Frage an Klaus-Rainer Rupp von Joachim L. bezüglich Finanzen
Für ca. 25000 Beamte und Versorgungsempfänger (Pensionäre, deren Witwen und Waisensollen) soll das Ergebnisse des Arbeitskampfes der Tarifangestellten übernommen werden. Allein die Ruhestandsbezüge kosten uns fast 500 Millionen €, Tendenz für 20 Jahre: steigend! Wer bietet dem Einhalt? Frau Sokol führt die Steigerung der Personalkosten auf 1,63 Milliarden € in ihrem Bericht richtig auf die Steigerungen der Pensionen zurück, da ja die Anzahl der Beschäftigten (auch Beamten gesunken wäre). Gefordert war die Übernahme des Abschlusses durchalle Gewerkschaften, von allen Parteien natürlich auch… wer legt sich schon als Parlamentarier mit den Beamten in der Verwaltung an?! Wählern mithin.
Seltsam nur: diskutiert man mit den Vertretern der Parteien an ihren Wahlständen und schneidet dieses Thema an, stimmen diese zu: Ja, es ist eine ungerechte Entwicklung zwischen Rente und Pension. Ja, es stimmt, dass eine 2,1%-Erhöhung der Gehälter z.B. bei einer Kita-Leiterin 60 € ausmacht, bei einem pensionierten Lehrer aber bis zu 90 € betragen kann. Ja, es stimmt, dass die Tarifangestellten durch ihre Tariferhöhungen ihre spätere Rente nur um wenige Euro steigern, aber ihr Arbeitskampf alle zwei Jahre zu immer weiter auseinanderdriftenden Versorgungen im Alter führt. Ein Durchschnittsrentner in Bremen wird im Juli eine Rentenerhöhung von 25 € erhalten, ein Durchschnittspensionär wird 60 € mehr an Altersbezügen bekommen
Besoldungsanpassungen für die Aktiven: JA
Mehr Polizisten und Lehrer: JA
Aber ein klares NEIN zur automatischen Erhöhung der Pensionen (erstritten durch Arbeiter und Angestellte) um ein Vielfaches der Rentenanpassung! Vorschlag: reduzieren der Pensionszuwächse auf die höchste erreichbare Rentensteigerung eines Bremer Rentners (Daten liefert die Rentenversicherung). Das entsprechende Besoldungsgesetz ist Ländersache. Die Partei, die das in Angriff nimmt, wird von mir im Mai gewählt! Werde ich „Nicht-Wähler“? Ihre Position?
Sehr geehrter Herr L.
Mein Mitkandidat auf der Liste der Linken, Herr Marschner, hat Ihre Frage ausgezeichnet beantwortet. Ich stimme seinen Aussagen vollständig zu. Da Sie seine Antwort schon kommentiert haben, haben Sie naturgemäß seine Antwort auch schon registriert. Für alle anderen Interessierten, hänge ich die Antwort von Heiko Marschner hier an.
Mit freundlichen Grüßen
Klaus-Rainer Rupp
Antwort von Heico Marschner
24.04.2015
Sehr geehrter Herr L.,
vielen Dank für Ihre gründliche Frage vom 21. Juli.
Gern hätte ich Ihnen früher geantwortet. Für die Wartezeit bitte ich um Entschuldigung.
Ich beschränke mich meiner Antwort auf meine Beziehungen zu Verdi im Fachbereich 9 Telekommunikation, Informationstechnologie. Ich bin als Beamter der Deutschen Bundespost, jetzt bei der Deutschen Telekom, bewusst Mitglied in der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi geworden, die im Konzern sowohl die Beamten als auch die Tarifkräfte vertritt.
Es gibt noch eine andere Gewerkschaft die Interessen der Beschäftigen in den Postnachfolgeunternehmen ( Deutsche Post, Deutsche Telekom und Postbank) vertritt. Das ist die Gewerkschaft DBV - Komm, die aber häufig die Interessen der Beamten aus dem gehobenen Dienst stärker betont. Diese Gewerkschaft gehört nicht zum DGB sondern ist Mitglied im Deutschen Beamtenbund.
Der Arbeitgeber versucht natürlich diese unterschiedlichen Beschäftigungsgruppen, dazu kommen häufig noch Leih und Zeitarbeitnehmer, gegeneinander auszuspielen.
Verdi hat in der Vergangenheit auch schon Beamte als Verhandlungsmasse eingesetzt. Zum Beispiel wurde das Urlaubs – und Weihnachtsgeld, sowie zwei freie Verfügbare Arbeitszeitverkürzungstage, bei den beschäftigten Beamten gestrichen um Beschäftigung bei den Tarifkräften zu sichern.
Wir haben in den einzelnen Konzerneinheiten auch Beamte die in sich beurlaubt eine höherwertige Tätigkeit mit besserer Bezahlung als Angestellte nachgehen. Diese zur Zeit nicht aktiven Beamten, haben das aktive Streikrecht, diese Menschen unterstützen solidarisch Arbeitskampfmaßnahmen für die Tarifkräfte in dem Sie Ihr neu gewonnenes Streikrecht eifrig nutzen.
Die Verdi setzt sich sowohl im Konzern für die Interessen der Tarifkräfte ein z.B. Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen, als auch für die Beamten. Aktuell Geplante Änderungen im Postpersonalrechtsgesetz, das ist die rechtliche Grundlage um Beamte in den Postnachfolgeunternehmen zu beschäftigen.
Die Tarifergebnisse für Arbeitnehmer bei der Telekom liegen im Übrigen über denen die Verdi für die Beamten im Bund und den Kommunen aushandelt, die dann um 0,2 Prozentpunkte gekürzt für die Altersvorsorge und um einen Faktor für die Postnachfolgebeamten gekürzt, auf die Beamten der Postnachfolgeunternehmen übertragen werden.
Mir ist sehr wohl bewusst, dass die Pensionen der ehemalig aktiven Beamten stärker als die der Rentner bei den Telekom steigen. Dies ist im Allgemeinen ein großes Problem. Wir von der Linken sind im Übrigen für ein einheitliches Dienstrecht im öffentlichen Dienst und einheitliche Bezahlung für Beamte und Nichtbeamte.
Selbstverständlich sind wir dafür, dass Renten genauso steigen wie Pensionen, insbesondere die unteren Renten müssen stärker steigen als bisher.
Vor dem Hintergrund ständig steigender privater Vermögen in Deutschland, steigen nicht die Pensionen zu stark sondern die Renten zu wenig. Der Finanzwissenschaftler Rudolf Hickel hat einmal im Presseclub am einem Sonntagmittag im TV gesagt: „Die heutigen Renten haben eine reale Kaufkraft auf dem Stand von 1986“.
Eine Kürzung von Pensionen, um im Gegenzug die Renten steigen zu lassen, macht keinen Sinn, da die volkswirtschaftliche Nachfrage, vor dem Hintergrund der ständig steigenden Privatvermögen, sonst geschwächt würde.
In Zukunft müssen Altersbezüge gerade bei weniger werdenden Einzahlern, aufgrund der weiter zur erwartenden volkswirtschaftlichen Produktivitätssteigerungen steigen. Für die Waren, die mehr hergestellt werden können, würde sonst die hier für notwendige Kaufkraft fehlen.
Grundsätzlich gilt: DIE LINKE setzt sich für ein Rentensystem für alle ein, inklusive Beamter, Selbständiger und PolitikerInnen.
Ich hoffe Sie können mit meinen Ausführungen besser nachvollziehen warum ich als Beamter Mitglied bei Verdi und bei der Linken bin.
Beste Grüße
Heico Marschner