Frage an Klaus Mindrup von Dagmar H. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Mindrup,
mich interessiert, wie Sie sich als Abgeordnete für Behinderte in unserem Stadtbezirk einsetzen.
Es ist wohl unbestritten, das es für Rollstuhlfahrer angesichts der teilweise desaströsen Wege- und Bordsteinsituation lebensgefährlich ist, einen Ausflug zu unternehmen, so dass man gezwungen ist, entweder zu Hause zu versauern oder aber Unsummen an Fahrgeld für private Fahrdienste ausgeben muß, was leider auch nur selten der Fall sein kann, auf Grund der aufstockenden Grundsicherung zur Rente - was eh schon kaum zum Leben reicht. Ebenso vermisse ich kulturelle Freizeitangebote oder sonstige Aktivitäten, die sich speziell an Schwerbehinderte etc. richtet. Desweiteren möchte ich hier auch an die nichtvorhandenen, rollstuhlgerechten Wohnungen erinnern. WAS ist in dieser Hinsicht geplant ?
Ich bedanke mich im Voraus für die Beantwortung meines Scheibens
mit besten Grüßen
Dagmar A. H.
Sehr geehrte Frau Hepold,
vielen herzlichen Dank für Ihr Schreiben bezüglich der Situation von Menschen mit Handicap im öffentlichen Raum im Stadtteilbezirk Pankow. Die späte Antwort bitte ich zu entschuldigen. Ich gebe Ihnen völlig Recht, dass die von Ihnen angesprochene Situation in meinem Wahlkreis sehr unzureichend ist. Ich selbst habe vor einigen Jahren mit meiner Mitarbeiterin eine Reise durch den Wahlkreis unternommen, um mir ein Bild von der Problematik vor Ort zu machen. Dies war nicht zuletzt deshalb sehr aufschlussreich, da diese Mitarbeiterin selbst im Rollstuhl sitzt. Im Bezirk Pankow gibt es eine Vielzahl von Kreuzungen und Einmündungen, an denen Bordsteinabsenkungen noch nicht erfolgt sind. Zu meinem Bedauern existieren statistische Übersichten darüber, welche Maßnahmen bereits aufgeführt und welche noch erledigt werden müssen, nicht.
Hier muss mehr getan werden. Der Bezirk beantragt seit vielen Jahren aus Sonderprogrammen zusätzliche Mittel, insbesondere aus dem Programm zur „Verbesserung des Fussverkehrs – Barrierefreiheit in öffentlichen Räumen – Bordabsenkungen“ der Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz.
Im Doppelhaushalt 2018/2019 waren dort jährlich nur ca. 45 % des Sollbedarfs eingestellt. Für das Jahr 2019 standen dem Bezirk aus dem Programm 100.000 Euro zur Verfügung. Aus diesen planmäßigen Mitteln sind nur verkehrssichernde Maßnahmen, wie zum Beispiel die Beseitigung akuter Gefahrenstellen auf Gehwegen, Radwegen und Fahrbahnen, finanzierbar. Für eine grundlegende Verbesserung des allgemeinen Zustandes der Straßen oder das Auflegen eines Programms im Bezirk sind diese Mittel völlig unzureichend.
Der Bezirk Pankow hat im Zeitraum von 2012 bis 2018 aus diesem Programm Einzelmaßnahmen im finanziellen Umfang von 702.782,57 Euro umgesetzt. Dies stellt eine Mittelausschöpfung von 124,39 Prozent dar. Die bisherigen Einzelmaßnahmen wurden aufgrund der örtlichen Kenntnisse der zuständigen Stellen unter Einbeziehung von Wünschen oder Beschwerden der jeweils betroffenen behinderten Menschen vorbereitet, beantragt und durchgeführt. Dabei wurde von Beginn an durch Einbeziehung des Behindertenbeauftragten des Bezirksamtes versucht, besonders auf die spezifischen Bedürfnisse dieser Personengruppe einzugehen. Im November 2018 wurde bei einer Beratung mit Seniorenvertretung und Behindertenbeirat die Reaktivierung der Arbeitsgruppe – Barrierefreiheit im öffentlichen Raum – beim Bezirksstadtrat für Stadtentwicklung und Bürgerdienste beschlossen. Eine erste Beratung fand im April 2019 statt. Aus der Arbeit dieser Gruppe werden u.a. dann auch Vorschläge für Einzelmaßnahmen für die kommenden Jahre zu erwarten sein. Diese Vorschläge müssen dann auf Finanzierbarkeit und Umsetzbarkeit geprüft und unter Beachtung weiterer im Einzugsbereich stattfindender oder zukünftig geplanter Arbeiten geplant und beantragt werden. Ich stehe auch hierzu in einem regen Austausch mit meinen Fraktionskollegen aus dem Berliner Abgeordnetenhaus.
Das Bezirksamt ist 2018 beauftragt worden die Kultureinrichtungen des Bezirks und ihre Angebote auf die Teilhabemöglichkeiten für und Bedarfe von Menschen mit Behinderungen und Menschen mit Lernbeeinträchtigungen (im Hinblick auf Verfügbarkeit, Zugänglichkeit, Annehmbarkeit und Angemessenheit) zu prüfen. Des Weiteren wurde das Bezirksamt ersucht, unter Beteiligung der Betroffenen und ihrer Interessenvertretungen sowie, zu prüfen wo und wie Künstler*innen mit Behinderungen bereits aktiv an der Entwicklung und Gestaltung von Veranstaltungen und Angeboten von Kultureinrichtungen des Bezirks beteiligt sind, welche Unterstützungsbedarfe bestehen und wie diese realisiert werden können. Zudem wurde das Bezirksamt ersucht, die Ergebnisse zu evaluieren und einen Inklusionsplan für die Kultureinrichtungen des Bezirks zu erarbeiten sowie ggfs. Projekte zur Förderung vorzuschlagen. Hierzu liegt mittlerweile ein erster Zwischenbericht vor.
Das Amt für Weiterbildung und Kultur hat in der Angelegenheit im November 2019 Kontakt zur Schwerbehindertenvertretung und zum Bezirksbehindertenbeauftragten aufgenommen. Ziel ist es, gemeinsam einen Workshop vorzubereiten, in dem die Kultureinrichtungen auf die angesprochenen Teilhabemöglichkeiten geprüft und gegebenenfalls weiterentwickelt werden. Der Workshop soll unter Einbezug aller Fachbereiche des Amtes sowie Betroffener und ihrer Interessenvertretungen im Jahr 2020 stattfinden.
Zu Ihren Fragen zu Angeboten im Bezirk empfehle ich Ihnen im Weiteren sich an die Beratungsstelle für Menschen mit Behinderung des Bezirksamtes in der Grunowstr. 8-11 zu wenden oder an das Berliner Zentrum für selbstbestimmtes Leben in der Gustav- Adolf Straße 130.
Für Rückfragen stehe ich gern unter Klaus.mindrup@bundestag.de zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Klaus Mindrup