Frage an Klaus Mindrup von Frauke W. bezüglich Soziale Sicherung
Guten Tag,
Warum tun so viele in der SPD so, als wüssten sie nicht, warum die SPD bei allen Wahlen so krachend verliert?
Ich helfe Ihnen.
In der GOKO hat die SPD dafür gesorgt, dass wir zum Erreichen des Rentenalters länger arbeiten müssen, ich bekomme meine Regelrente nicht mehr mit 65 sondern erst mit über 66 Jahren. Der Grund dafür: Angeblich hat der Staat kein Geld.
Nun, nach 40 Jahren Arbeit bekomme ich dann ca. 1.700 Euro Rente. Dann lese ich, dass ein minderjähriger Flüchtling uns über 5.000 Euro im Monat (!) kostet.
Kein Geld da? Für Flüchtlinge ja, aber nicht für uns. Der SPD ist doch der „hart arbeitende Bürger“ völlig egal, Hauptsache die internationale Solidarität läuft, oder?
Mein Sohn und seine Frau wollen mit Baby aus der 1-Zimmerwohnung in eine 3-Zimmerwohnung. Bei uns in der Straße war eine frei, bekommen hat die eine Flüchtlingsfamilie. Wie ich streng vertraulich erfahren habe, hat der Senat/Bezirk dem Vermieter eine Prämie bezahlt, damit er Flüchtlinge nimmt! Ich habe diesen Artikel gefunden, also streiten sie es bitte nicht ab.
Nun tritt die SPD für unbeschränkten Familiennachzug für Flüchtlinge ein. D.h., wenn die Frauen und Kinder der Flüchtlinge da sind, wollen die Männer, die jetzt noch in Wohnheimen leben, schnell eine Wohnung haben. Die Wohnungsknappheit wird sich noch mehr verschärfen. Gegen Prämien und noch mehr Flüchtlinge hat mein Sohn keine Chance mehr, eine Wohnung zu finden. Oder wie sehen Sie das? Bitte schreiben Sie nicht, wir wollen mehr bauen, denn das braucht noch viele Jahre und hilft nicht jetzt, ist nur vertrösten
Verstehen Sie jetzt, warum viele die SPD nicht mehr wählen? Hr. Gabriel hat es schon verstanden, oder?
Sehr geehrte Frau W.,
Zunächst entschuldigen Sie die späte Antwort. Leider ist in der Umstellung zwischen Bundestagswahlkampf 2017 und Start der 19. Legislatur ein Problem mit der Weiterleitung von Emails entstanden.
Darum hat weder mich, noch mein Team die Benachrichtigung von Abgeordnetenwatch über ihre Anfrage erreicht. Wir haben diesen Fehler nun behoben. Ich bitte Sie dies zu entschuldigen.
Gerne beantworte ich Ihre Frage:
Die Rente ist eine der zentralen Errungenschaften unseres Sozialstaates. Sie gehört auch für mich zur sozialen Sicherung dazu. Darum hat die SPD in dieser und in der letzten Legislatur erhebliche Verbesserungen bei der Rente vorgenommen.
In der letzten Legislatur hat die SPD die Rente mit 63 nach 45 Versicherungsjahren beschlossen, parallel dazu haben wir die Mütterrente verbessert und die Erwerbsminderungsrente erhöht. Kosten nur für die Rentenversicherung bis 2025 rund 10 Mrd. Euro. Endlich haben wir einen Pfad zur Angleichung der Renten in Ost und West angelegt. (Kosten bis 2024: rund 16 Mrd. Euro)
In dieser Legislatur haben wir durchgesetzt, dass wir das Rentenniveau bei 48% Prozent stabilisieren. Allein für diese Maßnahme rechnen wir bis 2025 mit 11 Mrd. Euro Kosten. Es wird ein weiteres Mal die Mütterrente erhöht, laut Rentenversicherung werden hierzu knapp 4 Mrd. Euro an Kosten entstehen. Zusätzlich wird die Erwerbsminderungsrente ein weiteres Mal verbessert, Kosten knapp 1,8 Mrd. Euro. Wir werden eine Grundrente einführen, die 10% über der ortsüblichen Sozialhilfe liegen wird. Die Kosten hierfür sind noch nicht genau beziffert, werden aber wohl 1-2 Milliarden Euro betragen.
Diese Maßnahmen aus der letzten und dieser schwarz-roten Koalition zusammengenommen, werden uns also gut 45 Mrd. Euro bis 2025 wert sein. (Zusätzlich zu den rund 80 Mrd. Euro, die schon vor 2013 aus Steuermitteln in die Rentenkasse beigetragen werden.) Wir geben dieses Geld aus, weil uns die Leistungen wichtig sind. Weil uns soziale Sicherheit wichtig ist.
Das heißt auch, dass wir die besonderen Bedarfe von minderjährigen(!) unbegleiteten(!) Flüchtlingen schützen. Diese Gruppe ist auch nach dem Gesetz besonders schützenswert. Natürlich gibt es hier ganz andere Bedarfe bei der Betreuung, Unterkunft und Unterstützung. Das gilt aber genauso für Jugendhilfeeinrichtung, die Jugendliche betreuen.
Und zum Punkt des Wohnens. Im Artikel wird von Belegungsrechten gesprochen. Die Stadt Leipzig erwirbt also die Möglichkeit eine Wohnung zu belegen. Das ist nicht unüblich, wird aber auch bei anderen Formen der sozialen Wohnförderung angewendet. Eine Prämie ist das jedoch nicht.
Und ja, es gibt große Probleme bei Mieten und beim Wohnen. Seit 20 Jahren bin ich aktiver Genossenschaftler, habe bei der Gründung der Genossenschaft Bremer Höhe eG im Prenzlauer Berg mitgewirkt und bin dort seitdem als Aufsichtsrat aktiv. Ich kämpfe seit fast einem Jahrzehnt dafür, dass wir eine Wende in der Wohnungspolitik hinbekommen, seit rund 5 Jahren tue ich das im Deutschen Bundestag. Die Konkurrenzsituation am Wohnungsmarkt ist ein Riesenproblem. Gerade in Berlin, das seit Jahren jährlich um 40.000 Einwohner/innen wächst - darunter sind nur 2015 und 2016 eine signifikante Zahl an Kriegsvertriebenen. (Quelle: a)https://www.morgenpost.de/berlin/article209239325/Viel-weniger-Gefluechtete-in-Berlin.html , b)https://www.tagesspiegel.de/berlin/stadtentwicklung-berlins-bevoelkerung-waechst-weiter/21221954.html) Die Zahl der Geflüchteten, denen wir Schutz gewähren, ist im letzten Jahr ja noch einmal gesunken. Die oft hörbare Parole "Flüchtlinge raus" hilft effektiv kaum bis gar nicht. Wir erleben in vielen Ballungsräumen ein Wachstum - das ist einfach ein Zeichen unserer Zeit. Leider wurden diese Zeichen von vielen Verantwortungsträger/innen zu spät erkannt.
Leider kann ich Ihnen darum auch keine einfache Antwort geben. Die rasante Entwicklung zu stoppen, wird leider Zeit kosten. Die Sicherung von bezahlbarem Wohnraum ruht auf drei Säulen. Erstens die Sicherung von bezahlbarem Bestand: Wir müssen verhindern, dass das "Herausmodernisieren" aus günstigen Bestandswohnungen weiterhin möglich ist. In dieser Koalition werden wir dazu den prozentualen Anteil der Modernisierungsumlage für energetische Sanierung auf 8% senken und die maximale Mietkostensteigerung auf 3 Euro pro Quadratmeter deckeln. Zweitens brauchen wir günstigeres Bauland. Seit Jahren kämpfe ich dafür, dass Bundesimmobilien nicht mehr nur zum Höchstpreisverfahren vergeben werden. In diesem Verfahren werden wertvolle Grundestücke regulär am Markt angeboten. Die Preise steigen. Auf teuren Grundstücken wird so günstiger Wohnungsbau unmöglich. In den Haushaltsberatungen 2018 hat sich die SPD mit der Änderung der BIMA-Vorschriften durchgesetzt. Wir werden darüber hinaus eine Kommission zur Frage des Baulandes einsetzen, um neue Wege zu erörtern, wie wir mit den rasant steigenden Bodenpreisen umgehen wollen. Drittens brauchen wir günstigen Wohnungsbau. Dafür müssen wir vor allem auf die Bauträger setzen, die langfristig orientiert arbeiten und nicht auf kurzfristige Profite. Wir müssen also auch die Förderung von Genossenschaften, Stiftungen und kirchlichen Trägern ausbauen. Auch das haben wir in dieser Legislatur im Koalitionsvertrag verankert. Viertens Wohnungsbau muss wieder ständige Aufgabe unsere Staates werden. Wohnen ist ein menschliches Grundbedürfnis. Der Staat, der Bund, die Länder und Kommunen müssen wieder dauerhaft im Wohnungsbau aktiv werden uzw. langfristig. Dazu haben wir in den letzten Jahren bereits hunderte Millionen Euro zur Verfügung gestellt. In dieser Legislatur werden wir die soziale Wohnraumförderung des Bundes über das Jahr 2020 hinaus festschreiben und auf 2 Mrd. Euro erhöhen.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr Klaus Mindrup