Frage an Klaus Mindrup von Matthias M. bezüglich Bundestag
Guten Tag Herr Mindrup,
ich möchte mich bei Ihnen erkundigen, welche Meinung und Vorgehensweise Sie hinsichtlich der Verkleinerung des Bundestages haben und vorschlagen bzw. verfolgen.
Herzlichen Dank im Voraus und freundliche Grüße,
M. M.
Sehr geehrter Herr Matt,
vielen Dank für Ihre Frage zur Wahlrechtsreform und Verkleinerung des Bundestages. Entschuldigen Sie bitte die verspätete Antwort.
Der Deutsche Bundestag ist als gewählte Vertretung der Bürgerinnen und Bürger. Hier werden die zentralen gesellschaftlichen Debatten geführt, Gesetze beraten und beschlossen, der Bundeskanzler oder die Bundeskanzlerin gewählt und die Regierung kontrolliert. Die SPD-Bundestagsfraktion will sicherstellen, dass der Bundestag diese Aufgaben auch in Zukunft optimal erfüllen kann.
Das Gesetz sieht für den Bundestag eine Regelgröße von 598 Mandaten vor. Bei der nächsten Wahl könnten es nach dem aktuell geltenden Bundestagswahlrecht wegen Überhang- und Ausgleichsmandaten nach bestimmten Prognosen über 800 Mandate werden. Der Bundestag könnte dadurch an die Grenzen seiner Arbeits- und Handlungsfähigkeit stoßen. Deshalb wollen wir das Wahlrecht reformieren.
Persönlich glaube ich nicht an dieses Szenario, denn die SPD wird mit dem Kanzlerkandidaten OIaf Scholz ein deutlich besseres Ergebnis als die aktuellen Umfragen erzielen und die CDU/CSU wird deutlich schlechter abschneiden, da Bundeskanzlerin Dr. Merkel nicht mehr antreten wird. Damit wird sich die Zahl der Überhang und Ausgleichsmandate deutlich verkleinern.
Trotzdem bin ich für eine gesetzliche Neuregelung.
Da in dieser Legislaturperiode die interfraktionelle Arbeitsgruppe zur Wahlrechtsreform und Verkleinerung des Bundestages unter Leitung von Bundestagspräsident Schäuble leider ohne Erfolg geblieben ist, haben wir als SPD-Bundestagsfraktion schon vor Monaten einen Kompromissvorschlag entwickelt: Mit einem zweistufigen Brückenmodell wollen wir auf praktikable Weise einer weiteren Vergrößerung des Bundestages entgegenwirken und den Weg für eine nachhaltige Wahlrechtsreform bereiten.
Wir wollen in einem ersten Schritt mit Wirkung bereits zur Wahl 2021 eine Übergangsregelung mit einer absoluten Mandatsobergrenze von 690 Abgeordneten einführen und dies mit der Einführung einer Paritätsregelung zur gleichmäßigen Repräsentanz von Frauen und Männern im Bundestag verbinden. Überhang- und Ausgleichsmandate sollen bis zur Erreichung der Obergrenze unter Wahrung des Zweitstimmenproporzes zugeteilt werden, darüberhinausgehende Überhang- und Ausgleichsmandate nicht mehr. In einem zweiten Schritt schlagen wir vor, eine Reformkommission aus Abgeordneten, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern sowie Bürgerinnen und Bürgern einzusetzen, die sich mit gegenwärtig diskutierten Reformalternativen für das personalisierte Verhältniswahlrecht auseinandersetzt und Empfehlungen für eine Wahlrechtsreform sowie zur Modernisierung der Parlaments- und Wahlkreisarbeit erarbeitet.
Weitere Einzelheiten und die konkrete mathematische Umsetzung unseres Vorschlags haben wir auf der Homepage der SPD-Bundestagsfraktion veröffentlicht:
https://www.spdfraktion.de/system/files/documents/beschluss-wahlrecht-spd-20200303.pdf
https://www.spdfraktion.de/system/files/documents/spd-brueckenmodell-zweibeispielrechnungen.pdf
Die Unionsfraktion hat in der letzten Sitzungswoche vor der Sommerpause erste eigene Vorschläge für eine Wahlrechtsreform diskutiert. Eine Beschlussvorlage hierzu ist uns nicht übermittelt worden und hat es wohl auch nicht gegeben. Wir sehen hier noch erheblichen weiteren Diskussionsbedarf und werden die nächsten Wochen weiter intensiv nutzen, um an einer Reform für die Wahl 2021 und darüber hinaus zu arbeiten.
Als nächstes wird der Koalitionsausschuss am 25.08.2020 das Thema behandeln.
Mit freundlichen Grüßen
Klaus Mindrup