Frage an Klaus Riegert von Torsten W. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Riegert,
Sie antworteten am 21.10.08 auf eine Frage zum Thema "bundesweiter Volksentscheid". Diese wirkt sicherlich nicht nur auf mich wie eine Abschrift eines Anti-Volksentscheid-Plädoyers, insbesondere da sie die Frage nicht beantwortet, sondern lediglich das Für und Wider erläutert. Meine Frage an Sie ist:
Haben Sie diese Antwort wirklich selbst geschrieben? Falls nein, wieso treten Sie nicht in Kontakt zu Ihren Wählern, zu den Bürgern Deutschlands, die Sie laut Grundgesetz vertreten? Falls doch, wieso weichen Sie der Frage aus?
Sind Sie nun für oder gegen echte Demokratie?
Mit freundlichem Gruß,
Torsten Wagner
Sehr geehrter Herr Wagner,
mit einiger Verwunderung habe ich Ihre Nach-Frage zur Kenntnis genommen. Haben Sie die Leitsätze zu den von mir angesprochenen Themen übersehen:
Volksbegehren sind keine Bürgerbeteiligung, Plebiszite keine Partizipation. Plebiszitäre Demokratie ist nicht demokratischer als repräsentative. Plebiszite beseitigen nicht den Parteienstaat. Plebiszite verstärken die Macht der Medien. Direktdemokratische Verfahren der Staatswillensbildung führen nicht per se zu richtigeren oder gerechteren Entscheidungen als repräsentativ-demokratische. Plebiszitäre Elemente stärken nicht die Zukunftsorientierung der Demokratie und die Neigung der politischen Eliten, Verantwortung zu übernehmen. Plebiszite auf Bundesebene beeinträchtigen den Föderalismus. Direkte Demokratie bedeutet nicht mehr individuelle Freiheit.
Was lässt sich hieraus wohl schließen? Doch nicht etwa, das ich Anhänger "bundesweiter Volksentscheide" bin! Nein ich bin überzeugter Anhänger der repräsentativen Demokratie. Dies schließt für mich plebiszitäre Elemente im kommunalen Bereich und auf Landesebene allerdings nicht aus.
Meine Antwort beruht übrigens auf meiner Vorbereitung für eine Diskussionsveranstaltung "Mehr Demokratie wagen" im Jahr 2002, in Zusammenarbeit mit meinem wissenschaftlichen Mitarbeiter. Hierauf greife bei entsprechenden Anfragen immer wieder gerne zurück.
Was verstehen Sie eigentlich unter "echter Demokratie". Die Mehrheit kann ganz demokratisch die Minderheit unterdrücken, ja ausrotten. Adolf Hitler ist in demokratischer Wahl an die Macht gekommen, usw. Demokratie sagt nur wer regieren, aber nicht wie regiert werden soll. Demokratie braucht Beschränkung. Friedrich von Hayek hat treffend formuliert, "/daß ich, wenn Demokratie heißen soll: Herrschaft des unbeschränkten Willens der Mehrheit, kein Demokrat bin und eine solche Regierung sogar für schädlich und auf die Dauer für funktionsunfähig halte." /
Demokratie braucht "Leitplanken", so wie sie die liberale Demokratie bereitstellt.
Und was den Kontakt zu den Bürgern betrifft: U. a. als Vorsitzender des Kreisbehindertenrings in meinem Landkreis, als Initiator und Stifter von Bürgerstiftungen, als Vizepräsident eines großen Sportvereins (alles ehrenamtlich), durch meine politische Arbeit in Fraktion und Parlament und für das Ehrenamt und eine "Bürgergesellschaft", bin ich als direkt gewählter Abgeordneter näher an den Menschen, als Sie glauben mögen.
Mit freundlichen Grüßen
Klaus Riegert