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Klaus Wowereit
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Frage von Ursula B. •

Frage an Klaus Wowereit von Ursula B. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Wowereit,
wie ist Ihre Meinung zur Privatisierung der öffentlichen Verwaltung und deren Institutionen, ihrer Zerlegung in selbständige Einheiten, die wie profit centers operieren und konkurrieren können? Welche Aufgaben sollten Ihrer Meinung nach weiterhin öffentlich erbracht und welche privatisiert werden? Das Dienstleistungsunternehmen Arvato-AG (ein Unternehmen des Bertelsmann AG Konzerns, des fünftgrößten Medienkonzerns der Welt) erledigt seit Mitte 2005 die Verwaltung der britischen Gemeinde East Riding in Yorkshire und zwar auf der Basis eines achtjährigen Vertrages. Ein deutsches Unternehmen erledigt somit hoheitliche Aufgaben, die bisher dem britischen Staat oblagen, managt die Gemeinde, erhebt Gebühren, zieht Steuern ein...Die Bertelsmann Stiftung beobachtet die Ergebnisse im Hinblick auf ihre Verwertbarkeit für Deutschland... Sind Sie der Meinung, daß East Riding auch in unserem Land möglich werden sollte, daß das gesamte Leistungsspektrum des öffentlichen Dienstes von privaten Dienstleistungsunternehmen übernommen werden sollte? Wenn ja, worin sehen Sie die Vorteile für die Bürger und die Demokratie? Wie wäre dann Ihrer Meinung nach demokratische Kontrolle und uneingeschränkte Vertragstransparenz gegenüber dem Souverän zu gewährleisten? Würde sich Berlin als Modellprojekt mit Signalwirkung für Deutschland eignen? Müßten nicht alle Privatisierungsverträge im Wortlaut vorher dem Bürger zur direkten Abstimmung vorgelegt werden, damit künftig verhindert werden kann, daß Gewinne privatisiert, Verluste sozialisiert werden? In Erwartung Ihrer differenzierten Antwort Ursula Brümann

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Antwort von
SPD

Sehr geehrte Frau Brümann,

Public Private Partnerships (PPP) können ein adäquates Mittel sein, in der Erfüllung staatlicher Aufgaben von Fachwissen und Effizienz privatwirtschaftlicher Unternehmen zu profitieren sowie öffentliche Haushalte zu entlasten. Seit mehr als zehn Jahren beweisen wir das mit der erfolgreichen Arbeit der Berliner Energieagentur, deren Mitgesellschafter das Land Berlin ist. Auf PPP-Basis realisiert sie die Sanierung öffentlicher Gebäude mit dem Ziel, dort deutliche Energieeinsparungen zu erreichen.

Jedoch sind wir uns ebenso bewusst, dass solche Partnerschaften auch Gefahren für Demokratie und Verwaltungstransparenz bedeuten können. Deshalb verstehe ich Ihre Befürchtungen. Wenn öffentliche Aufgaben in privatwirtschaftliche Strukturen ausgelagert werden, dann geht dieser Schritt oft damit einher, dass Verträge und entsprechende Entscheidungsgrundlagen schwer einsehbar sind. Ob es sich tatsächlich um eine Kooperation zu beiderseitigem Nutzen handelt, kann dann nicht nachvollzogen werden. Partnerschaftliches Handeln und demokratische Kontrolle müssen jedoch unabdingbare Voraussetzungen sein, sobald sich der Staat in solche Partnerschaften begibt. Nach meinem Dafürhalten gilt es daher, im Rahmen jeder öffentlich-privaten Kooperation folgende Fragen zu beantworten: Ist die Zusammenarbeit tatsächlich die kostengünstigere Alternative? Wer trägt welches Risiko? Auf welcher Grundlage wurde die Auftragsvergabe beschlossen? Wurden dem Öffentlichkeitsprinzip und der Informationstransparenz entsprochen?

Privatisierung ist kein Allheilmittel. Der Markt bietet nicht alle Dienstleistungen zu sozialverträglichen Konditionen. Wir wollen deshalb dort landeseigene Betriebe erhalten, wo die Gesellschaft in der Verantwortung steht - beispielsweise innerhalb eines solidarischen Gesundheitswesens. Mit uns wird es eine Privatisierung des Klinikkonzerns Vivantes nicht geben. Auch ein Ausverkauf der Wohnungsgesellschaften darf nicht geschehen: 15% des Wohnungsbestands wollen wir im Landesbesitz behalten.

Arbeitsplätze zu erhalten oder neu zu schaffen, muss im Zentrum all dieser Überlegungen stehen. Ebenso darf die Versorgung der Bevölkerung, etwa in so sensiblen Bereichen wie Gesundheit, Bildung oder Wohnungsbau, nicht durch marktpolitische Experimente gefährdet werden. Über Privatisierungen, Teilprivatisierungen oder vielfältigste Modelle im Rahmen so genannter Private Public Partnerships muss am jeweiligen Projekt entschieden werden. Auch die Rechtslage ist derzeit noch mit Unsicherheiten behaftet. Das macht eine Einzelfallprüfung umso notwendiger.

Mit freundlichen Grüßen
Klaus Wowereit