Frage an Klaus Wowereit von Johannes E. bezüglich Bildung und Erziehung
Guten Morgen Herr Wowereit,
mich interessiert Ihre persönliche Meinung zum Religionsunterricht.
1. Stimmt es, dass Sie mit den Beschlüssen des SPD-LPT (Landesparteitages) zum verbindlichen Ethikunterricht selbst nicht zufrieden sind?
a. Wenn ja, warum konnten Sie sich in Ihrer Partei nicht durchsetzen?
b. Wenn ja, sind Sie aus politischen oder christlichen Gründen gegen die Entscheidung des LPT?
2. Was soll jemand wählen, der überzeugt ist, dass die angesprochene Entscheidung fundamental falsch ist?
[Ich hoffe, jetzt wird es nicht zu persönlich:]
3. Sind Sie Mitglied einer christlichen Kirche?
a. Wenn ja, welcher?
b. Sind Sie regelmäßiger Gottesdienstbesucher?
Mit freundlichen Grüßen,
Ihr Johannes Eydinger
Sehr geehrter Herr Eydinger,
ich halte die Beschlüsse des bildungspolitischen Landesparteitages der Berliner SPD nach wie vor für richtig. Wir bekämpfen das bestehende Defizit in der Wertevermittlung und möchten, dass die Diskussion über Werte zur gemeinsamen Erfahrung aller Schülerinnen und Schüler wird. In einer multikulturellen Stadt, wie Berlin es ist, bietet sich so die Chance, der Separation vorzubeugen, die Integration zu stärken. Fremdes wird vertraut, die Dialogfähigkeit gefördert. Das Verständnis für das Gemeinsame wächst.
In Berlin gibt es, aufgrund einer gesetzlichen Sondersituation, seit mehr als 50 Jahren Religionsunterricht auf freiwilliger Basis. Er bleibt erhalten und wird weiterhin staatlich finanziert. Allerdings nehmen derzeit nur ein Viertel der Schülerinnen und Schüler ab der Sekundarstufe I das Unterrichtsangebot wahr. Die Teilnahme am neuen, bekenntnisfreien Fach Ethik ist dagegen allgemein verbindlich. Menschenrechte, Demokratie und Toleranz sollen im Mittelpunkt stehen - die einenden Werte unserer Gesellschaft. Ihnen muss sich jeder verpflichtet fühlen. Daher sollte auch ihre Vermittlung in unseren Schulen obligatorisch sein.
Zur Werteerziehung im Sinne einer bestimmten Religion möchten wir hingegen niemanden staatlich verpflichten - angesichts der kulturellen Vielfalt Berlins wäre das auch nicht zeitgemäß. Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass ich mich an dieser Stelle nicht zu privaten Dingen äußern werde.
Mit freundlichen Grüßen
Klaus Wowereit