Frage an Klaus Mindrup von Sören B. bezüglich Wirtschaft
Guten Abend,
ich habe gerade gelesen dass sie gegen den Antrag zur "Konzerntransparenz gegen Steuerflucht einführen" gestimmt haben. Hat die SPD damit nicht im Europawahlkampf Werbung gemacht oder täusche ich mich da?
Heißt das Sie sind weiterhin für die bestehende Intransparenz? Und wollen eins der Mittel zur Minderung der Steuerflucht nicht nutzen?
Mit freundlichen Grüßen
S. B.
Sehr geehrter Herr B.,
es ist richtig, ich habe gegen den Antrag "Konzerntransparenz gegen Steuerflucht einführen" der Fraktion Die Linke gestimmt.
SPD und Union haben sich im Zuge der Koalitionsverhandlungen darauf geeinigt, Steuervermeidung in Deutschland, der EU und international wirksam zu bekämpfen. Das sogenannte Country-by-Country Reporting ist eine Berichterstattungspflicht für Unternehmen und ermöglicht es den Steuerbehörden, nachzuvollziehen, in welchen Staaten wie viel Gewinn gemacht und wie viele Steuern gezahlt wurden. Damit können wir die Steuerstrategien multinationaler Unternehmen nachverfolgen und Steuervermeidung angehen.
Wir als SPD-Fraktion unterstützen also das Anliegen der Europäischen Kommission und des Europäischen Parlaments.
In dem von Ihnen genannten Antrag wird behauptet, es gebe einen Zielkonflikt zwischen der SPD und dem SPD-geführten Finanzministerium. Das ist nicht richtig.
Das Bundesfinanzministerium setzt um, was die SPD mit den Kolleginnen und Kollegen von der Union vertraglich vereinbart hat. Und im Koalitionsvertrag heißt es: „Wir wollen (…) den Kampf gegen Steuerbetrug und aggressive Steuervermeidung vorantreiben. Die dazu aus den Mitgliedstaaten und von der EU-Kommission vorgelegten Vorschläge werden wir prüfen.“ Nun gibt es einen Vorschlag, und der liegt beim Rat der EU. Der Antrag der Fraktion Die Linke erweckt den Eindruck, als wäre dessen sofortige Umsetzung ohne Weiteres möglich und letztlich aber an Deutschland gescheitert.
Tatsache ist, dass auch viele andere Länder gegen diesen Vorschlag gestimmt haben. Im Europäischen Parlament haben zwar über 90 Prozent der Europaabgeordneten dem Vorschlag zugestimmt – und das freut mich sehr, da wir als SPD-Fraktion weiter hinter dem Vorhaben stehen –, aber die Regierungen der Mitgliedsländer, die im Rat der EU sitzen, haben eben zahlreich Ablehnung signalisiert, darunter Schweden, Irland, Portugal, Rumänien und Italien.
Dass ein deutscher Finanzminister einen offensichtlich nicht mehrheitsfähigen Vorschlag ändern möchte, ist grundsätzlich eine gute Sache. Nun wird gemeinsam mit den europäischen Partnern nach sinnvollen Lösungen gesucht.
Entscheidend aber ist, dass die Praxis des Country-by-Country Reportings bereits verpflichtend für Unternehmen gilt. Seit Mitte letzten Jahres werden die länderbezogenen Berichte zwischen den Steuerverwaltungen automatisch ausgetauscht. Damit können die Behörden konsequent gegen Gewinnverlagerungen vorgehen und die Firmen dort besteuern, wo der Gewinn erwirtschaftet wird.
Der nun vorgelegte Vorschlag geht darüber hinaus und verlangt die Offenlegung des sogenannten Ertragssteuerinformationsberichts nunmehr auch gegenüber Nicht-EU-Staaten sowie die Veröffentlichung im Internet für mindestens fünf Jahre.
Die SPD steht hinter dem Vorhaben einer öffentlichen Rechenschaftspflicht von Konzernen, die Aufschluss über die Geschäftstätigkeit und die damit zusammenhängenden Steuerpflichten gibt. Das haben wir, wie Sie richtig erwähnen, in unserem Europawahlprogramm deutlich gemacht.
Wir wollen den Steuerverwaltungen in ganz Europa wirksame Instrumente gegen Steuerschlupflöcher in die Hand geben, damit die Firmen dort besteuert werden, wo der Gewinn erwirtschaftet wird. Auf diese Weise entziehen wir den Staaten außerdem die Grundlage für unfairen Steuerwettbewerb. Das gelingt aber nur, wenn wir während der Verhandlungen Einigkeit zwischen den EU-Mitgliedern herstellen.
Mit freundlichen Grüßen
Klaus Mindrup