Frage an Klaus Mindrup von Gerhard R. bezüglich Finanzen
Sehr geehrter Herr Mindrup
gleich mal ein Zitat:
"Ist die Vermögensteuer nicht verfassungswidrig?
Tatsächlich hat das Bundesverfassungsgericht 1995 die bis dahin geltende Vermögensteuerregelung nur aus einem einzigen Grund für verfassungswidrig erklärt: wegen der Bevorzugung des Grundeigentums. Immobilien und Grundstücke wurden nämlich im Durchschnitt nur mit einem Zehntel ihres Wertes besteuert – eine massive Ungerechtigkeit im Vergleich zu Besitzern von Geldvermögen.
Hintergrund war, dass die der Immobilien- und Grundstücksbewertung zugrundeliegenden Verkehrswerte seit 1964 nicht mehr aktualisiert worden waren. Das sollte der Gesetzgeber korrigieren. Dies ist bis heute nicht erfolgt, weshalb die Vermögensteuer seit 1996 nicht mehr angewendet wird.
(Quelle: https://www.reichtum-umverteilen.de/hintergrund/fragen-und-antworten/)
Die SPD saß doch seid 1998 IMMER mit in der Regierung! Wie erklärt sich die Tatsache, wie erklären Sie das Ihren Wählern gegenüber, das offenbar bei fast immer "klammer Haushaltslage" dieser Forderung des Bundesverfassungsgerichts nicht nachgekommen wurde?
Wäre das jetzt nicht "die Gelegenheit" dem Wähler, dem bösen Quäler, zu beweisen, das es sich wieder lohnen könnte, die SPD zu wählen???
Bin ich jetzt ein böser Schelm, wenn ich dann gleich noch die Frage - hier insbesondere für Berlin - nach der konsequenten Umsetzung eines Transparenzregisters stelle - siehe dazu Berichterstattung von correctiv.org/Tagesspiegel zur Fragestellung "wem gehört welches Haus in Berlin "Das verdeckte Imperium"?
Sehr geehrter Herr R.,
für Ihr Schreiben bezüglich der Vermögenssteuer möchte ich mich herzlich bedanken. Für die verspätete Antwort möchte ich mich bei Ihnen entschuldigen. Dies war der Situation rund um das Klimaschutzpaket geschuldet. Normalerweise versuche ich, die an mich gestellten Bürgeranfragen zügig abzuarbeiten, aber diesmal ist es mir leider nicht gelungen. Die von Ihnen geschilderte Darstellung bezüglich der Vermögenssteuer trifft vollständig zu. Das Bundesverfassungsgericht hat die Erhebung der Steuer als unzulässig erklärt, da Immobilien und Geldvermögen unterschiedlich bewertet und damit unterschiedlich besteuert werden. Die Vermögenssteuer ist aber damit nicht an sich verfassungswidrig. Bei einer Änderung der Bewertungsregelung, die eine Gleichbehandlung der verschiedenen Vermögensarten, könnte die Vermögenssteuer wieder erhoben werden. Eine Änderung der Bewertungsregeln wurde aber von der Union blockiert. Der Parteivorstand der SPD hat eine Kommission zur Besteuerung hoher Vermögen eingesetzt, die Ihren Abschlussbericht inzwischen vorgestellt hat. Wie Sie sicher wissen, konzentriert sich das private Vermögen in Deutschland in sehr wenigen Händen. Das reichste Prozent der privaten Haushalte in Deutschland verfügt laut Internationalem Währungsfonds (IWF) über fast ein Viertel des gesamten Netto-Vermögens. Bei einer Berücksichtigung ergänzender Datensätze liegt der Anteil sogar bei bis zu einem Drittel. Eine Revitalisierung der Vermögensteuer würde dem weiteren Anwachsen der Vermögenskonzentration entgegenwirken – sie betrifft ausschließlich die ein bis zwei Prozent der größten Vermögen in Deutschland. Auch steht sie nicht für sich allein, sondern ist einzubetten in einen größeren Kontext: in ein gerechteres Steuersystem mit der Entlastung kleiner und mittlerer Einkommen, mit einer Besteuerung von Finanztransaktionen und einer Mindestbesteuerung für global agierende (Digital-)Konzerne, um Steuerflucht und Gewinnverlagerung zu beenden. Zusätzlich geht es um Überlegungen, wie Vermögensbildung für Menschen mit kleinen und mittleren Einkommen erleichtert werden kann. Unsere Eckpunkte gehen von folgenden Grundsätzen aus:
• Die persönliche Vermögensteuer soll die Steuerbelastung auf besonders reiche Teile der Bevölkerung konzentrieren, was durch hohe persönliche Freibeträge sichergestellt wird.
• Die Besteuerung orientiert sich am Modell der Schweiz, d.h. neben natürlichen Personen sollen damit auch juristische Personen – insbesondere Kapitalgesellschaften – eigenständig der Vermögensteuer
unterliegen.
• Die verfassungsrechtlichen Probleme bei der Bewertung des Vermögens werden korrigiert. Die Bewertung insgesamt, auch bei Grundstücken, orientiert sich grundsätzlich an den Maßstäben der
Erbschaftsteuer.
• Mit der Vermögensteuer werden keine Arbeitsplätze gefährdet. Verschonungsregeln zur Vermeidung von Substanzbesteuerung sollen eingebaut werden.
• Die Ausgestaltung und die zuständigen Parameter stellen wir uns wie folgt vor: maßvoller, einheitlicher Steuersatz von ein von Hundert (möglicher höherer Steuersatz für Superreiche);
• hohe persönliche Freibeträge für Ledige/für Verheiratete bzw. eingetragene Lebenspartner;
• Einbeziehung von Kapitalgesellschaften in die subjektive Steuerpflicht mit einer Freigrenze für steuerpflichtige Vermögen;
• Vermeidung einer Doppelbesteuerung. Hier sind zwei Möglichkeiten zu diskutieren. Dazu gehört die jeweils hälftige Berücksichtigung des Vermögens auf der Ebene der Kapitalgesellschaft und bei den
Anteilseignern (das sogenannte Halbvermögensverfahren). Eine andere Möglichkeit besteht darin, Betriebsvermögen, auch von Kapitalgesellschaften, ausschließlich auf Ebene der natürlichen Person, der
die Beteiligung oder der Betrieb gehört, zu versteuern.
• verkehrswertnahe Bewertung des Vermögens in Anlehnung an die Erbschaftsteuer;
• Auslandsvermögen sind steuerpflichtig, soweit sie nicht durch Doppelbesteuerungsabkommen freigestellt sind;
• Sicherstellung des Steuervollzugs durch Einführung einer Meldepflicht der Banken über Wert und Umfang der in ihrem Gewahrsam befindlichen Vermögensgegenstände;
• weitgehende Freistellung des Altersvorsorgevermögens, d.h. insbesondere private Rentenversicherungen, für die analoge Prinzipien gelten wie für die gesetzlichen Rentenansprüche;
• Bei Betriebsvermögen sind zur Vermeidung einer Substanzbesteuerung Verschonungsregelungen vorzusehen.
Im nächsten Schritt werden wir auf der Grundlage dieser Eckpunkte einen konkreten Vorschlag zur Wiedereinführung der Vermögenssteuer erarbeiten. Mit diesem Eckpunktepapier wollen wir darüber hinaus die weitere notwendige Diskussion zur gerechteren Besteuerung von Vermögen anregen.
Die von Ihnen kritisierte Intransparenz der Immobilien-Großbesitzer ist auch in meinen Augen ein großes Problem. Allerdings besteht bereits seit 2017 ein Transparenzregister. Dieses ist jedoch bisher nicht uneingeschränkt öffentlich einsehbar. Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) will das nun ändern und hatte bereits im Mai dieses Jahres angekündigt, den Datenzugriff für jede interessierte Bürgerin und jeden interessierten Bürger öffentlich zu machen.
Mit freundlichen Grüßen
Klaus Mindrup