Frage an Klaus Wowereit von petra p. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
werter herr wowereit,
ganz herzlichen dank für ihre antwort. ich freue mich, dass in weiten teilen ein konsens besteht über die richtung der zu unternehmenden anstrengungen in der integration. mit der auffassung über die bekämpfung der benachteiligung von migranten auf dem arbeitsmarkt stimme ich ihnen völlig zu. es ist allgemein bekannt, dass bildung und arbeit wesentliche integrationsinstrumente darstellen wozu es auch vielfältige ansätze in berlin gibt, die hoffnung wecken.
allerdings zielte meine frage auch weniger auf die anstrengungen in der integrationspolitik ab, als vielmehr auf die absicherung der angesprochenen kontinuität der arbeit durch schaffung von längerfristigen UND versicherungspflichtigen arbeitsstellen für sozialarbeiter anstelle der immer stärkeren verlagerung auf den 2. arbeitsmarkt und damit tendenzen zur prekarisierung und/ oder scheinselbständigkeit. hierzu konnte ich leider keine befriedigende antwort finden.
da die erfolgreiche integration einer der entscheidenden faktoren für berlin werden kann, sollte die prioritätensetzung auch bei knapper haushaltslage berlins nicht an der jugend (ob migrantisch oder nicht) vorbeigehen. die kürzungen z.b. in der jugendberufshilfe (ca. 40%) bei gleichzeitig bekannten erschwerten berufsübergängen von schulabgängern war meiner auffssung nach ein schwerer fehler. die neueinstellung von lehrern, z.b. an hauptschulen, ist eine wichtige investition in die zukunft berlins. sozialarbeiter aber leisten einen ebenso wichtigen beitrag, den man nicht unterschätzen und auch entsprechend honorieren sollte.
ich hoffe, sie hiermit auf mißstände aufmerksam gemacht zu haben, die so längerfristig nicht tragbar sind. und würde mich freuen, damit einen beitrag leisten zu können für künftige überlegungen in der berliner integrationspolitik.
könnten sie evtl. auf die frage, wie existenzsichernde beschäftigung bei freien trägern der sozialarbeit gesichert werden kann, etwas stärker eingehen?
Sehr geehrte Frau Purschke,
mit zusätzlichen Stellen, die über arbeitsmarktpolitische Maßnahmen zur Verfügung stehen, können wir Hilfen geben und Angebote machen, die uns sonst nicht möglich wären. Auf die schwierige Hauhaltslage des Landes muss ich sicher nicht extra hinweisen. Jede zusätzliche Maßnahme hilft also Menschen.
Grundsätzlich teile ich Ihre Auffassung, dass es Verlässlichkeit und Kontinuität geben muss. Hier sind in erster Linie die Bezirke gefragt, in deren Zuständigkeit die meisten Maßnahmen fallen. Jugendhilfe wird in Zukunft regional organisiert sein und sich mit den Schulen und den anderen Institutionen, Projekten und Vereinen, die mit Kindern und Jugendlichen arbeiten, vernetzen. Mit dem Quartiersmanagement haben wir zusätzlich als Land - und weit über Berlin hinaus anerkannt - Projekte und Initiativen angeschoben. Damit wollen wir Entwicklungen, die problematisch für die Stadt werden können, rechtzeitig in den Griff bekommen. Ziel ist es hier allerdings auch, sich selbst tragende Initiativen zu schaffen und die stabilisierten Gebiete auch wieder aus dem Quartiersmanagement zu entlassen bzw. mit den Bezirken zu entsprechenden Vereinbarungen zu kommen. Eine Zusammenarbeit mit freien Trägern, die zudem ihre spezielle Erfahrung und Kompetenzen einbringen können, ist dabei sinnvoll. Auch solche Träger brauchen aber die von ihnen beschriebene Kontinuität und existenzsichernde Beschäftigungsverhältnisse.
Die Mittel Berlins bleiben sicher auch künftig begrenzt. Aber im Wahlprogramm sagen wir zum Beispiel ganz bewusst: "Wir werden Schulen mit einem Anteil von mehr als 30 Prozent Kindern mit Migrationshintergrund gezielt fördern. Dazu werden Fachkräfte mit interkultureller und interreligiöser Kompetenz benötigt, die Klassenstärken reduziert und zusätzliche Sachmittel
bereitgestellt."
Mit freundlichen Grüßen
Klaus Wowereit