Frage an Klaus-Peter Flosbach von Florian W. bezüglich Arbeit und Beschäftigung
Sehr geehrter Herr Flossbach,
wieso wird einem Azubi, der an einer kooperativen BaE-K (Berufsausbildung in außerbetrieblichen Einrichtungen; Anmerk. d. Red.) teilnimmt, im ersten Jahr nur ein Ausbildungsgehalt von 310 € und im zweiten Jahr nur ein Gehalt 325 € gezahlt?
Zum Vergleich: Wie Sie sicherlich wissen, bekommt ein Alleinstehender ALG II Bezieher einen Regelsatz von 359 €.
Können Sie mir erklären, wie man auf so etwas kommt? Ich fühle mich als Arbeitnehmer da ziemlich verarscht und unfair behandelt. Es ist ja nicht so, dass Azubis über eine BaE-K minderwertige Tätigkeiten durchführt. Vielmehr ist es die gleiche Arbeit, die in Anführungszeichen ein „normaler“ Azubi auch macht.
Ich arbeite in Köln, ich zahle von meinen 310 € monatlich ein Fahrticket in Höhe von 156 €. da bleiben mir also für mich 154 €
.
da könnte man doch wenigstens die Fahrtkosten erstattet bekommen oder?
Eine wirkliche Entlohnung für die Arbeit, die man täglich macht, ist es nicht.
Mit freundlichen Grüßen,
Florian Wirths
Sehr geehrter Herr Wirths,
haben Sie vielen Dank für Ihre Anfrage, die mich über abgeordnetenwatch.de erreicht hat. Dazu möchte ich folgendes erwidern:
Auf den ersten Blick erscheint das Einkommen eines Auszubildenden (besonders in den ersten beiden Lehrjahren wie in Ihrem Fall) sehr gering und damit unfair gegenüber dem ALG II-Regelsatz. Es ist jedoch anzumerken, dass die Höhe einer Ausbildungsvergütung nicht staatlich festgelegt, sondern in der jeweiligen Branche zwischen den Tarifparteien beschlossen wird. Der Gesetzgeber hat auf diesen Prozess keinen Einfluss, denn es gilt die Tarif- und Lohnautonomie.
Anders ist dies beim ALG II-Regelsatz. Dieser ist sehr wohl staatlich festgelegt und orientiert sich an der grundlegenden Bedürfnissen der Bezieher. Es handelt sich hierbei allerdings um eine staatliche Unterstützungsleistung mit temporären Charakter und nicht um eine Vergütung.
Zwischen beiden Einkommen besteht noch ein weiterer Unterschied: Das Geld, das Sie während Ihrer Lehrzeit erhalten, ist eine Ausbildungs-Vergütung. Zwar üben Sie nicht unbedingt „minderwertige Tätigkeiten“ während dieser Zeit aus, Sie befinden sich aber dennoch in einer Ausbildungs- bzw. Anlernphase. Da bedeutet, dass Sie sich noch bestimmte Fertigkeiten und Wissen aneignen müssen, was unter Anleitung eines Ausbilders geschieht. Da gibt es keinen Unterschied zwischen einem „normalen“ Auszubildenden und einem Lehrling in einer kooperativen BaE-K. Das Unternehmen, das Sie beschäftigt, „investiert“ in diese Fertigkeiten und Ihr neu erworbene Wissen, hat also auch entsprechende Kosten. Sie werden in den Ausbildungsbetrieben daher nicht als gleichrangiger Arbeitnehmer geführt, sondern als Auszubildender. Daher unterliegen Sie vielen Schutzrechten während der Ausbildung, erhalten aber auch weniger Geld.
Ich möchte zur Ausbildungsvergütung noch hinzufügen, dass Sie während der Lehrzeit bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres ja noch Anspruch auf Kindergeld haben, ggf. auch auf Wohngeldbeihilfe (je nach Einkommen).
Ich hoffe, ich konnte Ihnen hiermit weiterhelfen und verbleibe mit freundlichen Grüße,
Klaus-Peter Flosbach MdB