Frage an Klaus Riegert von Markus G. bezüglich Kultur
Sehr geehrter Herr Riegert,
ich bin semiprofessioneller Musiker und Musicaldarsteller aus dem Kreis Göppingen. Zusammen mit befreundeten Darstellern und Musikern haben wir z.B. schon mehrmals das Musical "Der Watzmann ruft", unter anderem auch bei den Klosterspielen in Adelberg vor ausverkauften Rängen, aufgeführt. Hierfür haben wir einige tausend Euro in Funk-Mikrofonsysteme investiert. Anders wären solche Musical heute nicht mehr auf die Bühne zu bringen.
Nun habe ich mitbekommen, dass zum einen die Frequenzbereiche, in denen diese System funktionieren (790-862 MHz) nur noch bis Ende 2015 verwendet werden dürfen, und - noch schlimmer - durch die Breitbandstrategie schon ab kommendem Jahr unter Umständen nicht mehr zuverlässig funktionieren werden. Denn für die Versorgung der ländlichen Gebieten mit einem Breitbandinternetzugang sollen ausgerechnet die Frequenzen verwendet werden, die bisher von Musikern, Künstlern, aber auch Sportvereinen für ihre Funkmikrofon-Technik verwendet wurden.
Wir haben nun Sorge, dass unsere teuer erworbenen Geräte bereits Elektronik-Edelschrott sind. Können wir uns in den nächsten 5 Jahren noch darauf verlassen, dass an den Veranstaltungsorten unsere Mikrofone funktionieren? Müssen wir uns neue Systeme kaufen? Gibt es dafür einen finanziellen Ausgleich? Wenn wir uns neue Funk-Mikrofonsysteme kaufen, in welche Technik/Frequenzbereiche können wir bedenkenlos investieren?
Es würde mich sehr freuen, von Ihnen ein kurzes Statement hierzu zu bekommen. Wichtiger wäre mir aber, dass Sie sich in den entsprechenden Gremien und im Bundestag für die Interessen der Kulturschaffenden in dieser Thematik einsetzen.
Und denken Sie bitte während des Wahlkampfes jedes Mal, wenn Sie in ein Funk-Mikrofon sprechen, an die aktuellen Sorgen und Nöte der Tontechniker. ;)
Viele Grüße
Markus Großmann
Sehr geehrter Herr Großmann,
die von Ihnen angesprochenen Veränderungen gehen zurück auf die Änderung der Verordnung zur Zuweisung von Frequenzen an Funkdienste (Frequenzbereichszuweisungsplanverordnung, die am 4. März 2009 vom Bundeskabinett beschlossen wurde und ein wesentlicher Teil der Strategie zur Erschließung des gesamten Landes – also auch der berühmten „weißen Flecken“ – mit leistungsfähigen Breitbandanschlüssen ist.
Mit der Verordnung wird u.a. der bisher dem Rundfunkdienst zugewiesene Frequenzbereich 790 – 862 MHz dem Mobilfunkdienst zugewiesen, letztlich mit dem Ziel, die sog. „Weißen Flecken“ in der Breitbandversorgung in ländlichen Gebieten durch das Heben der „Digitalen Dividende“ zu schließen.
Ein Teil des Frequenzspektrums, nämlich die Frequenzteilbereiche 790 - 814 MHz sowie 838 - 862 MHz, wird neben bevorrechtigten Nutzungen aktuell auch für Anwendungen der drahtlosen Produktionstechnik (Professional Wireless Microphone Systems (PWMS)) auf sekundärer Basis mit genutzt. Diese (nachrangige) Funkanwendung genießt aber leider keine Schutzansprüche auf störungsfreie Nutzung gegenüber den bevorrechtigten Nutzungen. Denn die Bundesnetzagentur hat diesen Frequenzteilbereich im Rahmen eines Verwaltungsakts zur Nutzung für die Allgemeinheit den Anwendungen des PWMS zugeteilt (Allgemeinzuteilung; Verfügung Nr. 91, Amtsblatt vom 21. Dezember 2005).
Im Hinblick auf die Frequenznutzungsbedingungen der drahtlosen Mikrophonanwendungen gelten die bisherigen Regelungen der Allgemeinzuteilung selbstverständlich auch bis zu deren Ablauf am 31.12.2015 weiter. Danach sind bei gemeinschaftlicher Frequenznutzung an einem Ort gegenseitige Beeinträchtigungen nicht auszuschließen und hinzunehmen. Allerdings kann ein Schutz vor Beeinträchtigungen durch andere bevorrechtigte Frequenznutzungen nicht vollumfänglich gewährleistet werden.
Eine Verlängerung der Allgemeinzuteilung ist aus rechtlichen Gründen und aus Gründen der Funkverträglichkeit allerdings nicht möglich. Demzufolge wird eine Verlagerung der Nutzung in alternative Frequenzbereiche unumgänglich. Die Frage der Umstellungskosten wird dabei im Rahmen der Neuvergabe des Frequenzspektrums zu prüfen und zu entscheiden sein und kann daher zum jetzigen Zeitpunkt nicht abschließend beantwortet werden. Das BMWi ist hinsichtlich einer mindestens anteiligen Übernahme der Umstellungskosten diskussionsbereit. Darüber hinaus hat sich auch der Beirat der Bundesnetzagentur in seiner letzten Sitzung im Mai eingehend mit der Problematik befasst und die Bundesnetzagentur gebeten, in diesem Sommer Anhörungen zu diesem Thema durchzuführen. Ich bin daher zuversichtlich, dass die für die Nutzung der Funkmikrofone nach dem 31.12.2015 geltenden Frequenzen am Ende des Jahres feststehen, so dass die Industrie Modelle für diese Frequenzen entwickeln kann. Die Nutzer der Technik können dann wieder zukunftssichere Mikrofone kaufen.
Ich hoffe, dass Ihre Veranstaltungstechnik durch die Entscheidung der Bundesregierung zur Breitbandstrategie nicht ad hoc und vollumfänglich „unbrauchbar“ wird. Vielmehr dürfte es einige Zeit dauern, bis die Bundesnetzagentur die Frequenzen vergeben haben wird und es wird weitere Zeit vergehen, bis die Anbieter dieser neuen Funkanwendungen, ihr Netz soweit ausgebaut haben, bis es zu Störungen kommen kann. Darüber ist nicht zu erwarten, dass diese neuen Funkanwendungen auch in Ballungsräumen angeboten werden, da sich diese Technik nicht für Ballungsräume eignet und dort auch bereits eine Breitbandversorgung auf DSL- und – zumindest teilweise – VDSL-Basis existiert.
Mit freundlichen Grüßen
Klaus Riegert