Frage an Klaus Wowereit von Kerstin H. bezüglich Wirtschaft
Sehr geehrter Herr Wowereit,
ich habe mit großem Interesse die Ablehnung der SPD und der Stadtentwicklungsenatorin zum Ausbau vom Estrel Hotel gelesen. Ich war etwas entsetzt darüber. Denn die Begründungen waren an den Haaren herbei gezogen. In der Karl Marx Straße gibt es im unteren Teil gar keine vernünftige Geschäfte, nur jede Menge Dönerbuden und Billig-Ranschläden. Welche Geschäfte sollen da kaputt gemacht werden?
Um die S- Sonnenallee gibt es direkt keine guten Einkaufsmöglichkeiten. Die anderen Center sind ja nicht so super nah. außerdem sehr klein. Da gehen auch keine Arbeitsplätze verloren. Höchstens illegale.
Wieso darf der Anschütz ein so großes EKZ am Ostbahnhof bauen? Da gibt es viel mehr richitige Geschäfte, die kaputt gehen können. Wieso darf der bauen? und nun wurde die Verdoppelung der Verkaufsfläche genehmigt. Ich denke dabei an den Kaufhof und die Geschäfte im Ostbahnhof. Wieso wird hier so viel Mist von der SPD erzählt? Könnte es sein, dass Anschütz der Stadtentwicklungssenatorin gedroht hat, sein Center nicht zu bauen, wenn das Estrel als Konkurrenz baut? Ich habe den Eindruck, da wird hinter den Kulissen gemauschelt, zu Lasten von Neukölln und dem Estrel.
Denn die Begründungen der Senatorin sind absoluter Quatsch. Ich wohne hier und kenne mich aus. Hier um die S- Bahn fehlen mehrere gebündelte Einkaufsstätten. Außerdem halte ich das für Arbeitsplatzverhinderung.
Wie sehen Sie das, als Reg. Bürgermeister ,der auch für Neukölln zuständig ist?
Mit schöne Grüßen - Eine Anwohnerin
Kerstin Hackel
Sehr geehrte Frau Hackel,
Berlin freut sich über einen weiteren Ausbau des Estrel-Kongresszentrums, weil es die Bedeutung Berlins als Tagungsort unterstreicht. Auch die Senatorin für Stadtentwicklung hat diese Erweiterung immer begrüßt. Mit dem Kongresszentrum können wir weitere Gäste in de Stadt holen, hier liegen auch die Chancen für neue Arbeitsplätze.
Im Bereich des Einzelhandels dagegen gibt es Grenzen. Hier hat Neukölln durch seine Genehmigungspraxis mit den Gropius Passagen das Berlinweit größte Shoppingcenter mit ca. 70.000 m2 Verkaufsfläche entstehen lassen. Und obwohl der Bezirk bereits um die Erweiterungsabsichten von Estrel wusste, hat das Bezirksamt die Entwicklung von Einzelhandel in unmittelbarer Nähe (Jacobs-Gelände) unterstützt mit der Begründung, dass hier ein Nahversorgungszentrum vorgesehen sei. Diese neu geschaffene Situation lässt nahversorgungsbezogene Einzelhandelsentwicklungen am Standort Estrel kaum noch zu. Auch wenn ich aus den Diskussionen mit meinen Neuköllner Parteifreunden, die sich natürlich auch für jede Verbesserung der Situation Neuköllns einsetzen, die unterschiedlichen Sichtweisen kenne - die von Ihnen ja zu Recht beklagte Verödung der Karl-Marx-Straße ist kein Zustand, mit dem man sich abfinden sollte. Das bedeutet aber, dass an anderen Orten behutsam Einzelhandel geplant werden muss.
Für das Estrel werden dennoch 2500 Quadratmeter Einzelhandelsfläche mit zentrenrelevanten Sortimenten genehmigt, weitere Einzelhandelsflächen im nicht-zentrenrelevanten Bereich sind auch bis zu einem Umfang von 12.000 qm Verkaufsfläche möglich.
Das gesamte Ortsteilzentrum Ostbahnhof, von dem die Anschütz-Gruppe nicht einmal die Hälfte betreiben wird, ist deutlich kleiner als die Gropiuspassagen. Umfang und Art des Einzelhandels wurden über eine Standort- und Wirkungsanalyse bestimmt, die im Auftrag der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung im Oktober 2003 erarbeitet wurde. Im städtebaulichen Vertrag und im Bebauungsplan wurde die Zulässigkeit von Einzelhandelsbetrieben differenziert festgelegt.
Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer hat meine volle Unterstützung, wenn es ihr darum geht, traditionelle Berliner Geschäftsstraßen wie die Karl-Marx-Straße wieder aufzuwerten. Hier gibt es eine hervorragende Zusammenarbeit auch mit der IHK und einzelnen Unternehmen.
Mit freundlichen Grüßen
Klaus Wowereit