestellt. Herr Körting hat erst nach der beschämenden Demonstration Ende Juli das Herumtragen von Nasrallah-Porträts verboten.
Die Innenverwaltung hat nun erklärt, dass Werbung für die Hisbollah ab sofort verboten sei. Ich frage mich, ob bei einem Ladenlokal nicht aufgrund von Publikumsverkehr ein semi-öffentlicher Raum entsteht, auf den der Staat in Zeiten zunehmender Segregation und Terrorbereitschaft besser ein Auge werfen sollte? Es sei die Frage erlaubt: Darf der Marktleiter des Edeka um die Ecke ein Porträt von Hitler über die Gemüsetheke hängen?
Warum wird immer so spät und träge reagiert? Wie sieht es mit einem klaren Konzept aus, Integrationsverweigerung zu sanktionieren? Die Anforderungen in Sachen Integration sind klar formuliert, sie liegen seit geraumer Zeit auf jedem politischen Tisch.
Immer wieder ist von Geben die Rede und von einer Bringschuld der Gesellschaft. Viel zu wenig bzw. gar nichts aber von Nehmen, Einfordern von Leistungen der migrantischen Bevölkerung und was getan werden muss, wenn dies ganz offensichtlich und willentlich nicht geschieht. Wir denken immer noch, dass wir Integration durch zusätzliche Leistungen für die Migranten hinbekommen. Noch ein wenig Quartiersmanagement, Sprach- und Mütterkurse - noch mehr Geld - und dann geht das schon. In sozial entmischten Stadtteilen wohnen Politiker selten. In diesen Brennpunkten stellt man nämlich schnell fest, dass all die Angebote, die eine Integrationschance eröffnen, selten wahrgenommen werden. Liegt das auch daran, dass viele Migranten auf dem Boden demokratischer Gesellschaften und Tatsachen nicht angekommen sind? Wie viel Toleranz soll der Bevölkerung in puncto Einwanderung noch abverlangt werden?
Beste Grüße, Martina Kremer

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Antwort von
SPD

Sehr geehrte Frau Kremer,
wir verstehen Integration als einen beidseitigen Prozess. Er umfasst Anforderungen an die aufnehmende Gesellschaft, verlangt aber von Migrantinnen und Migranten auch die Bereitschaft zur Integration: Seit 2005 besteht für alle Kinder die Pflicht, vor der Schulanmeldung einen Sprachtest zu absolvieren. All jene, bei denen ein Sprachdefizit festgestellt wurde, müssen anschließend einen Deutschkurs besuchen. Mit der Einführung des gemeinsamen Ethik-Unterrichts sollen die verbindlichen Werte für unsere Gesellschaft einen eigenen Platz in der Schule finden.
Für das Zurschaustellen nationalsozialistischer Symbole gibt es eindeutige gesetzliche Regelungen. Andere Einschränkungen zum Beispiel beim Versammlungsrecht müssen so begründet sein, dass sie vor Gericht Bestand haben. Auf dem Integrationsgipfel im Juli haben sich länder- und parteiübergreifend Gemeinsamkeiten im Hinblick auf die Ausgestaltung eines fördernden und fordernden Integrationskonzeptes gezeigt. Die gesellschaftliche Diskussion darf aber nicht auf Strafandrohungen gegen Integrationsunwillige reduziert werden. Langfristig angelegte Studien zur Migrationspolitik zeigen, dass vor allem Bildung und Eingliederung in den Arbeitsmarkt die Schlüssel zu einer erfolgreichen Integration sind. Hier setzen wir auch an. Zudem befinden wir im direkten Gespräch mit denjenigen, die die Meinungsbildung in den verschiedenen Gruppen beeinflussen. Innensenator Körting hat beispielsweise bei seinen jüngsten Besuchen in verschiedenen Moscheen die Haltung des Berliner Senats deutlich gemacht.
Mit freundlichen Grüßen
Klaus Wowereit