Frage an Klaus Mindrup von Jochen F. bezüglich Recht
Sehr geehrter Herr Mindrup,
Sicher haben Sie von der kürzlich von Jan Böhmermann angestoßenen Diskussion um die Entschädigungsverhandlungen der Bundesregierung mit der Familie Hohenzollern Kenntniss genommen.
Meine Fragen an Sie sind:
- Wie stehen Sie zu den Entschädigungsforderungen der Familie Hohenzollern?
- Wie sehen Sie es, dass die Bundesregierung echte Opfer missachtet und Angehörige von Familien, die ihren Besitz aus schwersten Verbrechen gegen die Menschheit bezogen haben bevorzugt behandelt werden? Wie ist es möglich, dass eine Bundesregierung mit SPD-Beteiligung überhaupt mit diesen Gewaltherrschernachfahren redet, nachdem diese ihre antidemokratische Haltung und fehlende Reflektion ihrer Taten mehrfach unter Beweis gestellt haben?
- Wie erklären Sie sich, dass Angehöriger dieser Clans offensichtlich durch persönliche Kontakte immer noch genügend Einfluss haben um demokratische Entscheidungsträger zu korrumpieren? Haben Sie auch das Gefühl, dass westliche Demokratien zu Selbstbedienungsläden für Reiche verkommen sind wo man Gesetze brechen, Steuern hinterziehen und sich offensichtlich Allgemeineigentum schenken lassen kann nur weil man Geld hat und die richtigen Leute kennt?
- Wie sollen ich und meine Kinder jemals von so einem korrupten System profitieren können? Es war ihre Aufgabe dafür zu sorgen, dass unser Staat niemals wieder in so eine Richtung umkippt.
- Was werden Sie dafür tun, dass diese Clans sich nicht durch Korruption und juristische Tricks Allgemeineigentum aneignen während normale Menschen für ihr Geld arbeiten müssen und für ihre kriminellen Taten verurteilt werden? Tut Ihre Partei irgendwas oder sehen Sie die SPD durch ihre Verbindungen zu Lobbynetzwerken als Teil des Problems?
Ich danke Ihnen für die Bearbeitung meiner Anfrage und wünsche Ihnen noch eine erfolgreiche Amtszeit.
Mit freundlichen Grüßen
Sehr geehrter Herr Freitag,
danke für Ihre Anfrage. In der Tat habe ich die Darstellung im Netz von Jan Böhmermann zu den Entschädigungsverhandlungen, die das Bundeskanzleramt mit den Hohenzollern führt, zur Kenntnis genommen. Diese Entschädigungsansprüche werden geprüft. Entscheidend ist hierbei die Frage, ob führende Mitglieder dieser Familie die nationalsozialistische Diktatur unterstützt haben. Dazu liegen Gutachten vor. Eigentlich ein normaler rechtlicher Vorgang, der allerdings, da es sich bei dieser Familie, um die bis 1918 in Deutschland herrschende Dynastie handelt, emotional sehr aufgeladen ist.
Gerne beantworte ich Ihre Frage, wie ich ganz persönlich zu den Forderungen der Familie Hohenzollern stehe: Gar nichts schulden die Republik und das deutsche Volk dieser Familie!
Gestatten Sie mir bitte, dies kurz zu begründen.
Das jetzt von Georg Friedrich von Preußen angefragte Schloss Cecilienhof beispielsweise wurde als modernster Fürstenwohnsitz für die Familie des Kronprinzen Wilhelm, dem Urgroßvater Georg Friedrichs, von 1915 bis 1917 – mitten im ersten Weltkrieg – errichtet. Als es fertig wurde, waren bereits Hunderttausende deutsche Männer als Soldaten ums Leben gekommen, die Jugend ganzer Städte ausgelöscht. Die deutsche Zivilbevölkerung wurde damals seit zwei Wintern hauptsächlich mit Futterrüben ernährt. 700000 Zivillisten, vor allem Kinder, Frauen und alte Menschen sind in diesem Krieg in Deutschland verhungert, während die Hohenzollern sich Schlösser bauen ließen. Ein Hohn, hundert Jahre danach gerade dieses Schloss zu beanspruchen.
Wie andere Herrscherhäuser hat diese Dynastie ihre Untertanen ausgeplündert und für ihre Interessen missbraucht, Kriege in Deutschland und Europa angezettelt sowie internationale Krisen geschürt und fremde Völker unterjocht.
Die SPD ist in der Vergangenheit niemals eine Lobby für die Interessen des Hochadels gewesen und wird es niemals sein, da sind die Sorgen, die Sie sich machen, sicher unbegründet.
Ihre Frage, „ Wie sollen ich und meine Kinder jemals von einem so korrupten System profitieren können?“halte ich für einen falschen Ansatz und möchte Sie lieber auffordern, die Chancen unserer Demokratie zu nutzen, um sich mit anderen für eine gerechtere Verteilung gesellschaftlichen Wohlstandes sowie für bessere Partizipationsmöglichkeiten zu engagieren. Dabei würden sie überall Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten begegnen, die in solchen Zusammenhängen auf allen Ebenen unterwegs sind.
Mit freundlichen Grüßen
Klaus Mindrup