Wie kann der Überforderung der Infrastruktur (Schule, Ämter, Ärzte, Wohnungen) in Berlin im Kern begegnet werden, wenn gleichzeitig überall Fachkräfte fehlen, die Stadt aber immer weiter wächst?
Sehr geehrter Herr Lederer, gibt es Überlegungen dem Wohnungsmangel, außer mit einem immer Mehr an Bauen zu begegnen, bspw. eine andere Verteilung des Wohnraums, oder ein Zuzugsmoratorium, o.ä.? Mit freundlichen Grüßen
Ein Zuzugsmoratorium für Berlin würde DIE LINKE nicht unterstützen und es widerspräche auch geltendem Recht auf allen Ebenen. Neben besseren Bildungs- und Ausbildungs-Angeboten wird es schon alleine aufgrund des demographischen Wandels ohne Zuzug nicht gelingen, den von Ihnen angesprochenen Fachkräftemangel zu beseitigen. Außerdem ist es unsere humanitäre Pflicht, Menschen die in Berlin Schutz und ein besseres Leben suchen aufzunehmen und gemeinsam, gegen die Zumutungen eines ungezügelten Marktes, gute Lebensbedingungen für alle Berlinerinnen und Berliner durchzusetzen.
Als Linke unterstützen wir einen bedarfsgerechten Neubau, der auch soziale und ökologische Notwendigkeiten anerkennt. Dazu gehört auch, dass Bewohnerinnen und Bewohner eingebunden werden müssen und dass technische, soziale und grüne Infrastrukturen mitwachsen müssen.
In der Krise der Bauwirtschaft stellen auch Immobilienverbände und Unternehmen fest, was DIE LINKE immer wieder betont hat: Gewinnorientierte Unternehmen sind strukturell nicht in der Lage, bezahlbaren Wohnraum bereitzustellen. Deshalb schlagen wir ein Kommunales Wohnungsbauprogramm vor, mit dem zu 100% und dauerhaft bezahlbare Wohnungen gebaut werden sollen: https://dielinke.berlin/kommunales-wohnungsbauprogramm-2023/
Damit weitere Akteurinnen und Akteure, die im Prinzip Willens sind, sich an der Bereitstellung bezahlbaren Neubaus zu beteiligen, eingebunden werden können, wäre es dringend notwendig, dass die Ampel-Regierung im Bund endlich umsetzt, worauf sie sich im Koalitionsvertrag geeinigt hat: Die Einführung der Neuen Wohngemeinnützigkeit.
Neben dem Neubau muss bezahlbarer Wohnraum vor allem auch im Bestand gesichert werden. Jede Bemühung, bezahlbaren Wohnraum durch Neubau zu erweitern, muss verpuffen, so lange das unsoziale Mietrecht des Bundes es Vermieterinnen und Vermietern erlaubt, wie bislang hemmungslos Mieten zu erhöhen. Deshalb fordern wir vom Bund die Möglichkeit, den Mietendeckel wieder einzuführen und wollen die Bestände großer Immobilienunternehmen in Berlin vergesellschaften. Dadurch können die Mieten von ca. 250.000 Wohnungen in Berlin im Schnitt um 16% gesenkt werden. Durch soziale Vorgaben bei der Neuvermietung würden aufgrund der normalen Fluktuation außerdem 7.000 Wohnungen jedes Jahr an Menschen neu vermietet, die Anspruch auf eine bezahlbare Wohnung haben.
Dem Wohnraummangel wollen wir überdies durch eine bessere Verteilung des vorhandenen Wohnraums begegnen. Viele Mieterinnen und Mieter wohnen in relativ großen Wohnungen oder Häusern, die sie früher mit ihrer Familie bewohnt haben. Gleichzeitig suchen Familien größere Wohnungen. Umzüge kommen oft nicht zustande, weil Neuvermietungsmieten zu hoch sind. Deshalb fordern wir einerseits von der Bundesregierung ein Recht auf Wohnungstausch im Mietrecht, wie es in Deutschland bis in die 1960er Jahre bestand und z.B. in Österreich und Schweden noch heute besteht. Die Mietkonditionen (€/m²) sollen dabei für die Mietparteien jeweils gleich bleiben, damit ein echter Anreiz zum Umzug besteht. Für die Landeseigenen Wohnungsunternehmen können wir solche Konditionen schon heute durchsetzen. Als Linke fordern wir dies. Auch, wenn zwei Haushalte zusammenziehen und somit Wohnraum frei wird, ist das ein echter Gewinn für das Land Berlin. Für all diese Fälle braucht es ein besseres Umzugsmanagement, welches Mieterinnen und Mieter vom Beginn bis zum Ende des Prozesses berät, Umzugskosten übernimmt und auch Prämien auszahlt. Das Land Berlin profitiert, weil die Kosten deutlich niedriger sind, als der Bau einer Sozialwohnung und die Umwelt profitiert, weil jeder eingesparte Neubau Ressourcen spart und einen immensen CO-2-Ausstoß verhindert.