Frage an Klaus Riegert von Sören K. bezüglich Soziale Sicherung
Wie werden sie sich für die Rente einsetzen, gerade weil die CDU sehr viele Wähler im Rentenalter hat und die Jungen in der Unterzahl sind? Wird der Rentenversicherungsbeitrag stabil bleiben?
Sehr geehrter Herr Koske,
vielen Dank für Ihre Fragen zur Rentenversicherung.
Alleine in den letzen drei Jahren hat Deutschland 1,5 Millionen sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze verloren. Das sind auch 1,5 Millionen weniger Beitragszahler. Das sind jeden Tag 1000 Beitragszahler weniger, die der Rentenkasse fehlen. Die Konsolidierung der Rentenversicherung ist deshalb für CDU und CSU eine zentrale Aufgabe.
Wenn wir die Sozialkassen langfristig stabilisieren wollen, dann müssen wir dafür sorgen, dass die Wirtschaft wachsen kann und wieder mehr sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze geschaffen werden. Unser Maßnahmenpaket, das wir auf dem Arbeitsmarkt, im Bereich der Steuern und im Bereich der Sozialversicherungen umsetzen werden, hilft den Rentnerinnen und Rentnern. Denn nichts ist besser für die Rentenkasse als mehr Wachstum und mehr Beschäftigung.
Mit der Rentenreform unter der Verantwortung von Ulla Schmidt (Rentenversicherungs-Nachhaltigkeitsgesetz, Bundestags-Drucksache 15/2149) und der Neuregelung der Rentenbesteuerung (Alterseinkünftegesetz, Bundestags-Drucksache 15/2563) hat Rot-Grün das Sicherungsniveau der gesetzlichen Rente für die jüngere Generation massiv abgesenkt und endgültig Abschied von der lebensstandardsichernden gesetzlichen Rente genommen. Das Rentenniveau sinkt von zwei Dritteln langfristig auf rund die Hälfte des bisherigen Nettoeinkommens. Die gesetzliche Rente hat damit für die jüngere Generation nur noch den Charakter einer beitragsfinanzierten Basissicherung. Angesichts dieses Paradigmenwechsels im Sicherungsziel der gesetzlichen Rente wäre es erforderlich gewesen, den Jüngeren klar und unmissverständlich zu sagen, dass sie ergänzend für das Alter vorsorgen müssen. Gleichzeitig hätten dringend die notwendigen Rahmenbedingungen geschaffen werden müssen, die eine rasche und flächendeckende ergänzende Altersvorsorge sicherstellen. Denn wenn dies nicht gelingt, dann ist schon heute die Altersarmut von morgen vorgezeichnet.
Um diese Wahrheiten hat sich die Bundesregierung im Frühjahr 2004 bei ihrem Streit um die Höhe von Rentenniveau und Beitragssatz herumgedrückt. Die Reformbotschaft von Rot-Grün lautet: Wir sichern im Jahr 2030 einen Rentenbeitrag von 22 Prozent und ein Rentenniveau von 46 Prozent. Beide Zielvorgaben zusammen zu erreichen, funktioniert aber nicht. Das wissen alle Beteiligten, und dennoch haben SPD und Grüne das Rentenversicherungs-Nachhaltigkeitsgesetz mit ihrer Mehrheit im Bundestag beschlossen. Mit ihren unhaltbaren Versprechungen spiegelt die Bundesregierung den Jüngeren Gewissheiten vor, wo keine sind, und hält sie davon ab, sich neben der gesetzlichen Rente ein starkes zweites Standbein im Bereich der kapitalgedeckten Vorsorge aufzubauen.
Daneben hat es Rot-Grün versäumt, der privaten und betrieblichen kapitalgedeckten Altervorsorge einen Impuls zu geben. Zwar hat die Bundesregierung inzwischen eingesehen, dass ihre 2001 verabschiedete „Riester-Rente“ viel zu kompliziert und mit zu hohen Verwaltungskosten verbunden ist. Aus diesem Grund hat Rot-Grün im Alterseinkünftegesetz auch einige Korrekturen vorgenommen. So richtig diese Schritte waren, so halbherzig waren sie. Zu der erforderlichen flächendeckenden kapitalgedeckten Alterssicherung wird die „Riester-Rente“ jedenfalls nicht führen. Dasselbe gilt für die neu eingeführte so genannte „Rürup-Rente“, weil bei ihr insbesondere die Vererbbarkeit und die Teilkapitalisierung ausdrücklich ausgeschlossen sind. Auch bei der betrieblichen Altersvorsorge gab es nur Rückschritte. Aus diesen Gründen hat die CDU/CSU-Bundestagsfraktion das Alterseinkünftegesetz, dessen Schwerpunkt im ordnungspolitisch richtigen Übergang zur nachgelagerten Besteuerung der Alterseinkünfte liegt, abgelehnt und ihre Kritik in einem Entschließungsantrag (Bundestags-Drucksache 15/2992) dokumentiert.
Grundlegendes Ziel einer nachhaltigen Reform der Altersicherung muss es sein, die Lasten der Alterung fair auf Rentner und Beitragszahler zu verteilen. Dieser Gedanke steckte hinter dem Demografischen Faktor, der unter der unionsgeführten Bundesregierung bereits Ende 1997 eingeführt, dann aber nach dem Regierungswechsel 1998 von Rot-Grün aufgehoben worden ist. Mit dem RV-Nachhaltigkeitsgesetz wird eine solche faire Lastenverteilung zwischen Jung und Alt nicht erreicht, weil Rot-Grün den neuen so genannte „Nachhaltigkeitsfaktor“ in die bestehende Rentenanpassungsformel eingefügt hat. Der Faktor wirkt damit in den nächsten Jahren parallel zum so genannten Riester-Faktor. Daneben bedeutet die neu eingeführte Orientierung der Rentenanpassung an der Entwicklung der versicherungspflichtigen Entgelte der Erwerbstätigen, dass Entgeltbestandteile, die im Rahmen einer Entgeltumwandlung bei der betrieblichen Altersvorsorge sozialabgabenfrei sind, nicht mehr zu einer Erhöhung der Rentenanpassung führen. Eine solche Bereinigung der Einkommen um umgewandelte Gehaltsbestandteile zusammen mit dem Riester-Faktor bedeutet eine doppelte Dämpfung der Rentenanpassung und führt zu einer ganz einseitigen Belastung der Rentner.
Neben einem gerechten Ausgleich zwischen den Generationen muss durch eine Stärkung der Familienkomponente eine faire Lastenverteilung auch innerhalb einer Generation geschaffen werden. Die Erziehung von Kindern hat grundlegende Bedeutung für das Funktionieren der umlagefinanzierten Rentenversicherung. Darauf hat das Bundesverfassungsgericht vor gut vier Jahren in seinem Pflegeurteil ausdrücklich hingewiesen. Für die Union ist deshalb eine Besserstellung von Familien mit Kindern eine essenzielle Anforderung an eine zukunftsgerichtete Rentenreform. Daran fehlt es aber im RV-Nachhaltigkeitsgesetz von Rot-Grün. Das Gesetz sieht überhaupt keine Verbesserung für Familien vor. Wir werden daher ab dem 01.01.2007 für neugeborene Kinder einen Kinderbonus von monatlich 50 Euro als Beitragsermäßigung in der Rentenversicherung einführen. Damit honorieren wir den Zukunftsbeitrag von Familien zum Generationenvertrag in unserer Gesellschaft. Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts wird von Rot-Grün komplett ignoriert. Nicht zuletzt aus diesem Grunde war das RV-Nachhaltigkeitsgesetz für die CDU/CSU-Bundestagsfraktion nicht zustimmungsfähig. Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion hat ihre Einwände in einem Entschließungsantrag deutlich gemacht (Bundestags-Drucksache 15/2690).
Bei den notwendigen Reformen gelten für CDU/CSU drei Leitlinien: Demografiefestigkeit, Familienfreundlichkeit, Generationengerechtigkeit. Es ist nur gerecht, wenn das Rentenversicherungssystem die Erziehungsleistung der Familien für die Gesellschaft, aber auch ihre besonderen Belastungen stärker berücksichtigt. Der Beitragssatz zur Rentenversicherung soll sich längerfristig an der gegenwärtigen Beitragshöhe ausrichten. Wir geben der privaten und betrieblichen Altersvorsorge einen höheren Stellenwert.
Mit freundlichen Grüßen
Klaus Riegert.