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Frage von Lukas W. •

Frage an Klaus Wowereit von Lukas W. bezüglich Bildung und Erziehung

Sehr geehrter Herr Wowereit,
da es die Gemüter doch hitziger erregt als ich dachte, möchte auch ich Ihnen noch meine Fragen zum rot-roten Versuch stellen, Religion aus den Schulen zu verbannen.
Wenn Sie sich so über die Freistunden aufregen, wieso stellen Sie mich dann als katholischen Schüler vor die Wahlfreiheit zwischen Freistunde und Religionsunterricht, nachdem Sie mich zum Ethikunterricht genötigt haben? Wäre eine Wahl zwischen Unterrichtsfächern nicht sinnvoller?
Ich weiß, dass Sie und die Genossen aus dem Senat, deren geistige Wurzeln zum Teil aus den Tiefen von DKP und SED stammen, kaum Verständnis für gelebten Glauben aufbringen werden, doch eben das ist der Unterschied zwischen LER und Religionsunterricht. Wie Bischof Huber formulierte, besteht eben Religionsfreiheit nicht nur (in der rot-roten Version) von Freiheit von der Religion, sondern vor allem in der Freiheit zur Religion, die der Staat zu unterstützen und nicht zu benachteiligen hat! Der Bildungsauftrag des Staates ist es nicht nur, distanziert über verschiedene Glaubensinhalte zu informieren, sondern die persönliche Begegnung mit Zeugen des Glaubens zu ermöglichen.
Meinen Sie es wirklich ernst, dass der von Ihnen gewünschte Zustand, Schüler in Zukunft zwischen Religion und früherem Unterrichtsschluss wählen zu lassen, keine Benachteiligung religiöser Menschen ist?
Wieso halten Sie Religions - und Werteunterricht nicht für gleichberechtigt?
Sie behaupten, der für alle verpflichtende Unterricht sei eine tolle Grundlage für einen Dialog. Können Sie mir bitte erklären, wie ich ohne Standpunkt diskutieren soll?
Was halten Sie vom Vorschlag der Kirchen und Religionsgemeinschaften, durch die gleichberechtigte Wahlalternative eine Fächergruppe zu kreiren, um die verschiedenen Anschaungen ins Gespräch zu bringen und so wahren Dialog zu ermögichen?
Wie gehen Sie mit der massiven Kritik seitens der Kirchen sowie Mitgliedern der SPD (Johannes Rau, Wolfgang Thierse) um?
Gruß,Lukas Wiesenhütter

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Wiesenhütter,

Sie haben auch weiterhin die Möglichkeit, am katholischen Religionsunterricht teilzunehmen - ganz genauso wie es bisher üblich war. Ebenso steht es Ihnen frei, außerhalb der Schule an einer Vielzahl kirchlicher Angebote sowie natürlich den regelmäßigen Gemeindeveranstaltungen teilzunehmen. Eine Benachteiligung der Kirchenmitglieder durch die Senatspolitik vermag ich nicht zu erkennen. Ich halte es auch für üblich und sinnvoll, für kirchliches, soziales oder auch politisches Engagement eigene Zeit aufzuwenden.

Regelungen, die die Schüler im Falle der philosophisch-religiösen Bildung in mehrere Klassengruppen trennen, tragen zur Entstehung von "Parallelgesellschaften" bei. Gerade die Schule sollte jedoch der Ort sein, an dem die gemeinsamen Werte unserer Gesellschaft im Zentrum stehen. Diese "gemeinsamen Werte" bedeuteten keine Einschränkung Ihrer religiösen Anschauung: Sie sollen nicht, sobald sie Ihre Ethik-Klasse betreten, Ihr persönliches Glaubensbekenntnis niederlegen! Im Gegenteil: Nutzen Sie die Gelegenheit, Ihren Standpunkt im Unterricht einzubringen und sich mit Anhängern anderer Konfessionen über Unterschiede und Einendes auszutauschen. Ich wünsche mir aber auch die Offenheit und Toleranz, sich hier über andere Religionen zu informieren - nicht, weil diese Pflichtstunde LER Ihren Glauben ändern oder unterbinden möchte, sondern weil Dialogfähigkeit und gegenseitiger Respekt eben auch zu jenen Werten gehören, die wir mit der Einführung des Faches stärken möchten. Ein eigener Standpunkt ist nichts Erlernbares, er entsteht gerade im Nachdenken und im Dialog. In einem stimme ich Ihnen zu: Ich wünsche mir, dass Vertreter der verschiedenen Konfessionen in den Werteunterricht eingeladen werden und dort auch ihren authentischen Standpunkt vertreten.

Mit freundlichen Grüßen
Klaus Wowereit