Frage an Klaus Wowereit von Ulli Z. bezüglich Finanzen
Schönen guten Tag, Herr Regierender Bürgermeister!
Sie sind zwar nicht mein Wahlkreiskandidat, aber würde ich die SPD mit Zweitstimme wählen, so würde ich zuvörderst Sie wählen.Daher einige Fragen an Sie als Kandidat:
In Ihrer Selbstdarstellung schreiben Sie, dass Sie das Thema Berliner Finanzen aus dem effeff beherrschen und sich da bestens auskennen. Das ist gut so, und es ist für Sie als politisch Verantwortung Tragender geradezu (über-)lebensnotwendig, bei den desaströsen Schulden, die Berlin letztlich erdrücken würden, wenn nicht, was früher oder später geschehen muß, der Bund (also sozusagen wir alle) dafür einstehen.
Meine Fragen:
Wie gedenken Sie, mit dem bleiernen Erbe, das uns der Bankenskandal zu Berlin zwischen 1994 und 2002 eingetragen hat, und das nunmehr in Form der BIH zu 100% im Schoß des Landes Berlin liegt, umzugehen?
Halten Sie es für möglich, dieses Desaster innerhalb der nächsten 1 bis 2 Jahre abzuarbeiten, und zwar in dem man dieses Firmenkonglomerat entflechtet, aufarbeitet und privatisiert bzw. wo dies unmöglich ist abwickelt?
Sehen Sie Chancen, den Bund zu einer Hilfeleistung für Berlin zu bringen ohne ihn über das Bundesverfassungsgericht dazu zwangsweise zu nötigen, quasi aus Einsicht in die Notwendigkeit?
Schätzen Sie ein, dass sich die Chancen, dass der Bund quasi freiwillig (im Vorgriff auf ein zwangsweises Helfen via BVerfG) finanzielle Hilfen bereitstellt, verbessern könnten, wenn Berlin sich zur von mir in vorhergehender Frage angeregter Entflechtung und Abwicklung der Milliardengräber in der BIH durchringt?
Mit welchem politischen Partner auf Landesebene denken Sie könnte sich diese Konsolidierung nachhaltiger und schneller erreichen lassen, mit der PDS, der CDU oder der FPD (ich unterstelle, wie Sie bemerkt haben, dass Sie mit der SPD keine Alleinregierung werden stellen können).
Ich danke Ihnen dafür, dass Sie in dem stressigen, weil zeitlich knappen Wahlkampf meine Fragen lesen und, so möglich, beantworten.
Sehr geehrter Herr Zedler,
herzlichen Dank für Ihre Fragen. 2001 hat der Berliner Senat unter meiner Führung damit begonnen, die notwendigen Konsequenzen aus dem Bankenskandal zu ziehen und vor allem die finanziellen Folgen für das Land Berlin so gering wie möglich zu halten. Parallel dazu haben die Aufarbeitung im Untersuchungsausschuss des Abgeordnetenhauses und die juristische Aufarbeitung begonnen.
Das Land Berlin hat 2002 mit einer Kapitalerhöhung und der sogenannten Risikoabschirmung eine Schließung der Bank verhindert, um höhere Folgekosten und Schäden für Berlin abzuwenden. Die EU-Kommisson hat diesem Weg zugestimmt. Zu den Auflagen, die von der EU-Kommission gemacht wurden, gehörte die Abtrennung des der Risikoabschirmung unterliegenden Immobiliendienstleistungsgeschäfts, das inzwischen in der BIH zusammengefasst ist. Weitere Auflagen waren der - inzwischen erfolgte - separate Verkauf der Berliner Bank sowie der Verkauf der landeseigenen Anteile an der Bankgesellschaft bis Ende 2007. Damit wird Ende 2006 begonnen. Die Sanierungsstrategie bei der Bankgesellschaft erhöht deren Wert. Erst nach einem Verkauf der Anteile der Bankgesellschaft kann deshalb Bilanz gezogen werden. Anlegern der wichtigsten betroffenen Immobilienfonds ist bereits ein Angebot zum Rückkauf ihrer Anteile gemacht worden, um das Risiko für das Land deutlich zu vermindern.
Die Verfassungsklage Berlins ist erfolgt, weil Bund und Länder zu einer Entschuldung Berlin auf freiwilliger Basis nicht bereit waren. Zwar sehen auch wir, dass die finanziellen Spielräume überall kleiner geworden sind, allerdings sind die Schulden Berlins - wie wir auch vor dem Bundesverfassungsgericht dargelegt haben - im wesentlichen Folgen der Teilung der Stadt. Fragen zur Bankgesellschaft spielen in diesem Zusammenhang nur eine untergeordnete Rolle. Wir sehen der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts mit Zuversicht entgegen. Insgesamt haben wir in den vergangenen Jahren deutlich gemacht, dass Berlin alles, was aus eigener Kraft möglich war, auch getan hat. Bei der Sanierung des Landeshaushalts ebenso wie beim Umgang mit der Bankgesellschaft.
Die Konsolidierungserfolge sind in der Vergangenheit in einer Koalition mit der PDS möglich gewesen. Denkbar ist auch eine Koalition mit den Grünen. Bei der CDU, die in der Großen Koalition nicht bereit war, die notwendigen Veränderungen in der Stadt mitzutragen, sehen wir eine solche Grundlage derzeit nicht.
Mit freundlichen Grüßen
Klaus Wowereit